Steuerschuld ist keine Masseverbindlichkeit

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Der Umsatzsteueranspruch für einen Besteuerungszeitraum, in dem der Unternehmer einem Eröffnungsverfahren mit vorläufiger Eigenverwaltung unterliegt, ist keine Masseverbindlichkeit. Die vorläufige Eigenverwaltung bietet damit einen erheblichen Liquiditätsvorteil gegenüber dem „normalen“ vorläufigen Insolvenzverfahren.

Bei den in der vorläufigen Eigenverwaltung begründeten Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis (hier Umsatzsteuer) handelt es sich nicht um Masseverbindlichkeiten, sondern um bloße Insolvenzforderungen. Die Steuern müssen somit nicht bezahlt werden, sondern sind lediglich zur Insolvenztabelle anzumelden.

„Die Entscheidung des BFH stellt klar, dass die Umsatzsteueransprüche aus dem Zeitraum der vorläufigen Eigenverwaltung gemäß § 270a InsO keine Masseverbindlichkeiten darstellen und somit einen erheblichen Liquiditätsvorteil gegenüber dem „normalen“ vorläufigen Insolvenzverfahren schaffen, der wiederum positiv zur Sanierung beiträgt“, sagt Lutz Florian Weber, Steuerberater und Partner bei dhpg in Bonn.

„Der BFH stärkt in einer für die Unternehmen angespannten Zeit das wichtige Instrument der Insolvenz in Eigenverwaltung.“

Analoge Anwendung der Vorschriften kommt nicht in Betracht

Der BFH kommt in seinem Urteil zu dem Ergebnis, dass Unternehmen, die sich im Eröffnungsverfahren der vorläufigen Eigenverwaltung nach § 270a InsO befinden, weder nach § 55 (2) InsO  noch nach § 55 (4) InsO Masseverbindlichkeiten begründen. Auch eine analoge Anwendung dieser beiden Vorschriften kommt nicht in Betracht.

Der BFH begründet seine Entscheidung damit, dass § 55 (2) und (4) InsO die Bestellung eines vorläufigen starken Insolvenzverwalters oder eines vorläufigen schwachen Insolvenzverwalters durch das Insolvenzgericht voraussetzt. Genau dies ist aber in der vorläufigen Eigenverwaltung nicht der Fall.

Schuldner als eigener vorläufiger Insolvenzverwalter?

Während der vorläufigen Insolvenzverwaltung übt der vorläufige Insolvenzverwalter die ihm aufgrund seiner Bestellung zugewiesenen Amtsbefugnisse aus und begründet daher – wie bei einer Amtstätigkeit in einem eröffneten Verfahren, die auch bei einem in Eigenverwaltung eröffneten Insolvenzverfahren vorliegt – zu Lasten eines später eröffneten Insolvenzverfahrens Masseverbindlichkeiten.

Demgegenüber stehen dem Insolvenzschuldner im vorläufigen Eigenverwaltungsverfahren die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnisse über sein Vermögen aus eigenem Recht zu, soweit das Insolvenzgericht keine beschränkenden Anordnungen erlässt. Anders als im eröffneten Verfahren kann entgegen der Auffassung des Finanzamtes auch nicht durch den Verweis auf die allgemeinen Vorschriften in § 270 (1) Satz 2 InsO abgeleitet werden, dass der Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung – wie der Eigenverwalter im eröffneten Verfahren – als sein eigener vorläufiger Insolvenzverwalter anzusehen ist.

Anlass des Verfahrens

In dem entschiedenen Fall beantragte die Klägerin beim zuständigen Amtsgericht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Anordnung der (vorläufigen) Eigenverwaltung gem. §§ 270, 270a InsO. Eine Ermächtigung zur Begründung von Masseverbindlichkeiten nach § 270b (3) InsO wurde nicht erteilt. Während der vorläufigen Eigenverwaltung hatte die Klägerin Umsätze aus dem Abverkauf von Waren erzielt.

Nach anschließender Insolvenzeröffnung in Eigenverwaltung hat das Finanzamt die Umsatzsteuer aus dem Zeitraum der vorläufigen Eigenverwaltung nach §§ 270a, 270 (1) S. 2 i.V.m. § 55 (4) InsO als Masseverbindlichkeiten durch Steuerbescheid festgesetzt. Hiergegen erhob die Klägerin Sprungklage, welcher das Finanzgericht stattgab.

Das Finanzgericht folgte der Rechtsauffassung der dhpg und entschied zugunsten der Klägerin. Gegen das Urteil legte das Finanzamt beim BFH Revision ein, musste aber auch dort eine Niederlage hinnehmen, da auch der BFH der Rechtsauffassung der dhpg folgte.

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