D&O-Policen: Kann Neuvermittlung ein besonderes Haftungsrisiko sein?

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Die Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte empfiehlt Versicherungsmaklerinnen und Versicherungsmaklern die Masterarbeit von Rechtsanwältin Karin Baumeier LL.M. Denn in Sachen Weiterbildung gilt das Gleiche wie für den unternehmerischen Erfolg: Stillstand bedeutet Rückschritt! Die elaborierte Arbeit von Karin Baumeier LL.M. befasst sich mit Haftungsrisiken des Versicherungsmaklers bei der Vermittlung von D&O-Policen.

Ihre Arbeit mit dem Titel „Die Maklerhaftung bei Anbahnung des Neuabschlusses der D&O Versicherung“ untersucht den kompletten Vermittlungsprozess in Sachen D&O und ordnet diesen in das Gesamtgefüge der für den Makler virulenten Haftungsnormen ein. Hierbei werden Haftungspotenziale aufgedeckt und einer sachgerechten Risikobewertung zugeführt.

Baumeier beschränkt sich jedoch nicht auf theoretische Beobachtungen, sondern lässt ihre jahrzehntelange Berufserfahrung im Bereich Financial Lines in die Begutachtung einfließen, sodass immer wieder praxisrelevante Konstellationen aufgearbeitet und in die rechtliche Würdigung eingestellt werden. Auf dieser Grundlage vervollständigt die Verfasserin ihre Arbeit, indem sie eine haftungspräventive Checkliste für die D&O-Vermittlung anbietet – ein echter Benefit für Makler!

Eine wesentliche Haftungserweiterung soll sich im Bereich der D&O dadurch ergeben, dass der Kreis potenzieller Anspruchsteller durch alle versicherten Personen erweitert ist. Bei der D&O wird die Police regelmäßig von einem Unternehmen für seine Führungskräfte abgeschlossen. Dieses der D&O immanente Dreiecksverhältnis soll die Anwendung der Grundsätze über den sog. Vertrag zugunsten Dritter rechtfertigen, die eine Einbeziehung der versicherten Personen in den Haftungsrahmen herstellen.

Damit könnte sich im Haftungsfall nicht nur das den Makler beauftragende Unternehmen gegen ihn wenden, sondern auch jede einzelne Führungskraft, die durch die Police abgesichert ist. Die Frage nach der Anwendbarkeit dieser Auslegung wird in der Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt, sodass auch eine maklerfreundliche Auslegung – für die wir plädieren – mit gegenteiligem Ergebnis möglich ist. Solange diese Frage aber nicht höchstrichterlich und abschließend geklärt ist, muss sich der Makler im Sinne der Risikoprävention darauf einstellen, dass in der D&O ein Beratungsfehler auch von allen versicherten Personen gerügt werden kann.

Kaum Konflikte mit dem RDG – Vorsicht bei der Verwendung von Maklerwordings

Es liegt auf der Hand, dass der Makler bei der Beratung von D&O-Policen in vergleichsweise weitem Umfang auf rechtliche Aspekte eingehen muss. Diese rechtliche Beratung ist allerdings regelmäßig unbedenklich, da es sich insoweit um berufstypische Nebenleistungen im Sinne von § 5 Abs. 1 RDG für den Kunden gegenüber dem Versicherer handelt.

Insbesondere im Bereich von D&O existieren zudem viele Spezialkonzepte; nicht selten werden im Kundenauftrag von Maklerseite auch besondere Klauseln in den Vertrag hineinverhandelt. Hier stellt die Ausarbeitung einen wichtigen Aspekt heraus. Werden Klauseln vom Makler und damit mittelbar von Kundenseite eingebracht, so werden diese nicht Teil der rechtlich überprüfbaren AVB, da diese hierfür gerade vom Versicherer eingebracht werden müssen.

Üblicherweise werden solche Maklerwordings gerade im Kundeninteresse vereinbart und sind daher auch für diesen günstig. Es ist aber gleichzeitig von entscheidender Bedeutung, dass der Makler den Kunden darauf hinweist, dass sich hieraus formal betrachtet ein Nachteil im Rahmen einer AGB Kontrolle der AVB ergeben kann. Schließlich lässt sich die einzelne Klausel bei Vorliegen eines Maklerwordings nicht mehr vor Gericht dahingehend überprüfen, ob eine „unangemessene Benachteiligung“ und damit eine Unwirksamkeit vorliegt. Unklarheiten gehen also hier nicht per se zu Lasten des Versicherers als Verwender.

Schutz durch Haftungsbegrenzungsklauseln (un)möglich

Die vorliegende Arbeit kommt ferner zum Ergebnis, dass die Pflichten des Maklers bei der Beratung im Bereich D&O nicht weiter als in anderen Vermittlungsbereichen sind. Unter praktischen Gesichtspunkten ergibt sich aber dennoch ein vergleichsweise hohes Risiko, da nicht nur eine Vielzahl von möglichen Anspruchsstellern gegeben ist, sondern auch sehr hohe Versicherungssummen vereinbart werden. Daher empfiehlt es sich für Makler, einer möglichen Haftung so weit wie möglich zu begegnen. Baumeier hält hierbei Haftungsbegrenzungen der Höhe nach für möglich, wenn diese über die gesetzliche Pflichtversicherungssumme hinausgehen.

Natürlich ist es unmöglich eine solch umfangreiche Arbeit auf wenige Sätze zu komprimieren. Daher möchten wir Sie ermuntern, einen Blick in diese gelungene Ausarbeitung zu werfen, die für den Bereich der D&O Vermittlung ihresgleichen sucht. In jedem Fall beglückwünschen wir unsere Berufskollegin Baumeier zur Vorlage dieser Arbeit, mit der Sie den wissenschaftlichen Grad eines Master of Laws (LL.M.) erlangt hat.