Der Fachkräftemangel gilt als größtes Problem der deutschen Wirtschaft. Eine neue Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, in welchen Berufen es bis 2026 besonders dramatisch wird – und wo sich die Lage entspannt.
Die gute Nachricht zuerst: 2026 könnte es bundesweit rund 152.000 mehr Erzieher geben als noch 2021, das ist ein größerer Zuwachs als in allen anderen Berufen. Die schlechte Nachricht: Der Bedarf wächst noch stärker, sodass der Fachkräftemangel bestehen bleibt – bis 2026 dürften bundesweit immer noch 23.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen.
Das geht aus einer neuen IW-Studie hervor, die die künftige Entwicklung von 1.300 Berufen untersucht. Für die Berechnung nehmen die IW-Wissenschaftler an, dass sich die Trends der vergangenen sieben Jahre in Zukunft fortsetzen, dass beispielsweise ähnlich viele Menschen nach Deutschland zuwandern oder die Menschen weiterhin jedes Jahr etwas später Rente gehen.
Viel mehr Softwareentwickler – aber immer noch zu wenig
2026 dürfte es zudem deutlich mehr Experten für Softwareentwicklung geben als noch 2021: Ihre Zahl steigt voraussichtlich um rund 84.500, das entspricht einem Zuwachs von fast 50 Prozent. Trotzdem steigt auch die Fachkräftelücke auf knapp 7.000 – ebenfalls ein Plus von fast 50 Prozent. Ähnlich entwickelt sich die Situation in der Kranken- und Altenpflege: Auch dort werden künftig deutlich mehr Menschen arbeiten, aber immer noch längst nicht genug, um den Bedarf zu decken.
Größter Rücklauf: ausgebildete Bankkaufleute
In vielen Berufen werden bis 2026 aber auch weniger Menschen arbeiten: Den größten Rückgang gibt es bei ausgebildeten Bankkaufleuten (-74.000). Damit einher geht aber keine große Fachkräftelücke, denn durch den Wandel im Bankensektor geht der Bedarf an klassischen Bankkaufleuten zurück.
„Viele gesellschaftliche und wirtschaftliche Herausforderungen können nur bewältigt werden, wenn es genügend Fachkräfte gibt“, sagt IW-Studienautor Alexander Burstedde. „Sonst werden zu wenig Windräder gebaut, Menschen gepflegt, Kinder betreut und die Digitalisierung lahmt weiter wie bisher.“ Nach wie vor entscheiden sich viele Menschen für Berufe, in denen es keinen Mangel gibt, während Mangelberufe zu selten gewählt werden.
Großer Handlungsdruck durch den demografischen Wandel
Die vielen Renteneintritte der Babyboomer werden viele Arbeitskräfte kosten, vor allem in Westdeutschland. Bleibt die Zuwanderung auf dem gleichen Niveau wie bisher, kann die Lücke nur zu rund 70 Prozent ausgeglichen werden. „Wir müssen vor allem älteren Menschen attraktive Angebote machen, damit sie freiwillig länger arbeiten – gerne auch in Teilzeit“, sagt Studienautor Alexander Burstedde. „Sonst bleibt die Arbeit in Zukunft immer öfter liegen.“
Zur Methodik:
Für die Studie wurde ein Modell erstellt, das die empirischen Trends der vergangenen sieben Jahren bis 2026 fortschreibt. Dafür werden tausende Zeitreihen, (beispielsweise zu Zuwanderung, Altersstruktur und Berufsverteilung) einzeln fortgeschrieben und zu einem Gesamtbild zusammengesetzt.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Rentenwelle: Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt
Die Babyboomer verlassen den Arbeitsmarkt – bis 2039 erreichen rund 13,4 Millionen Erwerbspersonen das gesetzliche Rentenalter. Das entspricht etwa 31 Prozent der heutigen Erwerbsbevölkerung, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt. Der demografisch bedingte Rückzug der geburtenstarken Jahrgänge wird nicht nur das Arbeitskräfteangebot deutlich reduzieren – auch das Rentensystem steht unter Druck.
IW-Bericht: Mehr Bürgergeld-Aufstocker durch bessere Arbeitsmarktintegration
Die Zahl der Aufstocker ist erstmals seit über einem Jahrzehnt gestiegen. Was auf den ersten Blick wie ein sozialpolitischer Rückschritt wirkt, deutet laut IW eher auf strukturelle Verschiebungen und eine verbesserte Arbeitsmarktintegration hin. Doch was bedeutet das für den Umgang mit Mindestlohn, Zuwanderung und Teilzeitmodellen?
Paradigmenwechsel in der Rentenpolitik? - „Boomer-Soli“ in der Kritik
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) schlägt vor, ein neue Umverteilungsinstrument—den sogenannten „Boomer-Soli“—einzuführen. Ziel ist es, ältere Personen mit geringen Alterseinkünften zu unterstützen, indem höhere Renteneinkommen umverteilt werden. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) bewertet diesen Vorschlag nun kritisch – und warnt vor systematischen Fehlanreizen und mangelnder Treffsicherheit.
Deutsche Beschäftigte starten optimistisch ins Jahr 2025
Trotz wirtschaftlicher Herausforderungen blicken fast zwei Drittel der deutschen Beschäftigten zuversichtlich ins kommende Berufsjahr.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Silver Tsunami bleibt aus – Immobilienpreise werden nicht sinken
Der erhoffte „Silver Tsunami“ bleibt aus: Eine neue Studie der Raiffeisenbank zeigt, warum Babyboomer ihr Wohneigentum nicht massenhaft veräußern werden – und was das für die Preisentwicklung am Immobilienmarkt bedeutet.
Die besten Krankenkassen für Familien 2025
Für viele Familien ist der Beitragssatz der gesetzlichen Krankenkasse ein zentrales Kriterium. Doch wer Kinder erwartet oder bereits Nachwuchs hat, sollte genauer hinschauen: Neben dem Preis spielen individuelle Zusatzleistungen eine immer größere Rolle – gerade in sensiblen Lebensphasen wie Schwangerschaft, Geburt und früher Kindheit.
„Wenn es den Versicherern nicht gelingt, das Profil der Unfallversicherung zu schärfen, wird sie mittelfristig Kunden verlieren“
Franke und Bornberg hat die private Unfallversicherung erneut unter die Lupe genommen – mit ambivalentem Ergebnis. Zwar steigt die Zahl der Spitzentarife leicht an. Doch das eigentliche Problem der Branche liegt tiefer: Ein „Flickenteppich“ aus Bedingungswerken und fehlenden Standards erschwert nicht nur die Analyse, sondern könnte langfristig das Vertrauen von Kundinnen und Kunden untergraben.
Lebensversicherung im Check: Wachstum im Neugeschäft, Risiken durch stille Lasten und beitragsfreie Verträge
Der Lebensversicherungsmarkt in Deutschland befindet sich im Umbruch – das zeigt der aktuelle procontra LV-Check 2025, der die Geschäftszahlen des Jahres 2024 umfassend analysiert. Während die Branche einerseits von einem stabilen Neugeschäft profitiert, deuten stille Lasten und der wachsende Anteil beitragsfreier Verträge auf strukturelle Herausforderungen hin.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.