Immobilien gelten als eine wertstabile und sichere Kapitalanlage – selbst in Krisenzeiten wie der derzeitigen Pandemie. Zum einen, weil das Rechtsgeschäft im Grundbuch eingetragen wird und zum anderen, weil Deutschland nur geringen Marktschwankungen im Bereich der Immobilien und Zinsen unterliegt.
Der Mietwohnungsmarkt ist im Vergleich zu anderen Ländern sehr gut entwickelt und somit natürlich auch für Geldwäscher sehr attraktiv. Was es bei der Geldwäscheprävention bei tagtäglichen Immobiliengeschäften zu beachten gibt, erklären die Experten der Compliance-Abteilung von von Poll Immobilien.
Herausfordernd: Geldwäscheprävention im Alltag
Geldwäscheprävention ist eine herausfordernde, tagtägliche Praxis, die mit einem hohen Maß an Verantwortung verbunden ist. In Bezug auf das Geldwäschegesetz ist für Immobilienmakler immer das vermittelte Rechtsgeschäft gemeint – das ist der Fall, wenn beide Kaufvertragsparteien hinreichend bestimmt sind und die Sorgfaltspflichten hierdurch ausgelöst werden.
Also in der Regel, wenn der Kunde ein ernsthaftes Kaufinteresse äußert. Zu diesem Zeitpunkt muss der sogenannte KYC-Prozess (Know Your Customer) sowie die Due Diligence, also die Risikoüberprüfung des Kunden, durchgeführt werden. Daran angeknüpft ist die Entscheidung, ob normale oder verstärkte Sorgfaltspflichten verwendet werden.
Tommas Kaplan, Head of HR und Compliance und Geldwäschebeauftragter bei von Poll Immobilien, erklärt:
„Durch die Präventionsmaßnahmen sollen Verdachtsfälle auf Geldwäsche möglichst früh erkannt werden. Bei komplexeren Sachverhalten ist es notwendig, sehr kriminalistisch vorzugehen, um zu bewerten, ob eine Verdachtsmeldung abzugeben ist oder nicht. Die Abgabe einer Verdachtsmeldung bedeutet immer, dass das zu vermittelnde Rechtsgeschäft erst einmal nicht weiter fortgeführt beziehungsweise gestoppt wird. Es gilt das sogenannte Tipping Off. Das bedeutet, wenn nach 72 Stunden keine Rückmeldung der Staatsanwaltschaft oder der Ermittlungsbehörden erfolgt ist, kann das Geschäft fortgeführt werden, sofern kein konkreter Geldwäscheverdacht vorliegt.“
Beliebt: Branchen der Geldwäscher
Der Immobiliensektor ist grundsätzlich sehr attraktiv für Kapitalanleger. Diese Ausgangssituation zieht – wie auch andere Branchen – Geldwäscher an. Was diese Tatsache im Bereich der Immobilien noch begünstigt, sind die zahlreichen rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten für in- und ausländische, juristische Personen zur Verschleierung der Herkunft der Gelder und des wirtschaftlich Berechtigten.
Ein Problem in Deutschland ist, dass juristische Personen sowie die wirtschaftlich Berechtigten durch eine clevere Verschachtelung, beispielsweise durch Golden Visa Programme in osteuropäischen Ländern, verschleiert werden können.
Ein Beispiel: Ein russischer Staatsbürger, der über ein Golden Visa Programm eine tschechische Staatsbürgerschaft erworben hatte, wollte die Gelder für sein Immobiliengeschäft über Tschechien, von Zypern in die Schweiz und von der Schweiz aus in Deutschland investieren. In diesem spezifischen Fall waren sechs Firmen zwischengeschaltet. Die Problematik liegt darin, den wirtschaftlich Berechtigen zu ermitteln.
Tommas Kaplan erläutert weiter:
„Uns gelang es, diesen zu ermitteln. Das Compliance-Team bei von Poll Immobilien ist durch meine Erfahrung als ehemaliger Kriminalkommissar sowie die meiner beiden Kollegen – zwei weitere ehemalige Kommissare – bestens geschult. Allerdings verfügt nicht jeder klassische Immobilienmakler über die gleichen Ressourcen. Vielmehr bestehen die meisten Maklerbüros aus wenigen Mitarbeitern. Das momentane Geldwäschegesetz ist auf den Finanzsektor ausgelegt, so dass der Meldeprozess im Nicht-Finanzsektor dadurch viel komplexer ist. Ein einheitlicher und verpflichtender Aus- und Weiterbildungsstandard für Immobilienmakler ist dringend notwendig, um die Geldwäscheprävention weiter zu fördern.“
Problematisch: Geldtransaktionen
„Bei der Gestaltungsmöglichkeit über juristische Personen handelt es sich um kein Problem, das von der Immobilienbranche verursacht wird, sondern um ein allgemeines Problem.“
Zudem gibt es kein zentrales und öffentliches Grundbuch, in dem die wirtschaftlich Berechtigten eingetragen sind. Wer als Inhaber einer juristischen Person mit Sitz in Zypern in Deutschland eine Immobilie erwirbt, wird im Grundbuch nur als juristische Person eingetragen. Geldwäscher begrüßen diesen Umstand, da es die Identifikation des wirtschaftlich Berechtigten erschwert.
Des Weiteren gibt es derzeit in Deutschland sowie in weiteren acht EU-Ländern keine Bargeldobergrenze. Das bedeutet, eine Immobilie kann vollständig und legitim mit Bargeld bezahlt werden. Während es sich hierbei zwar um ein Indiz handelt, muss das aber nicht heißen, dass die Person tatsächlich Geldwäsche betreibt.
"Immobilienbranche ist kein Hochrisikosektor"
Ein weiteres Problem in Bezug auf den Immobiliensektor ist, dass legale und inkriminierte Gelder leicht vermischt werden können – insbesondere bei Neubau und Sanierungen. Dabei entsteht die sogenannte Totalkontamination. Dafür leiht sich ein Kunde beispielsweise 50.000 Euro von der Bank für eine Sanierung und besitzt zusätzlich 50.000 Euro Schwarzgeld. Er investiert die 50.000 Euro von der Bank in die Sanierung. Die tatsächlichen Kosten übersteigen allerdings diese 50.000 Euro. Mit dem zusätzlichen inkriminierten Geld kann letztendlich die Immobilie saniert werden und erlangt so einen wesentlich höheren Wert. Durch den anschließenden Verkauf der Immobilie wird seriös „sauberes“ Geld generiert.
Grundsätzlich ist die Immobilienbranche, den Einschätzungen nach kein Hochrisikosektor. Problematisch wird es erst durch die gesetzliche Lage in Deutschland. Die Gefahren lauern ebenso bei Autohändlern, Güterhändlern, Investments in Gesellschaften – praktisch jede Branche bietet die Möglichkeit zur Geldwäsche. Sobald bei von Poll Immobilien der Verdacht besteht, dass etwas nicht vorschriftsmäßig verläuft – also vermutlich inkriminierte Gelder im Spiel sind – wird grundsätzlich Abstand von einer weiteren Zusammenarbeit genommen. Geldwäscher haben immer einen Wettbewerbsvorteil, den die Compliance-Abteilung durch ihre Arbeit minimieren will. Jeder, der sein Geld legal verdient und versteuert, soll keinen Nachteil auf dem Immobilienmarkt erfahren.
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