Das Landgericht Kleve hat einen freien Anlageberater mit Urteil vom 16.03.2021 (Az. 4 O 198/20) zum Schadensersatz und zur vollständigen Rückabwicklung der hochriskanten Anlage am P&R Container Investitionsprogramm verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Chancen auf Schadensersatz für Anleger im Container-Skandals P&R verbessern sich dadurch weiter.
Bereits früh haben wir darauf hingewiesen, dass nicht nur die Anmeldung der Insolvenzforderungen vorgenommen werden sollte, sondern auch dass für Schadensersatzansprüche gegen die Berater beziehungsweise Vermittler dieser Anlagen sehr aussichtsreiche Erfolgschancen bestehen.
„Geschädigte P&R-Anleger, die Ansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung geltend machen, erhalten immer mehr Rückenwind durch die Entscheidungen der Gerichte“, sagt Alexander Weigert, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der Esslinger Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann, der das Urteil für einen Mandaten erstritten hat.
Der Anlageberater hatte dem Kläger die hochspekulativen Anlage am P&R Container Investitionsprogramm als sichere und risikolose Kapitalanlage empfohlen, obwohl erhebliche Risiken aus der Konstruktion der Anlage selbst heraus bestehen und aufsichtsrechtliche behördliche Vorschriften der sogenannten Finanzanlangenvermittlungsverordnung (FinVermV) eine derartige Empfehlung an den Kunden klar untersagt hatten.
Neben dem Verstoß gegen die FinVermV stellte das Landgericht in seinem Urteil fest, dass der Kläger nicht korrekt aufgeklärt wurde. Konkret fehlte der Hinweis auf ein über das Totalverlustrisiko hinausgehendes Verlustrisiko durch die Haftung für die Container und nicht bezahlte Standgebühren.
Mit seinem Urteil zeigt das Gericht klare Vorgaben an eine ordnungsgemäße Anlageberatung auf. Freie Anlageberater können sich nicht hinter Ihrer „Freiheit“ verstecken; für sie gilt der strenge Regelkatalog der Finanzanlagenvermittlungsverordnung als behördliches Aufsichtsrecht ebenso wie für Banken die entsprechenden aufsichtsrechtlichen und zivilrechtlichen Regularien.
Im Ergebnis hat die 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve der Klage stattgegeben und den freien Anlageberater verurteilt, dem Kläger Schadensersatz in Höhe von 7.053,94 Euro zu zahlen. Darüber hinaus muss der freie Anlageberater die hochriskante P & R Containeranlage zurücknehmen und den Kläger von wirtschaftlichen Nachteilen freistellen.
Was bedeutet das Urteil für geschädigte Anleger?
Das Urteil des Landgerichts Kleve stärkt ein weiteres Mal die Stellung wirtschaftlich geschädigter Kapitalanleger, die hochriskante Anlagen von P&R erworben haben und nicht richtig über deren gefährlichen spekulativen Charakter aufgeklärt wurden.
Die Entscheidung des Landgerichts Kleve reiht sich in eine Vielzahl von Urteilen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen ein, die die Kanzlei Aslanidis, Kress & Häcker-Hollmann bis hin zum Bundesgerichtshof für ihre Mandanten erstritten hat und ist – da sie sich auf die Vertrags- und Angebotsunterlagen von P & R bezieht auch auf sämtliche weiteren P & R Schadensfälle übertragbar.
Bemerkenswert ist, dass das Landgericht Kleve in einem zivilrechtlichen Schadensersatzprozess zur Begründung des Schadensersatzanspruches des Klägers das öffentlich-rechtliche behördliche Aufsichtsrecht heranzieht. Damit definiert es den Pflichtenkreis freier Anlageberater und Anlagevermittler neu. Diese treffen nun erhöhte Aufklärungs- und Sorgfaltspflichten.
Das Gericht trägt der seit einigen Jahren vorherrschenden Tendenz des Gesetzgebers Rechnung, den grauen Kapitalmarktrecht zugunsten geschädigter Anleger zu regulieren und die Kunden und Anleger vor unpassenden und hochriskanten Kapitalanlageempfehlungen durch Anlageberater und Banken zu schützen.
Hinweis: Berater und deren Haftpflichtversicherung als solvente Gegner
Die Vorteile für ein Vorgehen wegen Falschberatung liegen auf der Hand. Der wichtigste und größte Vorteil: Im Normalfall sind die Gegner solvent. Den Personen auf der Gegenseite ist natürlich daran gelegen, die Angelegenheit nicht zu groß werden zu lassen.
Meistens haben die Berater nicht nur einen Kunden beraten und die Gefahr ist für sie erheblich, wenn die Falschberatung durch ein Urteil an die Öffentlichkeit kommt. Das ist oft der Grund für einen Vergleich – natürlich oftmals verbunden mit einer Verschwiegenheitsvereinbarung.
Es passiert nicht selten, dass die Berater, nachdem wir sie anschreiben, umgehend die Angelegenheit an Ihre Haftpflichtversicherung weiterleiten, so dass es daraufhin gilt, mit den Versicherungen über die Ansprüche zu verhandeln. Natürlich sind die Versicherungen zahlungsfähiger als die P & R Gesellschaften und sind häufig bereit, im Rahmen eines Vergleichs einen nicht unwesentlichen Teil der Schäden zu kompensieren. Beispielsweise konnte durch unsere Kanzlei erst im Januar 2020 ein gerichtlicher Vergleich in Höhe von über 150.000,00 Euro erwirkt werden.
Sollte sich die Firma inzwischen in der Insolvenz befinden, gibt es die Möglichkeit, einen Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer nach § 115 VVG; § 34 f GewO geltend zu machen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.
Nachhaltige Geldanlage: Jeder Zweite würde für den guten Zweck auf Rendite verzichten
Nachhaltigkeit ist bei der Geldanlage längst kein Nischenthema mehr. Eine neue forsa-Studie im Auftrag der BarmeniaGothaer zeigt: Die Hälfte der Deutschen misst nachhaltigem Investieren große Bedeutung bei – auch wenn das weniger Rendite bedeutet. Besonders hoch ist das Interesse bei der GenZ.
Solvium löst Fonds vorzeitig auf – Neue Transportlogistik-Beteiligung gestartet
Die Solvium Holding AG wird den 2020 aufgelegten Publikumsfonds „Solvium Logistic Fund One“ vorzeitig auflösen. Trotz der verkürzten Laufzeit um ein bis zwei Jahre soll die angestrebte Zielrendite von mindestens 4,56 Prozent pro Jahr für Anleger erreicht werden.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.
Nebenkostenabrechnung 2024: Was zählt – und was nicht
Die Abrechnung der Betriebskosten für 2024 fällt für viele Mieter höher aus als erwartet – trotz sinkender Energiepreise. Warum das vergangene Jahr kein fairer Vergleichsmaßstab ist.
Sparzinsen unter Druck: Tagesgeld fällt auf 1,4 Prozent – Festgeld auf Talfahrt
Anleger müssen sich auf weiter sinkende Sparzinsen einstellen. Laut aktueller Verivox-Auswertung sind Tagesgeld- und Festgeldzinsen deutlich gefallen – eine Trendwende ist nicht in Sicht. Wie sich EZB-Entscheidungen und geopolitische Entwicklungen auf die Zinslandschaft auswirken.
Langfristige Geldanlage: Wie kluge Entscheidungen die Rendite steigern
Sparer, die sich für eine langfristige Anlagestrategie entscheiden, können von den Vorteilen des Zinseszinseffekts profitieren. Doch viele Anleger treffen Entscheidungen, die ihre Rendite drastisch schmälern. Das Beratungsportal Finanztip hat in einer umfassenden Modellrechnung fünf Anlageprodukte verglichen.