Die R+V Allgemeine Versicherung AG verweigert einem Versicherungsmakler wegen einer wissentlichen Pflichtverletzung die Deckung in einem Haftungsfall. Der Grund sei eine fehlerhafte Beratung.
Eine Fallanalyse von Jens Reichow, Rechtsanwalt der Kanzlei Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Ein Versicherungsmakler wurde vom LG Bamberg (Az.: 43 O 276/18) zum Schadensersatz wegen einer Pflichtverletzung im Rahmen einer Beratung zu einer Grundfähigkeitsversicherung verurteilt. Dem Versicherungsmakler wurde dabei vorgeworfen, er habe bei einem Wechsel von einer Berufsunfähigkeitsversicherung zu einer Grundfähigkeitsversicherung nicht hinreichend über die Unterschiede zwischen beiden Versicherungstypen beraten.
Daraufhin begehrt der Versicherte von der R+V Allgemeine Versicherung AG Freistellung von der ausgeurteilten Schadensersatzsumme. Die R+V Allgemeine Versicherung AG lehnte die Regulierung des Schadens jedoch ab.
Zur Begründung verwies die R+V Allgemeine Versicherung AG auf die Ausführungen des Gerichts, wonach durch die Kündigung der alten Berufsunfähigkeitsversicherung offensichtlich massive Deckungslücken entstanden seien. Deswegen hätte der Versicherungsmakler dringend von der Kündigung abraten müssen. Außerdem habe das Verhalten des Versicherungsmaklers nach Ansicht des Gerichts den Eindruck erweckt, dass er zugunsten seines eigenen Provisionsinteressen bestrebt war, möglichst viele bestehende Versicherungsverträge der Versicherungsnehmerin zu beenden und neue abzuschließen.
Dieses vorgeworfene Verhalten sah die R+V Allgemeine Versicherung AG als Kardinalspflichtverstoß an. Ein solcher Verstoß rechtfertigte nach ihrer Ansicht die Annahme einer wissentlichen Pflichtverletzung, welcher nicht vom Versicherungsschutz gedeckt war.
Hinweis für die Praxis
Wird der Versicherungsschutz durch den eigenen Haftpflichtversicherer im Haftungsfall verweigert, so können Versicherungsmakler schnell in Bedrängnis geraten. Gerade bei erheblichen Schadensfällen besteht die Gefahr, dass das eigene Vermögen des Versicherungsmaklers – inklusive seines Privatvermögens – nicht ausreicht, um den ausgeurteilten Betrag zu begleichen.
Versicherungsmakler sollten daher nicht nur dem Versicherungsschutz ihrer Kunden, sondern auch ihrem eigenen Versicherungsschutz die gebotene Aufmerksamkeit widmen. Außerdem sollten sie auch erwägen, ihr Privatvermögen dadurch zu schützen, dass sie das eigene Maklerunternehmen in einer Rechtsform bestreiben, welche eine Haftungsbegrenzung auf das Gesellschaftsvermögen vorsieht (zum Beispiel GmbH, GmbH & Co. KG).
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