Steigende CO₂-Preise: Erhöhte Belastungen für Verbraucher und Wirtschaft ab 2027

Der Bundestag hat eine Reform des CO-Emissionshandels beschlossen, die ab 2027 erhebliche finanzielle Folgen für Verbraucher und Unternehmen haben wird. Mit der Einführung des europäischen Emissionshandelssystems ETS2 entfällt der bisherige Festpreis für CO-Zertifikate, sodass die Preise künftig durch den Markt bestimmt werden. Dies könnte zu erheblichen Kostensteigerungen führen, insbesondere in den Bereichen Verkehr und Wohnen.

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Nach einer Analyse von Finanztip steigen die CO₂-Kosten für einen durchschnittlichen Gasverbrauch von 6000 kWh pro Jahr erheblich.Nach einer Analyse von Finanztip steigen die CO₂-Kosten für einen durchschnittlichen Gasverbrauch von 6000 kWh pro Jahr erheblich.Foto: Adobestock

Erwartete Mehrkosten im Verkehrssektor

Laut dem ADAC wird die CO-Bepreisung die Spritpreise deutlich verteuern. Bereits mit der Einführung der nationalen CO-Steuer im Jahr 2021 erhöhte sich der Preis für Super E10 um 7 Cent pro Liter, während Diesel um 8 Cent teurer wurde. Mit der Anhebung der CO-Bepreisung auf 30 Euro pro Tonne CO im Jahr 2022 verteuerte sich Benzin um 1,4 Cent, Diesel um 1,5 Cent. Die für 2023 geplante weitere Erhöhung wurde aufgrund der Energiekrise um ein Jahr verschoben, sodass die CO-Kosten vorerst unverändert blieben.

Seit 2024 wird die Abgabe jedoch wieder jährlich erhöht. Aktuell beträgt der CO-Preis 55 Euro pro Tonne, und für 2026 ist ein variabler Preis zwischen 55 und 65 Euro je Tonne vorgesehen. Daraus resultiert ein erwarteter Anstieg der Kraftstoffpreise um 17 Cent für Benzin und 19 Cent für Diesel pro Liter. Ab 2027 wird der Preis vollständig durch Angebot und Nachfrage bestimmt, wodurch es zu erheblichen Preisschwankungen kommen könnte. Prognosen gehen von einem CO-Preis von bis zu 300 Euro pro Tonne aus, was zu Mehrkosten von bis zu 38 Cent pro Liter Benzin und 35 Cent für Diesel führen könnte.

Neue Belastungen für Haushalte durch steigende Heizkosten

Auch die Heizkosten werden durch die CO-Bepreisung weiter steigen. Laut dem Verbraucherzentrale Bundesverband liegt der Heizenergieverbrauch vieler Haushalte derzeit 46 Prozent über dem Vorjahr, sodass Einsparmöglichkeiten begrenzt sind. Nach einer Analyse von Finanztip steigen die CO-Kosten für einen durchschnittlichen Gasverbrauch von 6000 kWh pro Jahr erheblich:

  • 2024: 35 Euro CO-Kosten
  • 2025: 71 Euro
  • 2030: 356 Euro (bei einem prognostizierten CO-Preis von 275 Euro/Tonne)

Für einen vierköpfigen Haushalt könnten dadurch Mehrkosten von bis zu 1000 Euro pro Jahr entstehen.

Wie funktioniert das neue CO-Preissystem?

Mit der Einführung von ETS2 im Jahr 2027 wird der Emissionshandel auf den Verkehrs- und Wärmesektorausgeweitet. Während bisher nur Industrieunternehmen Zertifikate erwerben mussten, betrifft die Bepreisung künftig auch Kraftstoffanbieter sowie Unternehmen aus dem Heizsektor. Die dadurch entstehenden Mehrkosten werden voraussichtlich an die Verbraucher weitergegeben.

Wichtige Aspekte des neuen Systems:

  • Keine festen Preise mehr: CO-Zertifikate werden an einer Börse gehandelt, was zu erheblichen Preisschwankungen führen kann.
  • Automatische Preissteigerungen: Die EU gibt schrittweise weniger Zertifikate aus, wodurch der Preis kontinuierlich steigen dürfte.
  • Hohe Unsicherheit: Expertenprognosen gehen von einem möglichen CO-Preis zwischen 100 und 300 Euro pro Tonne aus.

Probleme im CO-Zertifikatehandel

Zusätzliche Unsicherheit entsteht durch Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit CO-Kompensationsprojekten. Nach Recherchen von ZDF frontal vom 10.12.2024 und Analysen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) könnten deutsche Verbraucher rund eine Milliarde Euro für nicht existierende Klimaschutzprojekte gezahlt haben. Von 66 geprüften Projekten in China stehen 45 unter Betrugsverdacht.

Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin ermittelt bereits in diesem Zusammenhang. Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) hat daraufhin die Neuzulassung der Upstream Emission Reduction (UER)-Projekte gestoppt.

Auswirkungen auf Inflation und Wirtschaft

Eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass die steigenden CO-Preise die Inflation weiter antreiben könnten. Die Wirtschaftswissenschaftler Isabella M. Weber, Jan-Erik Thie, Jesus Lara Jauregui und Lucas Teixeira analysierten, dass 92 Prozent der inflationsbedingten Preissteigerungen durch die CO-Bepreisung auf sechs zentrale Sektoren entfallen – darunter Energie, Transport und Immobilien.

Mögliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Preise umfassen:

  • Strategische Energiereserven, um plötzliche Preisschocks abzufedern.
  • Mehr Investitionen in erneuerbare Energien, um die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren.
  • Ein CO-Preiskorridor, um extreme Preisanstiege zu verhindern.
  • Förderung klimafreundlicher Technologien und Investitionen in energieeffiziente Gebäude.

Politische Herausforderungen und offene Fragen

Die Einführung von ETS2 wird Verbraucher und Unternehmen vor große Herausforderungen stellen. Kritiker fordern eine stärkere Regulierung, um extreme Preissteigerungen zu verhindern. Neben einem CO-Preiskorridor, der Ober- und Untergrenzen für den Zertifikatspreis festlegt, stehen auch staatliche Unterstützungsmaßnahmen zur Debatte. Wie eine zukünftige Bundesregierung auf die erwarteten Preissteigerungen reagieren wird, bleibt jedoch abzuwarten.


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