Könnte ein vollautomatisiertes Underwriting schon bald die Zukunft der Industrieversicherung sein? Die Meinung der Versicherer hierzu ist zwiegespalten. Das zeigte eine Umfrage unter Versicherungsmanagern auf dem jüngsten WTW Insurer Summit, der in Essen stattfand.
45 Prozent der Teilnehmenden gaben an, dass das Industriegeschäft zu individuell sei, um die Risikoeinschätzung und -übernahme in einem automatisierten Prozess vorzunehmen. Doch immerhin 55 Prozent sind der Meinung, dass die Digitalisierung zunehmen werde und ein weitgehend automatisiertes Underwriting in fünf Jahren denkbar sei.
Dazu Thomas Olaynig, Leiter Corporate Risk & Broking DACH und Polen bei WTW: „Wir wissen, dass die Branche sich intensiv mit der Transformation des Underwritings beschäftigt. Die Umfrage bestätigt dies, jedoch sehen mit 45 Prozent viele Teilnehmer ein relativ geringes Automatisierungspotenzial. Für die herausfordernde Risikolandschaft der Zukunft und angesichts der Ressourcenknappheit im Underwriting ist es aber unerlässlich, noch effizienter zu werden.“
Auf dem Insurer Summit diskutierten 161 Teilnehmende aus 40 Versicherungs- und Assekuradeur-Gesellschaften, wie eine nachhaltige und digitale Transformation der Wirtschaft mithilfe der Versicherer gelingen kann.
Automatisierte Prozesse: alles nur Wunschdenken?
„Eine datengetriebene Risikobewertung birgt großes Potenzial, das oftmals noch zu wenig ausgeschöpft wird“, sagt auch Stefanie Schriek als Leiterin der Versicherungsberatung bei WTW Deutschland. „Die Datenqualität ist häufig schlecht und der Datenaustausch, beispielsweise mit Maklern, erfolgt wenig standardisiert.“
Hier zeichnet sich aber nach Ansicht der Versicherer ein Wandel ab: Fast drei Viertel der Befragten (71 Prozent) denken, dass automatisierte Risikoaustauschplattformen in zehn Jahren der Standard am Markt sein werden. Über sie soll der Austausch von Risikodaten zwischen Makler, Kunde und Versicherer erfolgen, um knappe Ressourcen effizienter zu nutzen und die Fehlerquote zu reduzieren.
WTW fordert Mut bei ESG-Risiken
In puncto Nachhaltigkeit stand das Thema ESG im Fokus des Summits. Die Umfrage ergab: 41 Prozent der Befragten erkennen in ihrem Unternehmen eine ESG-Strategie, die direkten und deutlichen Einfluss auf das Underwriting nimmt. Diese werde durch robuste Transformationspläne unterstützt.
32 Prozent dagegen sahen noch keine ESG-Strategie im Underwriting, während 27 Prozent ihre Underwriting-Entscheidungen in einer auf Ausschlüssen basierenden Strategie träfen.
Bei der grünen Transformation kommen unweigerlich neue Risiken auf, die es zu versichern gelte, so Olaynig. Fehlende Erfahrungswerte und Schadendaten allein dürfen nicht zu pauschalen Ausschlüssen führen. Die konsequente Umsetzung von ESG in der Zeichnungspolitik sei eine Mammutaufgabe.
Unternehmen brauchen aber die Versicherer als Begleiter auf diesem Weg. In einem offenen Dialog zwischen Industrieversicherern, Maklern und Unternehmen lassen sich die Bedürfnisse der Wirtschaft ermitteln und Stück für Stück geeignete Lösungen erarbeiten, befindet Thomas Olaynig.
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