Im Zuge des Ukraine-Krieges ist die sogenannte Kriegsklausel bei Cyberpolicen besonders in den Blickpunkt gerückt. Aus diesem Grund hat Assekurata in den wesentlichen am deutschen Versicherungsmarkt vorhandenen Cybertarifen für Gewerbekunden untersucht, wie konkret und transparent die jeweilige Klausel aus Kundensicht ausgestaltet ist.
Schon seit jeher werde in Versicherungskreisen kontrovers diskutiert, inwieweit das Kriegsrisiko versicherbar ist, erläutert Arndt von Eicken, Managing-Analyst der Assekurata Assekuranz Rating-Agentur GmbH. Bereits im Jahr 1990 sei durch Intervention des Bundesministeriums der Verteidigung erreicht worden, dass das sogenannte passive Kriegsrisiko bei Lebensversicherungen vom Versicherungsschutz erfasst wird.
Die entsprechende Formulierungsempfehlung wurde in den Allgemeinen Lebensversicherungs-Bedingungen (AVB) des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) formuliert. Allerdings halten sich nicht alle Anbieter am deutschen Versicherungsmarkt an die Empfehlung des GDV, so dass es in der Praxis zu Leistungsunterschieden kommen kann.
Gleiches gilt für die Cyberversicherung. Gerade hier stellt sich in Anbetracht des Russland-Ukraine-Krieges aktuell die Frage, ob Versicherer bei Cyberangriffen mit staatlicher Beteiligung die Versicherungsleistungen unter Berufung auf den sogenannten Kriegsausschluss ablehnen können. Die Ausschlussklauseln in den AVB für Cyberversicherungen sollten dabei präzise formuliert sein und Klarheit hinsichtlich des Versicherungsschutzes schaffen. Grundsätzlich ist ein derartiger Kriegsausschluss marktüblich und findet sich auch in den AVB Cyber-Musterbedingungen des GDV wieder.
Neue Formulierungen von Kriegsklauseln
Ende 2021 hat der Versicherungsmarktplatz Lloyd’s of London neue Klauseln veröffentlicht, die einen Leistungsausschluss bei staatlich beauftragten Cyberangriffen regeln. Diese neuen Klauseln erweitern den bei Krieg geltenden Leistungsausschluss zugunsten des Versicherers auch auf sogenannte ‚Cyber-Operationen‘, erläutert Assekurata-Geschäftsführer Dr. Reiner Will. Es sei anzunehmen, dass sich zukünftig auch deutsche Versicherer hieran orientieren und ihre Bedingungen entsprechend anpassen werden, um das Risiko von Schäden zu reduzieren.
Cyber-Kriegsklauseln im Vergleich
Assekurata hat dies zum Anlass genommen, den Status quo in den AVB zu untersuchen. Insgesamt 28 Kriegsklauseln der Anbieter von Cyberversicherungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) umfasst die Analyse. Als Referenz und Vergleichsmaßstab haben hierbei die GDV-Empfehlungen gedient, da diese zur Formulierung des Kriegsausschlusses juristisch sattelfest erscheinen, erklärt Reiner Will.
Aufgrund des jungen Produktcharakters existieren allerdings noch keine einschlägigen richterlichen Entscheidungen bezüglich der Auslegung der Ausschlussklauseln, so Will weiter. Er vermutet, dass daher in jedem kritischen Fall gerichtlich einzeln entschieden werden müsse, ob ein Schaden versichert sei oder nicht. Umso wichtiger sei es daher, dass die Unternehmen die Ausschlüsse klar und verständlich formulieren und den Raum für Interpretationen so gering wie möglich halten.
Die Erfüllung der GDV-Empfehlung entspricht in der nachfolgenden Darstellung drei Viertel Harvey-Balls, da es sich hierbei um eine Art „Mindeststandard“ auf angemessenem Niveau handelt. Einige Anbieter haben diese Empfehlung bereits verbessert und noch mehr Transparenz und Klarheit geschaffen. Dies wird beim Erfüllungsgrad in Form eines voll gefüllten Harvey-Balls illustriert.
Nur 46 Prozent der Tarife erfüllen Mindeststandard
Insgesamt erfüllt nach Meinung von Assekurata knapp die Hälfte der Tarife (46 Prozent) den Mindeststandard, das heißt die GDV-Empfehlung, umfassend. 29 Prozent befinden sich geringfügig darunter, 18 Prozent liegen deutlich oder sehr deutlich darunter. Demgegenüber übertreffen lediglich 7 Prozent beziehungsweise zwei Bedingungswerke die GDV-Empfehlungen.
Der Großteil der Marktteilnehmer orientiere sich zwar an den GDV-Empfehlungen, dennoch gebe es im Detail zahlreiche Abweichungen, stellt Reiner Will fest. Er zeigt auf:
Die Untersuchung bestätigt damit, dass Cyberversicherungen wenig standardisiert sind. Der angebotene Schutz kann sich je nach Anbieter und Tarif erheblich unterscheiden.
Im Zuge der Untersuchung konnten die Kölner Analysten bisher keinen Anbieter identifizieren, der in seinen AVB auf die Empfehlung von Lloyd’s of London zurückgreift. Noch steht die Verwendung der Dreiteilung der Kriegsklausel entsprechend der GDV-Empfehlung nach „Krieg“, „politische Gefahren“ und „Terrorakte“ im deutschen Markt im Vordergrund.
Inwieweit sich der Markt von dieser Empfehlung abwenden werde, hänge auch von zukünftigen richterlichen Entscheidungen bei Streitigkeiten ab. Ob dann die Empfehlung von Lloyd’s of London mehr Rechtssicherheit bietet, sei abzuwarten, warnt Arndt von Eicken. Er geht davon aus, dass die neuen Vorschläge die Leistungsgrundlage bei kriegerischen Cyberangriffen zumindest deutlich einschränken würden: "Die GDV-Klauseln haben in der Vergangenheit bisher keinen Grund zum Zweifeln hinsichtlich ihrer Eindeutigkeit und des Kundennutzens geliefert."
Die rund 20-seitige Untersuchung können Interessenten hier kostenlos herunterladen.
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