Ein Großteil der führenden Vertreter des Immobiliensektors erwarten laut der jährlichen PwC-ULI-Studie, dass im kommenden Jahr die Immobilienwerte in Europa sinken. Die Inflation und die höheren Zinsen waren die am häufigsten genannten Herausforderungen.
Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC und das Urban Land Institute (ULI) erstellen jährlich die Studie „Emerging Trends in Real Estate Europa“. Die kürzlich publizierte 20. Ausgabe basiert auf Meinungen von etwa 900 führenden Vertretern der Immobilienbranche aus ganz Europa und zeigt, wo die größten Herausforderungen der Branche im kommenden Jahr liegen und welche Erwartungen die Experten haben.
Inflation und Zinsbewegungen für Immobilienbranche problematisch
Die Umfrageteilnehmer nannten als Herausforderung für die Immobilienbranche in Europa am häufigsten die hohe Inflation (91 Prozent), die Zinsen bei Immobilienkrediten (89 Prozent), die in Deutschland laut einem Rechner für Immobilienkredite aktuell bei etwa vier Prozent liegen und das schwache Wirtschaftswachstum in Europa (88 Prozent). Problematisch ist zudem die politische Unsicherheit auf globaler, regionaler und nationaler Ebene, die primär auf den Ukrainekrieg zurückgeht.
Ein Großteil der Vertreter des Immobiliensektors (87 Prozent) ist der Meinung, dass die Inflation in fünf Jahren kein Problem mehr darstellen wird. Das Zinsniveau und die schwache Wirtschaftsleistung werden hingegen laut den meisten Befragten (jeweils 75 Prozent) die Branche noch mittelfristig stark belasten. Außerdem sind die Verfügbarkeit von Materialien und die hohen Baukosten Herausforderungen, die die Immobilienwirtschaft noch mittel- bis langfristig beschäftigen werden.
Rückgang von Immobilienwerten und Investitionen
Laut einem Großteil der Befragten (71 Prozent) rutscht Europa in den kommenden Monaten in eine Rezession, die zu einem Rückgang bei der Verfügbarkeit von Finanzierungen, einem geringen Investitionsvolumen sowie sinkenden Immobilienwerten und Mieten führen wird. Die Erwartungen sind laut den Branchenexperten aber nicht für alle Länder gleich. Laut ihnen werden Deutschland, Großbritannien und die Niederlande der Rezession nur mit einer sehr geringen Wahrscheinlichkeit entgehen. Frankreich hat aufgrund der anderen Art der Energieproduktion, die hauptsächlich auf Atomstrom statt auf Gas- und Kohlekraftwerken basiert, deutlich höhere Chancen.
Fremd- und Eigenkapital für die Immobilienfinanzierung
Die 20. Ausgabe der Studie offenbart zudem, dass die Verfügbarkeit von Fremd- und Eigenkapital für die Immobilienfinanzierung so schlecht eingeschätzt wird wie zuletzt in den Jahren 2012 beziehungsweise 2009. Der finanzielle Spielraum beim Kauf von Immobilien sinkt dadurch deutlich. Als Grund für diese prognostizierte Entwicklung nannten die Umfrageteilnehmer, dass sie davon ausgehen, dass das Volumen der internationalen Kapitalströme nach Europa sinkt.
Großes Potenzial für Investoren
Insgesamt deuten die Antworten der Befragten laut den Autoren der Studie darauf hin, dass im kommenden Jahr die Immobilienwerte in Europa sinken werden. Trotz der deutlich spürbaren Marktanspannungen gehen die Immobilienexperten davon aus, dass Ausmaße wie die der globalen Finanzkrise nicht annähernd erreicht werden. Investoren mit einem hohen Eigenkapitalpuffer werden aufgrund der sinkenden Immobilienpreise jedoch gute Kaufgelegenheiten erhalten, mit denen sie ihr Portfolio ausbauen können.
Immobilienprojekte werden verschoben
Im Bereich der Immobilienentwicklung gehen die Befragten laut PwC und ULI davon aus, dass viele Projekte von 2023 auf 2024 verschoben oder komplett gestrichen werden. Dies könnte sich auf Bestandsobjekte und deren Eigentümer positiv auswirken. „Seit der Durchführung der Studie und der Befragungen im Sommer ist die damals schon tiefe Besorgnis der Branche noch größer geworden. Aber es gibt weiterhin viel Kapital, das darauf wartet, investiert zu werden. Zeit spielt dabei meistens keine so große Rolle, um die besten Gelegenheiten zu finden. Damit die Branche den Sturm überstehen kann, sind neben der richtigen Bestandsauswahl ein starker Fokus auf ESG-Kriterien, operative Fähigkeiten und Kundenorientierung gefragt“, erklärt Sabine Georgi, Geschäftsführerin des ULI in Deutschland.
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