Die meisten Haushalte in Deutschland profitieren von der Abschaffung des Solidaritätszuschlags seit Anfang 2021 mit im Schnitt rund 57 Euro mehr im Monat. In einem Experiment entscheiden sich Haushalte für eine langfristige Sparstrategie oder nutzen das Einkommensplus direkt für Lebenshaltungskosten oder Urlaub, je nachdem ob ihnen der Bonus in einem Zeitraum von einem Monat, einem Jahr oder zehn Jahren präsentiert wird.
Das Experiment führten Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Finanzmarktforschung SAFE und der Goethe-Universität Frankfurt auf Basis von Umfragedaten einer großen deutschen Privatbank durch.
Andreas Hackethal, Leiter der Forschungsabteilung Household Finance bei SAFE, erklärt:
„Wir haben uns angesehen, was der Soli-Wegfall als Konsumimpuls bringt, wenn der entstehende finanzielle Bonus zu verschiedenen Zeitpunkten für die Haushalte zur Verfügung steht. Das Experiment zeigt, dass das sogenannte Framing des Soli-Bonus in ein bestimmtes Zeitfenster maßgeblich beeinflusst, wofür das Geld ausgegeben wird.“
Während des Experiments blieb die Höhe des Soli-Bonus unter dem Strich immer gleich. Das zeitliche Framing des Bonus zeigte allerdings, dass Haushalte ihr Spar- und Konsumverhalten ändern abhängig davon, ob ihnen der Einkommenszuwachs monatlich, jährlich oder auf Zehn-Jahres-Sicht präsentiert wurde.
Haushalte nutzen Soli-Bonus kurzfristig für Konsum, längerfristig für Investitionen
Von den insgesamt 1.524 Haushalten in Deutschland, die den Umfrageresultaten zufolge mit dem Soli-Wegfall mehr Geld zur Verfügung haben, planen rund 44 Prozent den Bonus auszugeben, 45 Prozent zu sparen und elf Prozent für die Rückzahlung von Schulden zu verwenden.
Dabei hat ein großer Teil der Befragten vor, den Soli-Bonus trotz derzeit niedriger Zinsen nur auf einem Konto (elf Prozent des Bonus) oder in bar zu sparen (fünf Prozent des Bonus).
Wird der Soli-Bonus als monatlicher Betrag dargestellt, geben die Befragten ihn eher aus, insbesondere für Lebenshaltungskosten (22 Prozent des Bonus), und investieren den Teil, den sie sparen wollen, seltener in Wertpapiere (18 Prozent des Bonus). Wird der Soli-Bonus als Gutschrift für zehn Jahre dargestellt, wird das Geld eher für langlebigere Anschaffungen ausgegeben (14 Prozent des Bonus) oder in Aktien angelegt (24 Prozent des Bonus).
Vor allem junge Leute sparen den Soli-Bonus
Thomas Pauls, Wissenschaftler an der Goethe-Universität Frankfurt, sagt:
„Insbesondere jüngere Leute wollen den Finanzbonus aus der Soli-Abschaffung zum Sparen verwenden und nur knapp ein Viertel der Befragten für die Rückzahlung von Schulden.“
Für das Experiment wurden erste Befragungen Ende 2020 unter Haushalten in Deutschland durchgeführt, wovon 1.740 vollständige Antworten lieferten. Die Höhe des Soli-Bonus wurde auf Basis von verfügbaren Einkommensdaten hochgerechnet. Gegenwärtig läuft eine zweite Umfragewelle, um die Ergebnisse aus dem Experiment mit der tatsächlichen Soli-Abschaffung abzugleichen, die seit 1. Januar 2021 greift.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Interesse an Wertpapieranlagen erneut gestiegen
Rund 40 Prozent wollen Soli für Vorsorge oder Aktien ausgeben
"Schwaches Geschlecht", stark an der Börse
In einem Bereich, der lange Zeit von Männern dominiert wurde, setzen immer mehr Frauen ihre eigenen Maßstäbe und zeigen sich nachhaltig erfolgreich. Mit diesen fünf Stärken trumpfen Börsianerinnen auf.
Sparbuch adé – was Eltern über ETFs wissen sollten
Das Sparbuch war mal die erste Wahl, um für die eigenen Kinder Geld auf die Seite zu legen. Doch bei den aktuellen Zinsen ist das kaum eine vermögensbildende Anlageform. Viele Eltern schrecken aber noch vor ETFs zurück. Ihr größter Fehler ist es aber, den Kapitalmarkt für den Vermögensaufbau zu ignorieren.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
PKV-Initiative „Heal Capital 2“: Neuer Fonds, neue Investoren, neue Start-ups
Digitale Wartung, KI-Zertifizierung, stärkere europäische Vernetzung: Der PKV-Investitionsfonds Heal Capital geht mit neuer Schlagkraft an den Start – und will die digitale Versorgung nachhaltig verändern. Doch welche Start-ups profitieren zuerst?
„Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch“
Von unseriösen Werbeversprechen bis KI-Euphorie: Im zweiten Teil des Interviews mit Tim Grüger geht es um Trends im Daytrading, die Erwartungen von Kunden und den Kampf gegen Finanz-Fake-News. Plus: Was TradingFreaks für die Zukunft plant – und welchen Rat der Gründer Anfängern mit auf den Weg gibt.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.