Neue Anlegergeneration revolutioniert den Kapitalmarkt

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Nun ist anscheinend auch VW ins Visier der Generation GameStop geraten. Wie kommt es, dass einzelne Anleger sich immer öfter über Online-Plattformen zusammenschließen, um konzertiert gegen Unternehmen vorzugehen?

Tobias Stöhr, Börsen-Experte bei Spectrum Markets, geht der Sache auf den Grund: „Millennials sind bereits eine digital gebildete Generation, obwohl dies, zumindest bisher, kein ausschlaggebender Faktor bei der Definition ihrer Anlagepräferenzen gewesen ist. Was sich im letzten Jahr geändert hat, ist der allgemeine Umgang mit digitalen Finanzen. In der Tat hat es eine kollektive Bewegung in Richtung Digitalisierung gegeben, wie aus den Daten zur Eröffnung neuer Girokonten bei Online-Vermittlern hervorgeht.“

Im Jahr 2020 gab es einen Boom bei der Anzahl neuer Girokontoinhaber, ein Wachstum, das seit den frühen 2000er Jahren nicht mehr zu beobachten war, auch aufgrund der Rückkehr der Volatilität.

Und obwohl dies wahrscheinlich eine Reaktion auf eine komplexe äußere Rahmenbedingung zu sein scheint, ist es recht unwahrscheinlich, dass dieser Trend noch einmal zurückgedreht wird.

Welche Lehren können wir aus dieser Erfahrung ziehen?

Die USA sind grundsätzlich der Zeit voraus. Es gibt dort Trends, die nach und nach auch in den anderen Märkten, einschließlich Europa, eintreten. Dazu gehört die Möglichkeit, provisionsfrei zu investieren.

Abgesehen von den verschiedenen Facetten der Märkte wird der vom Broker angebotene Order-Routing-Service nun als Basisdienstleistung angesehen, etwas, für das der Anleger keine Notwendigkeit sieht, einen Aufschlag zu zahlen.

Dies ist eine Entwicklung, die sich auf dem alten Kontinent bereits durchsetzt.

Über die Kostenpolitik hinaus gibt es in Deutschland, aber auch in Frankreich und Italien, bereits aktive Umsetzungen, die dem Endanleger die Möglichkeit bieten, zum Nulltarif zu handeln, insbesondere bei den fortschrittlichsten Anlageformen (ETF und Zertifikate zum Beispiel).

Stöhr weiter:

„Die Tatsache stellt uns vor ein Dilemma.“

Nämlich, ob es möglich ist, mit den traditionellen Märkten ein spürbares Maß an Effizienz zu erreichen. Die neuen Generationen von Anlegern suchen nach einer Art von Dienstleistung, die sich individuell anpassen lässt und auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten werden kann.

Wie im Bankwesen bereits geschehen, betrifft dieser Wandel auch die Welt der Börsen. Es gibt kein Einheitsmodell mehr, weshalb sich spezialisierte Handelsplätze herausbilden.

Tobias Stöhr, Börsen-Experte bei Spectrum Markets

Die Prioritäten eines institutionellen Anlegers beispielsweise sind nicht dieselben wie die eines Privatanlegers, und es ist nur fair, dass jede dieser Kategorien Zugang zu der Art von Dienstleistung hat, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht.

Dies gilt auch im Hinblick auf den Schutz des Anlegers selbst, vor allem wenn es sich um Einzelanleger handelt.

Wodurch sich Europa von anderen Ländern unterscheidet?

Die Aufsichtsbehörden in Europa haben den Schutz des Anlegers zu ihrer Aufgabe gemacht, und darauf zielen alle verschiedenen Initiativen der Regulierungsbehörde ab. Die größte Sorge ist derzeit, dass Situationen entstehen, die für den einzelnen Anleger nachteilig sind.

Daher hat die Branche an einer Erneuerung ihres Ansatzes gearbeitet, indem sie den Anleger und seine Bedürfnisse in den Mittelpunkt der Wertschöpfungskette stellt.

Darüber hinaus werden die Märkte zunehmend spezialisiert und segmentiert, wobei die Individualisierung sowohl die Dienstleistung selbst als auch den Schauplatz, an dem die Handlung stattfindet, umfasst.

Das Entstehen von Märkten, die speziell auf den einzelnen Anleger zugeschnitten sind, ermöglicht es, dass Innovation und Sicherheit ineinander übergehen.

 

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