EZB senkt Leitzinsen erneut: Experten uneins über Auswirkungen auf Inflation und Wachstum

Mit ihrer vierten Zinssenkung in 2024 senkt die Europäische Zentralbank die Leitzinsen um weitere 0,25 Prozentpunkte. Während die Maßnahme als Reaktion auf gedämpftes Wachstum und sinkende Inflationsraten weitgehend erwartet wurde, gehen die Meinungen über die Folgen für Wirtschaft und Finanzmärkte auseinander.

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Zentrale der EZB in Frankfurt am Main.Zentrale der EZB in Frankfurt am Main.MichaelM / pixabay

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 12. Dezember 2024 ihre Leitzinsen erneut um 0,25 Prozentpunkte gesenkt. Der Zinssatz für die Einlagefazilität sinkt damit auf 3,00 %, der für Hauptrefinanzierungsgeschäfte auf 3,15 % und der für die Spitzenrefinanzierungsfazilität auf 3,40 %. Dies ist bereits die vierte Zinssenkung in diesem Jahr und erfolgt vor dem Hintergrund schwacher Wirtschaftsdaten und einer sich weiter abkühlenden Inflation.

Stimmen aus der Branche

Die Präsidentin des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR), Marija Kolak, begrüßt die Entscheidung und sieht sie als angemessenen Schritt, um die Konjunktur zu stützen: „Die Geldpolitik hat die Inflation mit großem Erfolg eingedämmt und kann die Konjunktur mit sinkenden Leitzinsen unterstützen. Weitere Zinssenkungen sollten jedoch kein Automatismus sein, sondern datenbasiert erfolgen.“ Kolak warnt zudem vor möglichen Risiken durch externe Faktoren wie Lohnsteigerungen und geopolitische Spannungen.
Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, betrachtet die Zinssenkung als notwendige Maßnahme, um Konsum und Investitionen anzuregen: „Die EZB ist auf einem guten Weg, die geldpolitische Normalisierung voranzutreiben. Angesichts der Wachstumsschwäche wären jedoch zusätzliche Zinssenkungen um rund 100 Basispunkte im nächsten Jahr gerechtfertigt.“
Dagegen kritisiert Francesco Fedele, CEO der BF.direkt AG, die Entscheidung scharf: „Die EZB hätte die Leitzinsen unangetastet lassen sollen, um die Inflation konsequenter zu bekämpfen. Eine zu lockere Geldpolitik könnte langfristig zu höheren Kapitalmarktzinsen führen, was besonders die Immobilienwirtschaft belastet.“

Ausblick auf 2025

Die Prognosen der EZB zeigen, dass die Inflation mittelfristig auf das Ziel von 2 % zusteuert. Gleichzeitig bleibt das Wirtschaftswachstum gedämpft. Für 2024 wird ein BIP-Wachstum von 0,7 % erwartet, für 2025 und 2026 ein Anstieg um 1,1 % bzw. 1,4 %.
Prof. Dr. Felix Schindler von HIH Invest betont die Bedeutung externer Faktoren für die weitere Zinsentwicklung: „Die Höhe und Anzahl der Zinsschritte im Jahr 2025 werden auch von der neuen US-Administration abhängen. Insbesondere für die Immobilienmärkte könnte das positive Impulse setzen.“

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