Fehlanzeige, wenn es um Finanzwissen geht

© alphaspirit – stock.adobe.com

Egal ob bei Krediten, Versicherungen oder bei der Geldanlage – wer Finanzprodukte verstehen will, benötigt dafür praktisches Finanzwissen. Das ist jedoch bei einem großen Teil der Bevölkerung nur mangelhaft ausgeprägt, wie eine aktuelle repräsentative Studie der Finanztip Stiftung zeigt.

Bei der groß angelegten Untersuchung wurden mehr als 3.000 Menschen im Alter von 16 bis 69 Jahren zu konkreten alltäglichen Finanzentscheidungen befragt. Umgerechnet in Schulnoten, hätte dabei rund jeder Zweite mit einer Vier minus oder schlechter abgeschnitten.

Fragen zu alltäglichen Finanzprodukten

Insgesamt bekamen die Studienteilnehmer zwölf Fragen zu alltäglichen Finanzthemen wie etwa Versicherungen, Kredite oder Aktien gestellt. Man habe genau solches Finanzwissen erfragt, das nötig sei, um ganz alltägliche Finanzprodukte richtig zu beurteilen, sagt Hermann-Josef Tenhagen, Chefredakteur von Finanztip.

Man wollte etwa wissen, wann bei einem Girokonto Dispozinsen anfallen. Das Ergebnis: Jeder Zweite weiß nicht, dass Dispozinsen sofort anfallen. Rund 25 Prozent sind stattdessen der Meinung, dass der Dispo kostenlos ist, wenn das Konto am Monatsende wieder ausgeglichen wird.

Wer alle Fragen richtig beantwortet hat, konnte maximal 12,5 Punkte erreichen. Mehr als die Hälfte schaffte jedoch maximal 6 Punkte – in der Schule wäre das eine Vier minus oder schlechter.

Erfahrungswissen macht den Unterschied

Die Studie zeigt, dass bestimmte Bevölkerungsgruppen schlechter abschneiden als andere. So erreichen nur rund 38 Prozent der unter 30-Jährigen 6,5 Punkte oder mehr. Zum Vergleich: Bei den über 30-Jährigen beträgt der Anteil rund 52 Prozent.

Beim Einkommen ist es ähnlich: Von den Haushalten, die im Monat nur bis zu 1.500 Euro zur Verfügung haben, erreichen lediglich rund 30 Prozent mindestens 6,5 Punkte, bei Haushalten mit mehr als 3.800 Euro sind es rund 69 Prozent.

Tenhagen erklärt:

Erfahrungswissen macht einen echten Unterschied. Wer einmal einen Kredit aufgenommen hat, kennt sich eher mit Zins und Tilgung aus, als diejenigen, die sich noch nie Geld von der Bank geliehen haben.

Jüngere stehen meist am Anfang ihres Berufslebens und beginnen erst, größere finanzielle Entscheidungen zu treffen. Und wer wenig Geld zur Verfügung hat, der hat sich oft noch nicht mit Sparprodukten für die Altersvorsorge beschäftigt.

Unter 30-Jährige setzen vor allem auf Aktien

Auffällig ist, dass die unter 30-Jährigen zwar grundsätzlich weniger über Finanzen wissen als die älteren Jahrgänge, sie aber beim Thema Aktien punkten. So wissen fast 54 Prozent der Jüngeren, dass ein weltweiter Aktienfonds grundsätzlich ein geringeres Risiko darstellt als die Investition in eine Einzelaktie oder in einen Fonds mit Unternehmen aus nur einem Land.

Bei den über 30-Jährigen wissen das nur rund 46 Prozent. Die unter 30-Jährigen seien mit stetig sinkenden Zinsen und einem langanhaltenden Boom an den Aktienmärkten groß geworden, erklärt Tenhagen. Hinzu kommen neue Apps wie Trade Republic, die den Zugang zu den Börsen nicht nur günstiger, sondern auch einfacher machen.

Allerdings sind die Jüngeren zu unbedarft im Umgang mit Aktien. So würden rund 38 Prozent auch dann in Aktien investieren, wenn sie wissen, dass sie ihr Geld nach zwei Jahren wieder benötigen. Das könne gutgehen, berge aber ein Verlustrisiko, wenn die Kurse genau dann in den Keller gehen.

Frauen wissen weniger über Finanzen als Männer

Die Studie zeigt auch, dass Frauen im Vergleich zu Männern weniger über Finanzen wissen. So erreicht fast jede vierte Frau nur maximal drei Punkte. Bei den Männern sind das nur rund 20 Prozent. Auf der anderen Seite kommen mehr als die Hälfte der Männer auf mehr als 6 Punkte. Bei den Frauen schaffen das nur knapp 43 Prozent.

Tenhagen sagt:

Auch hier spielt geringeres Erfahrungswissen eine Rolle, denn noch immer verdienen Frauen weniger Geld als Männer.

Hinzu komme, dass sich im traditionellen Rollenbild der Mann auch um die Finanzen kümmere. Dieses Rollenbild verliere zwar immer mehr an Bedeutung, doch auch jüngere Studien zeigten, dass Finanzangelegenheiten in vielen Haushalten noch immer Männersache sei.