Konventionelle Rüstung als nachhaltige Geldanlage? Eine deutliche Mehrheit der Vermittler sagt Nein. Warum der AfW vor einem Vertrauensverlust bei ESG-Produkten warnt.
Die Diskussion über die Aufnahme konventioneller Rüstungsgüter in nachhaltige Investmentfonds hat auch die unabhängigen Finanz- und Versicherungsvermittler erreicht. Im aktuellen Vermittlerbarometer 2024 des AfW Bundesverband Finanzdienstleistung zeigt sich ein deutliches Meinungsbild: Eine Mehrheit der Befragten lehnt eine nachhaltige Klassifizierung von Waffen ab.
Konkret sprechen sich 41,7 Prozent gegen eine solche Erweiterung des ESG-Verständnisses aus. 31,7 Prozent bleiben neutral, während lediglich 18,6 Prozent für die Aufnahme konventioneller Rüstungstitel in ESG-Fonds votieren würden. Der Hintergrund: Infolge sicherheitspolitischer Entwicklungen bewerten einige Anbieter Waffenhersteller als "unverzichtbar für Freiheit und Frieden" und nehmen sie in nachhaltige Portfolios auf. Kritiker sehen darin jedoch eine Aushöhlung der ESG-Kriterien.
AfW-Vorstand Norman Wirth warnt:
„Die Aufnahme von Rüstungsgütern in nachhaltige Produktkategorien würde aus unserer Sicht die gesellschaftliche Akzeptanz der Nachhaltigkeitsregulierung weiter schwächen – ähnlich wie es bereits bei der Einordnung der Energiegewinnung aus Gas und Atomkraft in die EU-Taxonomie der Fall war.“
Gerade unabhängige Vermittler seien auf glaubwürdige ESG-Angebote angewiesen:
„Vermittlerinnen und Vermittler, die täglich über nachhaltige Geldanlage beraten, müssen ihren Kunden glaubwürdige und nachvollziehbare Empfehlungen geben können.“
Die Umfrage zeigt darüber hinaus Trends in der technischen Umsetzung der ESG-Abfragepflichten: Immer mehr Vermittler greifen auf digitale Hilfsmittel zurück. Der Anteil derjenigen, die ein IT-Tool nutzen, stieg binnen eines Jahres von 42 auf 46,3 Prozent. Die papierbasierte ESG-Erhebung verliert dagegen an Bedeutung (aktuell 33,5 Prozent, zuvor 38 Prozent).
Doch es gibt Probleme: Bei rund einem Drittel der IT-Tool-Nutzer liefert das System keine zufriedenstellende Produktauswahl auf Basis der ESG-Präferenzen.
„Es liegt auf der Hand, dass ein geeignetes Softwaretool den Aufwand für Vermittler deutlich reduziert. Dass jedoch jeder dritte Nutzer nicht mit der erzielten Produktauswahl zufrieden ist, zeigt den bestehenden Optimierungsbedarf“, so Norman Wirth.
Die wichtigsten Bezugsquellen für ESG-Tools bleiben laut AfW die Maklerpools mit 70,4 Prozent. Nur 16,8 Prozent nutzen Lösungen von Produktgebern wie Versicherern oder Fondsgesellschaften, 5 Prozent setzen auf alternative Quellen.
Die Ergebnisse stammen aus dem 17. AfW-Vermittlerbarometer, einer Online-Umfrage im Oktober/November 2024 mit 1.173 Teilnehmern.
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