Die Zahl der Geldwäsche-Verdachtsmeldungen ist im vergangenen Jahr in die Höhe geschnellt. Die Financial Intelligence Unit (FIU) registrierte fast 300.000 solcher Angaben. Allerdings gibt es nur zu 35 Prozent der an 40.200 die Behörden weitergeleiteten Fällen ein Ermittlungsergebnis. Zu Maßnahmen der Staatsanwaltschaft kam es lediglich in 1.352 Fällen. Das sind 0,45 Prozent aller Meldungen.
Deutschlands Schlagkraft gegen Geldwäscher nimmt nur sehr langsam Fahrt auf. Das geht aus einer aktuellen Untersuchung von PEQURIS, einer auf Geldwäscheprävention spezialisierten Unternehmensberatung, hervor. PEQURIS hat dafür die Jahresberichte der Financial Intelligence Unit (FIU) der Jahre 2020 und 2021 miteinander verglichen.
Trotz leichter Verbesserungen besteht noch immer ein deutliches Missverhältnis aus abgegebenen Verdachtsmeldungen und polizeilicher Aufklärung. Die Analyse untermauert den zuletzt im FATF-Bericht festgestellten Reformbedarf sowie die Reformbestrebungen des Bundesfinanzministeriums.
300.000 Geldwäschefälle-Verdachtsfälle
Verglichen mit 2020 hat sich die Zahl der bei der FIU eingegangenen Verdachtsfälle mehr als verdoppelt: Insgesamt wurden ihr im letzten Jahr 298.507 Meldungen vorgelegt. Da die Financial Intelligence Unit keiner Strafverfolgungsbehörde zugehörig ist, werden eingehende Verdachtsmeldungen nach einer ersten Beurteilung durch die FIU an Staatsanwaltschaften und Polizei weitergeleitet.
Die FIU hat von den knapp 300.000 Meldungen 40.200 herausgefiltert, aufbereitet und an die verantwortlichen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet. Das sind 13,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Eine erfreuliche Entwicklung. Weniger erfreulich ist allerdings, wie wenig Meldungen zu einem konkreten Erfolg führen.
Ermittlungsergebnisse nur bei einem Drittel der Fälle
Nur zu 35 Prozent der FIU Meldungen liegen überhaupt Ermittlungsergebnisse vor. Und auch diese sind eher ernüchternd. Lediglich bei 10 Prozent der seitens der FIU weitergeleiteten Meldungen wurden die Behörden weiterführend in Form von Strafbefehlen, Beschlüssen, Anklageschriften oder Urteilen tätig. In 90 Prozent der Fälle ergingen Einstellungsverfügungen durch die Staatsanwaltschaften.
So kam es in 2021, infolge der FIU-Aktivitäten, nur zu 1.352 Maßnahmen der Staatsanwaltschaft. Im Verhältnis zu den knapp 300.000 Meldungen, die bei der FIU im Jahr 2021 eingegangen sind, ist dies ein eher ernüchterndes Ergebnis. Es ist sogar zu erwarten, dass diese Zahl wegen laufender Ermittlungen und der Überlastung der Gerichte noch etwas steigen dürfte.
Auch die Financial Action Tasks Force (FATF) hatte in ihrem kürzlich veröffentlichten Länderbericht die Qualität der abgegebenen Verdachtsmeldungen in Deutschland angezweifelt. Diese Befürchtung bewahrheitet sich nun im neuen FIU Bericht. Christina Reinhardt, Geschäftsführerin von PEQURIS, kommentiert die Untersuchungsergebnisse:
Die Verdoppelung der Meldungen ist die schlüssige Folge der Gesetzesänderung hin zum All-Crime-Ansatz.
Hierdurch sei jede rechtswidrige Tat als mögliche Vortat der Geldwäsche qualifiziert worden, was zu einer deutlichen Erhöhung der Meldungen geführt habe, ohne deren Qualität zu verbessern, so Reinhardt weiter. Die damit einhergehende Belastung der FIU, der Strafverfolgungsbehörden und der Privatwirtschaft sei absehbar gewesen und wurde im Vorfeld von zahlreichen Expertinnen und Experten im Bereich der Prävention und Verfolgung von Geldwäsche kritisiert.
Der entstandene „Meldedruck“ für geldwäscherechtlich Verpflichtete führe zu einer höheren Arbeits- und Kostenbelastung aller involvierten Stellen. Für PEQURIS-Geschäftsführerin ist schon jetzt offenkundig, dass die Gesetzesänderung und die daraus resultierende Flut der Verdachtsmeldungen nicht zu einer Steigerung der Effektivität und Schlagkraft der Geldwäschebekämpfung beitragen werden. Schlimmstenfalls werde diese sogar nachlassen.
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