Betrug im Gesundheitswesen auf Rekordniveau: Kassen fordern Reformen

Die gesetzlichen Krankenkassen haben 2022 und 2023 Abrechnungsbetrug im Umfang von über 200 Millionen Euro aufgedeckt – ein Höchststand seit Beginn der Erhebung im Jahr 2008. Das geht aus dem aktuellen Bericht zur „Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen“ des GKV-Spitzenverbandes hervor, über den rbb24 zuerst berichtete.

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Hauptschaden bei Arzneimitteln

Mit fast 86 Millionen Euro entfällt der größte Schaden auf den Bereich der Arznei- und Verbandsmittel. Besonders betroffen sind hochpreisige Medikamente wie die Abnehmspritze Ozempic, Schmerzmittel wie Tilidin und Fentanyl sowie das Krebsmedikament Lonsurf. Gefälschte Papierrezepturen werden dabei gezielt eingesetzt, um Medikamente kostenlos zu beziehen und gewinnbringend weiterzuverkaufen – oft unter Missachtung jeglicher Kontrollmechanismen. In einigen Fällen wurden Rezepte sogar nach dem Tod der Versicherten eingelöst.

Pflegebereich im Fokus

Fast die Hälfte aller Hinweise betrafen den Pflegebereich. Hier geht es unter anderem um Abrechnungen nicht erbrachter Leistungen, gefälschte Unterschriften oder manipulierte Einsatzpläne. Der Gesamtschaden beträgt über 62 Millionen Euro, von denen nur 21 Millionen gesichert werden konnten.

Organisierte Strukturen und Scheinfirmen

Besonders problematisch sind laut GKV zunehmend organisierte Betrugsstrukturen. Immer häufiger tauchen Scheinfirmen auf, die lediglich als Briefkasten existieren. Über manipulierte Arbeitsverträge erschleichen sich Täter Krankengeld, Bürgergeld oder andere Sozialleistungen. Als Strohmänner werden oft suchtkranke oder mittellose Menschen eingesetzt.

Wachsende Komplexität

Die Zahl der gemeldeten Hinweise stieg auf knapp 50.000 – ein Plus von über 20 Prozent im Vergleich zum Vorzeitraum. In rund 9.300 Fällen bestätigte sich der Betrugsverdacht. Der GKV warnt vor einer zunehmenden Komplexität der Fälle, die häufig langjährige Ermittlungen erfordern und mehrere Sozialversicherungsträger betreffen.

GKV fordert politische Konsequenzen

Martin Krasney, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes, betont: „Dreistellige Millionenbeträge, die durch Fehlverhalten verloren gehen, fehlen zugleich für die medizinische und pflegerische Versorgung der Menschen.“ Der Verband fordert unter anderem zentrale Datenauswertungen mit KI und eine umfassende Dunkelfeldstudie. Zudem müsse der Schutz von Whistleblowern verbessert werden – aktuell würden viele Hinweise aus Angst vor arbeitsrechtlichen Konsequenzen unterbleiben.


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