World InsurTech Report 2020: Mehr Wettbewerb bedeutet mehr Zusammenarbeit

World InsurTech Report 2020: Mehr Wettbewerb bedeutet mehr Zusammenarbeit
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Um den gestiegenen digitalen Bedürfnissen der Kunden gerecht zu werden, müssen Versicherer dringend die nötigen Fähigkeiten aufbauen. Denn BigTechs und weitere neue Akteure drängen auf den Versicherungsmarkt. Dies ist das Ergebnis des World InsurTech Report 2020 von Capgemini und Efma.

Versicherungskunden haben seit  Beginn der Corona-Pandemie digitale Kanäle intensiver genutzt als zuvor. Damit sind auch ihre Erwartungen an diese Informations-, Vertriebs- und Kommunikationswege gestiegen.

Kooperationen zur Digitalisierung

Deswegen wird die Digitalisierung für Versicherer dringlicher und auch externe Partner gewinnen für sie an Attraktivität. Dadurch gibt es laut World InsurTech Report 2020 wachsende Chancen für InsurTechs mit kooperativen Geschäftsmodellen.

Als mögliche Kooperationspartner der Versicherer kommen aufgrund ihres vorbildlichen Nutzererlebnisses zudem BigTechs in Betracht. Allgemein verschwimmen die Grenzen zwischen Versicherungen, InsurTechs, BigTechs und Technologiepartnern. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen sich die etablierten Versicherer in entscheidenden Bereichen verbessern – etwa in Sachen Kundenzentriertheit, bei intelligenten Prozessen, der Produktflexibilität und offenen Ökosystemen.

Gunnar Tacke, Managing Business Analyst bei Capgemini, sagt:

„Zur Konkurrenz jedes Versicherers zählen neben anderen Versicherungsunternehmen mittlerweile BigTechs und weitere neue Akteure mit einem hervorragenden Kundenerlebnis. Sie können aber auch gute Partner sein. Durch skalierbare Zusammenarbeitsmodelle mit InsurTechs etwa können Versicherer ihre Digitalisierung schneller und effizienter voranbringen, ihre Kundenbeziehungen vertiefen und im Wettbewerb mithalten.“

Veränderungen des Kundenverhaltens durch Corona-Pandemie

Corona trifft die Teilsektoren des Versicherungsmarktes auf unterschiedliche Weise: Lebens- und Krankenversicherungen erlebten einen Anstieg der Schadenfälle, während Reise- und Kfz-Versicherungen einen Rückgang verzeichneten. Alle Sparten aber bemerkten Veränderungen des Kundenverhaltens.

Auch wenn mittlerweile über 90 Prozent der etablierten Versicherer weltweit – in Deutschland 100 Prozent – in der Lage sind, ihre Geschäftstätigkeit remote auszuüben, bemerkten sie Auswirkungen der Pandemie auf die Neukundengewinnung.

Gegenüber 57 Prozent im April sagten im Juli 61 Prozent der Versicherer weltweit, dass sich Corona auf die Neukundengewinnung auswirkt. In Deutschland meinte dies im Juli jeder zweite Versicherer.

Beliebtheit von kundenzentrierten Technologieriesen steigt

Das Coronavirus ist dabei nicht die einzige Gefahr für die Kundengewinnung und -bindung: BigTechs wie Amazon oder Google legen die Messlatte für Kundenerlebnis und während der Pandemie legen sie diese noch höher, indem sie den Verbrauchern krisensichere Prozesse, Echtzeit-Reaktionen und eine intuitive Kundenbetreuung bieten.

Die Bereitschaft der Versicherungsnehmer, Versicherungen von BigTechs zu kaufen, ist von 17 Prozent im Jahr 2016 über 36 Prozent im Januar 2020 auf 44 Prozent im April 2020 gestiegen.

Versicherer müssen Prioritäten setzen und sich auf die entscheidenden Themen konzentrieren, um mit BigTechs konkurrieren zu können. Angesichts der aktuellen Geschäftsdynamik und Auswirkungen von COVID-19 halten 94 Prozent der Versicherer weltweit sowie 88 Prozent in Deutschland ein überragendes Kundenerlebnis für zentral, 90 Prozent international beziehungsweise 88 Prozent hierzulande krisensichere Prozesse und 87 Prozent beziehungsweise 75 Prozent Echtzeit-Reaktionen.

Ein fürsorglicher Partner zu sein ist in den Augen von international 86 Prozent der Versicherungshäuser sowie 75 Prozent in Deutschland entscheidend. Bedarfs- und nutzungsbasierte Versicherungen (Insurance-as-a-utility) halten weltweit 70 Prozent und 25 Prozent der Versicherer in Deutschland für wichtig.

Digitalisierung hinkt noch hinterher

International verfügen 29 Prozent der Versicherer über digitalisierte Prozesse. In Deutschland ist es bereits jeder zweite. Bei Cloud-Nutzung und offenen APIs haben Versicherer teils großen Nachholbedarf: Nur 49 Prozent weltweit – aber 63 Prozent in Deutschland – sind Cloud-native-Unternehmen. Offene APIs haben weltweit bislang 35 Prozent und in Deutschland 13 Prozent implementiert.

Lediglich 19 Prozent der befragten Versicherer weltweit (38 Prozent der deutschen) gaben an, über durchgängig automatisierte Prozesse zu verfügen. International 29 Prozent beziehungsweise 17 Prozent in Deutschland beherrschen human-centered Design (HCD).

Zusammenarbeit für Wettbewerbsfähigkeit

Eine partnerschaftliche Zusammenarbeit ist der effizienteste Weg zu Technologie, um auf dem Markt wettbewerbsfähig zu bleiben. Partnerschaften mit Spezialisten und Zugänge über gemeinsame Schnittstellen stellen sicher, dass sich alle Akteure der Versicherungsbranche auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Dann liefern sie bessere Ergebnisse und arbeiten kosteneffizient.

Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist unter den Akteuren im Versicherungsbereich gestiegen, wie der World InsurTech Report 2020 feststellt:

  • 67 Prozent der Versicherer weltweit und 50 Prozent in Deutschland wollen mit InsurTechs zusammenarbeiten.
  • 83 Prozent der InsurTechs weltweit und 77 Prozent der deutschen sind an Partnerschaften mit Versicherern interessiert.
  • 85 Prozent der InsurTechs international sowie 92 Prozent in Deutschland wollen mit Technologieanbietern kooperieren.
  • Mehr als 60 Prozent sowohl der Versicherer als auch der InsurTechs weltweit sind an einer Zusammenarbeit mit BigTechs interessiert. In Deutschland trifft dies auf 54 Prozent der InsurTechs zu, aber noch nicht auf etablierte Versicherer.

Für Unternehmen ist es nun wichtig, eine neue Denkweise zu entwickeln, wenn sie vom Besitz eigener Fähigkeiten und Assets zu einer gemeinsamen Nutzung übergehen, um ihre Effizienz zu steigern und Partnerschaften mit Spezialisten zu vertiefen.

Mit diesem neuen Mindset werden sich die Firmen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können sowie ihren Kunden durch Hyperpersonalisierung und kontinuierliche Ko-Innovation einen höheren Mehrwert bieten.

John Berry, CEO von Efma, dazu:

„Versicherer müssen in allem, was sie tun, kundenorientierter werden. Die Reife von InsurTechs und ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit, um Versicherern neue Technologielösungen zu bieten, nehmen zu und helfen den Versicherern, die steigenden Erwartungen der Kunden zu erfüllen.“