Der Trend zu Negativzinsen reißt auch im neuen Jahr nicht ab. Allein zum Jahreswechsel haben 24 Banken und Sparkassen Verwahrentgelte eingeführt oder bestehende Negativzinsregelungen verschärft. Wie eine aktuelle Verivox-Analyse zeigt, verlangen inzwischen 197 Banken Negativzinsen von ihren Privatkunden.
Negativzinsen auf dem Vormarsch
Mit Negativzinsen ins neue Jahr – nach Verivox-Recherchen haben zum Start ins Jahr 2021 bereits 24 Institute Negativzinsen eingeführt oder bestehende Regelungen verschärft: 20 erheben neuerdings ein Verwahrentgelt, eine hat den bereits vorhandenen Negativzins noch tiefer in den Minusbereich gesenkt und bei drei Instituten wurde der Freibetrag reduziert, so dass Sparer nun schon auf niedrigere Guthaben Strafzinsen bezahlen. Für seine Analyse hat das Vergleichsportal die Preisverzeichnisse von rund 800 Banken und Sparkassen ausgewertet, davon weisen 197 Negativzinsen aus.
Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH sagt:
„Die Negativzinswelle rollt mit unverminderter Wucht über das Land. Die Mehrheit der Banken berechnet Negativzinsen erst ab hohen Guthaben von 100.000 Euro oder mehr. Doch so großzügig sind längst nicht mehr alle.“
58 Institute räumen ihren Kunden deutlich weniger als 100.000 Euro Freibetrag ein, darunter neun Banken, die Sparer ab dem ersten Euro zur Kasse bitten.
Nicht immer werden Negativzinsen als solche ausgewiesen. 15 Geldhäuser berechnen eine Gebühr für das üblicherweise kostenfreie Tagesgeldkonto. Aus Sicht der Sparer entstehen dadurch faktisch Negativzinsen. Das Geld auf dem Konto wird weniger, auch wenn die Bank nominal 0,00 oder 0,01 Prozent Zinsen ausweist. Vier Institute halten doppelt die Hand auf und belasten Guthaben zusätzlich auch mit Negativzinsen.
Negativzinswelle hat die Direktbanken erreicht
Inzwischen sind auch Bankkunden betroffen, die lange von Strafzinsen verschont geblieben waren. So hat die Negativzinswelle mittlerweile auch die großen Direktbanken erreicht. Mit der ING, N26 und der DKB haben die drei nach Kunden größten Onlinebanken Deutschlands zwischen Oktober und Dezember Negativzinsen eingeführt, einige kleinere nehmen schon länger Strafzinsen. Bei der ING und der DKB wird das Verwahrentgelt von 0,5 Prozent ab einem Freibetrag von 100.000 Euro fällig, Kunden von N26 zahlen schon ab 50.000 Euro Guthaben.
Negativzinsen gelten zunächst nur für Neukunden
Wichtig zu wissen: Wenn Banken Negativzinsen einführen, gelten diese zunächst nur für Neukunden.
Oliver Maier sagt dazu:
„Will eine Bank auch von ihren Bestandskunden Negativzinsen erheben, muss sie das mit den Betroffenen individuell vereinbaren. In diesem Fall raten wir zum Wechsel.“
Wer Konditionen vergleicht, findet immer noch Angebote, die ohne Negativzinsen auskommen. Top-Banken im EU-Ausland zahlen aktuell 0,45 Prozent Guthabenzinsen aufs Tagesgeld. Bei deutschen Instituten erhalten Sparer in der Spitze 0,25 Prozent. So bringt das angelegte Geld wenigstens bescheidene Erträge.
Trendwende nicht in Sicht
Auslöser der anhaltenden Negativzinswelle war die letzte EZB-Zinssenkung im Herbst 2019. Seitdem müssen Banken für Einlagen, die sie bei der Zentralbank parken, selbst 0,5 Prozent Strafzinsen zahlen. Immer mehr Institute reichen diesen Negativzins an ihre privaten Sparer weiter. Daran dürfte sich in naher Zukunft nichts ändern.
Oliver Maier sagt:
„Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Nach dem historischen Konjunktureinbruch im Zuge der Corona-Pandemie sind höhere Zinsen auf absehbare Zeit kein Thema. In den kommenden Wochen und Monaten rechnen wir mit weiteren Banken, die Negativzinsen einführen.“
Hintergrundinformationen: Banken mit Negativzinsen in der Übersicht
Themen:
LESEN SIE AUCH
BGH erklärt Klauseln zu Verwahrentgelten für unwirksam
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden: Banken und Sparkassen dürfen keine Verwahrentgelte auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten erheben. Zudem wurden Klauseln zu Entgelten für Ersatz-Bankkarten und Ersatz-PINs für unwirksam erklärt. Die Urteile könnten weitreichende Folgen für Banken und Kunden haben.
6,6 Prozent Realzins: Mit Festgeld die Inflation schlagen
Sollten die aktuellen Inflationsprognosen eintreffen, haben Sparer nach einer langen Durststrecke mit Null- und Negativzinsen endlich wieder eine Chance auf Realzinsen. Diese ergibt sich durch ein beständig hohes Zinsniveau bei gleichzeitig abschwächender Inflation.
Licht und Schatten der Zinswende
Während die Anbieter an der Marktspitze mit immer höheren Zinsen um Spargelder konkurrieren, zahlen rund 222 Banken und Sparkassen weiterhin keine Tagesgeldzinsen. Die größten Nachteile haben aber Kreditnehmer: Zinssätze für Ratenkredite sind heute mehr als doppelt so wie noch vor einem Jahr.
Banken mit schleppendem Abschied vom Nullzins
Die Zinswende kommt nur langsam in der Fläche an. Zahlreiche Banken bieten nach wie vor keine Verzinsung auf dem Tagesgeldkonto. Vor allem die Regionalbanken verabschieden sich nur langsam von den Nullzinsen. Allerdings ist der Kreditinstitute mit Nullzinsen sinkend.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
BFH-Urteil zum freiwilligen Wehrdienst: Wann Kindergeld trotz Soldatendienst gezahlt wird
Der Bundesfinanzhof schafft Klarheit: Ein freiwilliger Wehrdienst allein begründet keinen Anspruch – doch wer ausbildungswillig ist und keinen Platz findet, kann profitieren. Was das Urteil für Familien bedeutet.
Geldanlage: Sicherheit vor Rendite – aber mit wachsender Risikobereitschaft
Für die meisten Deutschen steht Sicherheit bei der Geldanlage weiterhin an erster Stelle. Das zeigt eine aktuelle repräsentative forsa-Umfrage im Auftrag der BarmeniaGothaer. Während klassische Sparformen dominieren, gewinnt das Interesse an renditestärkeren Alternativen wie Fonds und Aktien langsam an Bedeutung.
Insolvenzverfahren der P&R-Gruppe: Über 666 Millionen Euro an Gläubiger verteilt
In den Insolvenzverfahren der vier deutschen P&R-Containerverwaltungsgesellschaften wurde nunmehr die vierte Abschlagsverteilung vorgenommen. Insgesamt rund 122 Millionen Euro wurden an mehr als 54.000 Gläubiger ausgezahlt.

Steuerbonus aus der Nebenkostenabrechnung
Versteckte Steuerersparnis in der Betriebskostenabrechnung: Wer haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gezielt nutzt, kann jährlich mehrere hundert Euro direkt von der Steuer abziehen. Was § 35a EStG erlaubt, wie man eine Bescheinigung bei der Hausverwaltung anfordert – und worauf Mieter und Eigentümer jetzt achten sollten.