Wenn jemand nicht richtig auf ein Unfallgeschehen reagiert und sich dadurch verletzt, trägt er ein hohes Mitverschulden. Doch wenn die Reaktion spontan war, kann dies das Mitverschulden reduzieren. Dies entschied Oberlandesgericht Köln.
Der Kläger wollte das kurz zuvor geparkte Fahrzeug seiner Lebensgefährtin aufhalten, als es sich plötzlich in Bewegung setzte und rückwärts die abschüssige Einfahrt hinunterzurollen begann.
Mann will Auto aufhalten
Der Mann lief hinter das Fahrzeug und versuchte, es dadurch aufzuhalten, dass er mit seinen Händen gegen das Heck des Fahrzeugs drückte. Allerdings wurde er von dem Fahrzeuggewicht niedergedrückt, kam rücklings zu Fall, wurde von dem PKW überrollt und über eine Strecke von etwa 20 m mitgeschleift. Er erlitt schwere Verletzungen und musste reanimiert werden.
Kläger hat Mitschuld
Der Kläger verlangte von dem beklagten Kfz-Haftpflichtversicherer Schmerzensgeld und Schadensersatz. Auch wollte er die Feststellung, dass eine Haftung für sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden bestehe.
Das Landgericht Köln stellte eine Haftung der Beklagten in Höhe von 30 Prozent fest und wies die Klage im Übrigen ab. Daraufhin legten sowohl Kläger als auch Beklagte gegen diese Entscheidung Berufung ein. Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufungen beider Parteien zurück und das bestätigte erstinstanzliche Urteil.
Dies begründete das Gericht damit, dass die Lebensgefährtin die Verletzungen des Klägers zurechenbar dadurch verursacht habe, dass sie den PKW abgestellt, aber nicht hinreichend gegen ein Wegrollen gesichert habe. Aber der müsse sich jedoch ein Mitverschulden entgegenhalten lassen, welches zu Recht mit 70 Prozent bewertet wurde. Ihm hätte wegen der Masse des PKWs, der Tatsache, dass sich dieser selbstständig in Bewegung gesetzt hatte, und der Kenntnis des größer werdenden Gefälles klar sein müssen, dass ein Aufhalten des PKW durch ein Dagegenstemmen von hinten ausgeschlossen war.
Dennoch berücksichtigte das Gericht, dass der Kläger sich spontan und ohne weiteres Nachdenken zum Eingreifen entschied und eine objektiv falsche Reaktion auf ein Unfallgeschehen aus verständlicher Bestürzung das Mitverschulden reduzieren oder ausschließen kann. Wegen der von ihm zu treffenden Augenblicksentscheidung war der Anspruch des Klägers hier nicht vollständig ausgeschlossen.
Entscheid vom 05. Juli 2019 (Oberlandesgericht Köln, Az: 6 U 234/18)
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