Da viele ältere Prämiensparverträge noch Zinsanpassungsklauseln enthalten, mit denen Kreditinstitute die zugesicherte Verzinsung einseitig abändern könnten, empfiehlt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Verbrauchern, ihre Prämiensparverträge sorgfältig zu überprüfen.
Diese Klauseln sind laut Bundesgerichtshof seit 2004 unwirksam. Dennoch bestehen weiterhin Unsicherheiten, wie Kreditinstitute mit den Anforderungen der BGH-Rechtsprechung umzugehen haben. Hinweise dazu liefert ein Urteil, welches das Oberlandesgericht Dresden im April 2020 auf die Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale Sachsen getroffen hat. Es stellt etwa klar, dass die Verzinsung sich an einem angemessenen, langfristigen, öffentlich zugänglichen Referenzzinssatz orientieren muss und monatlich anzupassen ist. Die Entscheidung ist bislang nicht rechtskräftig; es wurde Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt.
Laut BaFin-Vizepräsidentin Elisabeth Roegele sollten betroffene Sparer jetzt aktiv auf ihre Institute zugehen und sich erläutern lassen, welche Klausel ihr Vertrag ganz konkret enthält. Im nächsten Schritt müsse diese dann auf Rechtskonformität geprüft werden.
Bei Fragen zur Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche oder zur Unterbrechung etwaiger Verjährungsfristen rät Elisabeth Roegele zudem, sich bei Bedarf an eine Verbraucherzentrale oder auch einen Rechtsanwalt zu wenden.
Betroffen seien insbesondere langfristig variabel verzinste Sparverträge aus 2004 und früher. Ein Runder Tisch, den die BaFin zum Thema Prämiensparen Ende November 2020 unter anderem mit den Verbänden der Kreditwirtschaft und Verbraucherschutzorganisationen einberufen hatte, habe leider keine kundengerechten Lösungen gebracht.
Neben ihrem Verbraucheraufruf prüfe die Finanzaufsicht deshalb jetzt auch konkrete verwaltungsrechtliche Optionen, mit denen das Ziel ausreichender Kundeninformation erreicht werden kann. Bereits im Februar 2020 (BaFinJournal) hatte sie die Banken aufgefordert, auf die betroffenen langjährigen Kunden zuzugehen und ihnen eine Lösung anzubieten.
Auch der Runde Tisch der BaFin am 25. November 2020 hatte das Ziel, dass sich die Sparkassen auf Kunden zubewegen und eine angemessene Lösung anbieten. Der Sparkassenverband ließ den Runden Tisch platzen.
Klaus Müller, Vorstand des Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), dazu:
„Seit Jahren kritisieren die Verbraucherzentralen die falschen Zinsberechnungen der Sparkassen bei Prämiensparverträgen. Das Verhalten der Sparkassen bei dem von der BaFin initiierten Runden Tisch hat gezeigt, dass sie an einer einvernehmlichen Lösung trotz klarer Rechtsprechung offenbar nicht interessiert sind. Sie scheinen nicht bereit, auf die Verbraucherinnen und Verbraucher zuzugehen. Das bedeutet, dass Verbraucher selbst tätig werden und ihre Ansprüche auf Zinsnachzahlung sichern müssen. Für Prämiensparverträge, die 2017 gekündigt wurden, droht zum Jahresende die Verjährung. Betroffene Verbraucher können sich jetzt den Musterfeststellungsklagen des vzbv gegen die Saalesparkasse in Sachsen-Anhalt oder gegen die Sparkasse Nürnberg in Bayern anschließen. Weitere Musterfeststellungsklagen werden von der Verbraucherzentrale Sachsen geführt. Hier ist eine Anmeldung für Kunden der Sparkassen Muldental, Meißen und Voigtland noch möglich. Sollte keine der Musterfeststellungsklagen für sie in Frage kommen, sollten betroffene Sparer auf jeden Fall sonstige Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung prüfen lassen. Verbraucher können sich hierzu an die Verbraucherzentralen oder Rechtsanwälte wenden.“
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