Der Deutsche Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) setzt seinen Abwärtstrend fort und erreicht mit einem Wert von -5,4 einen neuen Tiefstand. Die vom Deutschen Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) halbjährlich erhobene Kennzahl misst das Stimmungsbild der Bevölkerung zur Altersvorsorge und kann Werte zwischen 100 und -100 annehmen.
Mit dem aktuellen Wert ist der Index seit Beginn der Erhebung vor zwei Jahren um neun Indexpunkte und zum vierten Mal in Folge gefallen. Besonders negativ fällt mit -10,9 die Bewertung der aktuellen Situation (Teilindex „Aktuelle Lage“) aus. Das sei nicht verwunderlich, erläutert Prof. Dr. Michael Heuser, Wissenschaftlicher Direktor des DIVA, die Zeitungen seien voll von Negativmeldungen mit düsterem Ausblick. Dieses Stimmungsbild fließe natürlich auch in die Bewertung der Altersvorsorge ein.
Und das mit konkreten Einschätzungen: Inzwischen geben 27 Prozent der Befragten an, dass sich die finanzielle Absicherung für den Ruhestand in den letzten drei Jahren verschlechtert hat. Vor einem halben Jahr waren es noch knapp 19 Prozent. Als Grund dafür sieht Heuser an vorderster Stelle die Inflation; denn die aktuellen Renten- und Zinserhöhungen können mit der Preissteigerung nicht mithalten.
Geht es um längerfristige Erwartungen an die Rente (Teilindex „Künftige Erwartungen“), rutscht auch hier der Stimmungswert von 0,6 im Frühjahr 2022 weiter ab (aktuell 0,0). Besonders ins Gewicht fallen dabei die Einschätzungen zur gesetzlichen Rente: 61 Prozent der Befragten gehen für die nächsten 20 bis 30 Jahre von einer Verschlechterung aus.
41,3 Prozent der Befragten wollen gegensteuern und in den nächsten drei Jahren mehr Mittel in die private Altersvorsorge investieren. Norman Wirth, Vorstand des Bundesverbands Finanzdienstleistung AfW, eines der Trägerverbände des DIVA, bestätigt die Umfrageergebnisse mit Einschätzungen aus der Praxis der Vermittler der Finanzbranche: Die AfW-Mitglieder berichten, dass die Bürger trotz hoher Inflation an ihrer privaten Altersvorsorge festhalten. Es sei bisher wohl lediglich eine Minderheit, die die monatlichen Sparbeiträge reduzieren muss.
Offensichtlich sparen die Menschen zunächst in anderen Bereichen. Die Nachfrage nach Altersvorsorgeberatung sei hingegen weiter hoch. Dabei spielen aktienbasierte Vorsorgeformen eine immer größere Rolle, so Wirth.
Bei Frauen fällt der Wert des DIVAX-AV mit -10,5 weit pessimistischer aus als bei Männern (-0,6). Für Heuser nicht von ungefähr, den Frauen erhalten wegen unterschiedlicher Erwerbsbiografien im Schnitt rund 30 Prozent weniger Rente als Männer. Noch größer ist die Divergenz beim Altersvergleich. In der Gruppe der 50- bis 65-Jährigen ist die Skepsis mit einem Wert von -18,8 am größten (18- bis 29-Jährige: 15,2).
Dies sei eine nachvollziehbare Sorge der Älteren, wenn sich das Vermögen inflationsbedingt noch kurz vor dem Renteneintritt verringere, so der DIVA-Direktor. Bei der Auswertung nach Bundesländern ist Thüringen mit -20,3 Schlusslicht, während in Berlin mit 6,8 die Stimmungslage zur Altersvorsorge am besten ist. Auch das ist für Heuser plausibel: Die deutsche Hauptstadt belege mit einem Beamtenanteil von knapp zwei Prozent einen Spitzenplatz.
Für die Berechnung des Index wurden 2.000 Personen in Deutschland von INSA-CONSULERE im Auftrag des DIVA befragt. Alle Ergebnisse des aktuellen Deutschen Altersvorsorge-Index (DIVAX-AV) sind auf der Website des DIVA zu finden.
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