Zehn Versicherer in NRW stehen im Verdacht, hochsensible Gesundheitsdaten über einen unsicheren E-Mailverteiler ausgetauscht zu haben. Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Gayk erhebt schwere Vorwürfe.
Die Landesdatenschutzbeauftragte in Nordrhein-Westfalen, Bettina Gayk, hat Untersuchungen gegen zehn Versicherungsunternehmen eingeleitet. Der Vorwurf: Ein rechtswidriger Austausch personenbezogener Daten, darunter auch hochsensible Gesundheitsdaten, in der Auslandsreisekrankenversicherung. „Die Nutzung des E-Mailverteilers erstaunt umso mehr, als es eine mit den Datenschutzaufsichtsbehörden abgestimmte, seit Jahren im Versicherungssektor etablierte Möglichkeit gibt, sich datenschutzkonform über potentielle Betrugsfälle auszutauschen“, erklärt Gayk.
Die betroffenen Versicherer organisierten den Austausch über einen geschlossenen E-Mailverteiler. Sensible Informationen wie medizinische Diagnosen und Daten Minderjähriger wurden dabei auch an Unternehmen übermittelt, die gar keinen Kontakt zu den betroffenen Personen hatten. Schutzmaßnahmen oder ein Konzept zur Wahrung der Rechte der Betroffenen fehlten vollständig.
Bettina Gayk hebt hervor, dass das etablierte HIS-System klare Regeln für den Austausch vorsieht, einschließlich Löschfristen und einem Verbot der Verarbeitung hochsensibler Gesundheitsdaten. Die Landesbeauftragte vermutet, dass die Unternehmen den E-Mailverteiler zunächst nur für abstrakte Diskussionen über Betrugsmuster nutzten. „Wir gehen davon aus, dass über die Jahre hinweg dann jedoch mehr daraus wurde und die Unternehmen den Weg über den E-Mailverteiler genutzt haben, um sich auch über konkrete Verdachtsfälle austauschen zu können“, erklärt Gayk.
Zwar konnte der rechtswidrige Austausch inzwischen gestoppt werden, die Untersuchungen sind jedoch noch nicht abgeschlossen. Der PKV-Verband äußerte sich zu den Vorwürfen und stellte klar, dass die Ermittlungen „offenbar gegen einzelne Mitgliedsunternehmen“ gerichtet seien. „Der PKV-Verband ist daran nicht beteiligt. Weil wir kein Verfahrensbeteiligter sind, können wir auch keinerlei inhaltliche Bewertung abgeben. Ohnehin sind öffentliche Stellungnahmen zu laufenden Ermittlungsverfahren generell nicht angebracht“, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme.
Bettina Gayk betont abschließend: „Das Ziel, Versicherungsbetrug aufzudecken, ist legitim. Aber nicht jeder Zweck heiligt die Mittel – schon gar nicht, wenn dabei die Privatsphäre unbescholtener Versicherungsnehmer gravierend verletzt wird.“
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