Wie ticken Männer und Frauen, wenn es um aktienbasierte Anlagen geht? Haben Frauen mehr Aktien oder zocken Männer öfter? Diese und weitere Aspekte untersuchte Union Investment in einer großen Befragung. Das Ergebnis: Wenn es ums Aktiensparen geht, zeigen sich zwischen den Geschlechtern deutliche Unterschiede bei Motivation, Einstellung und Sparverhalten.
Auch wenn Frauen dem Vorurteil nach als emotionaler gelten, spielen Gefühle beim Thema Sparen und Geldanlage aber gerade für Männer eine große Rolle. Sie werden häufig mit positiven Emotionen verbunden und sind gegenüber Aktien und Fonds deutlich aufgeschlossener. Frauen zeigen hingegen wesentlich mehr Vorbehalte und sind besonders bei risikoträchtigen Anlagen vorsichtiger. Das ist ein Ergebnis einer Studie, die das Marktforschungsinstitut Kantar für Union Investment bei ehemaligen und aktuellen Besitzern von Aktien, Aktien- und Mischfonds durchgeführt hat.
Vergleich: Männer besitzen doppelt so viele Aktien wie Frauen
Die Resultate belegen, dass Männer und Frauen nicht nur einen unterschiedlichen Zugang zu Aktien haben. Unter denjenigen, die den Schritt in Richtung Dividendenpapiere bereits gegangen sind, weichen Einstellung, Motivation und Verhalten deutlich voneinander ab. Das zeigt sich unter anderem an den bevorzugten Formen der Aktienanlage. Frauen verfügen im Schnitt über deutlich weniger risikoorientierte Assets als Männer und haben deutlich mehr defensivere Vermögensanteile. Während 46 Prozent der männlichen Befragten angaben, in Aktien zu investieren, waren es bei den Frauen nur 22 Prozent. Aktienfonds hatte knapp die Hälfte der Männer (48 Prozent), bei den weiblichen Befragten war es nur etwas mehr als jede Dritte (35 Prozent). Defensivere Geldanlagen wie Sparkonten (Frauen: 66 Prozent, Männer 53 Prozent), Bausparverträge (Frauen: 42 Prozent, Männer 35 Prozent) oder Mischfonds (Frauen: 28 Prozent, Männer 22 Prozent) waren bei den Frauen hingegen öfter vorhanden.
Interessant ist aber nicht nur die Frage, welche Anlageformen jemand besitzt, sondern auch, wieviel des jeweiligen Finanzvermögens darin investiert ist. Auch hier gibt es bemerkenswerte Unterschiede. Der Anteil von Aktien und Fonds am Gesamtvermögen bei Männern übersteigt den von Frauen deutlich. 54 Prozent der männlichen Befragten haben mehr als ein Viertel ihres Vermögens in Aktien oder Fonds angelegt. Bei den Frauen sind dies nur 34 Prozent. Und jeder vierte Mann (24 Prozent) hat sogar mehr als die Hälfte seines Vermögens in aktienbasierte Anlagen investiert. Bei Frauen ist es nicht mal jede Zehnte (9 Prozent).
Männer wollen Spaß, Frauen sind eher besorgt
Warum investieren Frauen seltener in risiko- aber auch chancenreichere Papiere? Dies hat einerseits mit der Einschätzung des eigenen Wissens, aber auch viel mit Emotionen zu tun. So verbinden Männer bei dem Gedanken an Aktien und Fonds in erster Linie Vorfreude und Optimismus (63 Prozent) sowie Spaß und Spannung (61 Prozent). Frauen bringen Wertpapierbesitz eher mit Unsicherheit und Unwissenheit (47 Prozent) sowie Pessimismus und Sorge (37 Prozent) in Verbindung. "Die emotionale Zurückhaltung der Frauen könnte eine Erklärung sein, warum sie sich weniger stark bei Aktien positionieren als Männer", erklärt Giovanni Gay, Geschäftsführer bei Union Investment die Unterschiede. Denn wer etwas mit positiveren Emotionen verbände, dem falle es in der Regel auch leichter, sich entsprechend zu verhalten.
Gravierend sind die Unterschiede bei der Frage nach der Einschätzung des eigenen Kenntnisstands über Wertpapiere. Männer haben deutlich größeres Vertrauen in ihr Anlagewissen bei Aktien und Fonds als Frauen. Dabei fällt auf, dass der Unterschied in der Wahrnehmung des eigenen Wissens weniger stark auseinanderfällt als das Vertrauen darauf. Während 56 Prozent der weiblichen Befragten angaben, nur ein geringes Fachwissen zu haben, waren es bei den Männern rund 37 Prozent. Auf ihren Kenntnisstand verlässt sich dann allerdings lediglich jede fünfte Frau (21 Prozent), bei den Männern sagen dies 42 Prozent.
Doch ist das wirklich so? Möglicherweise gehen Männer selbstbewusster an die Sache heran und fühlen sich mit weniger Wissen kompetenter. "Aus unserer Erfahrung wissen Frauen tendenziell nicht weniger über Geldanlagen als Männer. Sie sind allerdings unsicherer beim Umgang mit dem eigenen Wissen", ergänzt Gay. Diese Hypothese wird bestärkt durch einen Blick auf die Frage, ob das Konzept "Ausprobieren und lernen" als sinnvoll erachtet wird. Immerhin 57 Prozent der Männer sagen, dass eine Anlage in Aktien oder Fonds hilft, Verständnis für die Entwicklung von Aktienkursen gezielt zu nutzen. Bei den weiblichen Befragten sieht nur eine Minderheit von 33 Prozent dies genauso.
Social Media und Influencer spielen als Informationsquelle kaum eine Rolle
So unterschiedlich wie die Einschätzung des eigenen Wissens ist die Nutzung an Informationsquellen über Aktien zwischen den Geschlechtern. Männer wie Frauen setzen zwar an aller erster Stelle auf einen Bank- oder Finanzberater. Aber Frauen (63 Prozent) bevorzugen diese Quelle noch einmal deutlich stärker als Männer (46 Prozent). Auf Platz zwei der Quellen folgen bei allen Befragten die Internetseiten von Finanzanbietern (Männer: 41 Prozent, Frauen 29 Prozent). Auf Platz drei gibt es allerdings eine Abweichung. Bei den männlichen Studienteilnehmern nehmen Zeitungen oder Zeitschriften (39 Prozent) diese Position ein. Bei den Frauen folgt hier der persönliche Austausch mit Familienmitgliedern (26 Prozent). Der Einfluss von Sozialen Medien und Influencern ist dagegen noch gering. Nur etwas mehr als jeder zehnte Mann (13 Prozent) und jede zwanzigste Frau gibt an, auf diese Quellen zurückzugreifen.
Dass Frauen sich insgesamt deutlich weniger informieren, kann damit zusammenhängen, dass ihnen die Auseinandersetzung mit dem Thema weniger Freude bereitet. Während es immerhin jedem zweiten Mann (54 Prozent) Spaß macht, sich mit den Kapitalmärkten zu befassen, geht das nur jeden dritten Frau (31 Prozent) so.
Wie die Studie zeigt, gibt es mit Blick auf Aktien deutliche Unterschiede zwischen den Geschlechter. Dies könnte ein Grund sein, weshalb Frauen bei der Anlage in Aktien deutlich zurückhaltender sind. Wenn selbst Aktienbesitzerinnen zurückhaltender agieren, hat dies Auswirkungen auf die Gespräche des Bankberaters. "Während Männer in ihrem Verhalten häufig eher nur bestärkt werden wollen, geht es bei der Beratung von Frauen oft erstmal darum, Zweifel zu zerstreuen", sagt Gay. Daher sei die Rolle des Bankberaters entscheidend, um Frauen von den Vorteilen von Aktien zu überzeugen. Denn: "Bei so hohen Inflationsraten ist eine langfristige Anlage in Aktien die einzige Möglichkeit, sein Vermögen zu erhalten und zu mehren", betont Gay.
Zur Studie: Das Marktforschungsinstitut Kantar befragte im Juli 2022 im Auftrag von Union Investment 2.000 Menschen im Alter ab 18 Jahren, die aktuell Aktien und/oder Aktien- beziehungsweise Mischfonds besitzen oder schon einmal besessen haben. Die Befragten nahmen an einer Online-Umfrage teil und konnten sich Zeit und Umgebung der Bearbeitung selbst aussuchen. Die Ergebnisse sind repräsentativ für die Besitzer aktienbasierter Anlagen, nicht für die gesamte Bevölkerung beziehungsweise entsprechende Bevölkerungsgruppen.
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