Mitte Dezember legte das Kiel Institut für Weltwirtschaft die aktuellen Konjunktur- und Inflationsprognosen vor. Im Vergleich zum September wurden die Wachstumserwartungen für Deutschland deutlich nach oben korrigiert: für 2022 auf 1,9 Prozent, für 2023 auf +0,3 Prozent. Für die Inflation in Deutschland werden hingegen nur noch 5,4 Prozent im Jahresdurchschnitt 2023 veranschlagt.
Ein Beitrag von Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei der Privatbank DONNER & REUSCHEL
Die deutlichen Revisionen der Erwartungen innerhalb von nur drei Monaten belegen die außergewöhnlich hohe Unsicherheit volkswirtschaftlicher Prognosen. Zudem zeigt sich in diesen besonders bewegten Zeiten, dass Europa in den nächsten Monaten zu den Stabilisatoren der Weltwirtschaft gehört.
Aufgrund der Rezession im Winterhalbjahr starten die europäischen Volkswirtschaften allerdings von einem schwachen Niveau aus. Ein noch tieferer wirtschaftlicher Abschwung kann aber voraussichtlich vermieden werden, weil eine Gasmangellage und damit Energierationierungen trotz witterungsbedingt zuletzt stark gestiegenem Gasverbrauchs und unter 90 Prozent gesunkener Gaslagerbestände in diesem Winter wohl vermieden werden können.
Entsprechend stiegen bei vielen Unternehmen die Geschäftserwartungen und sowohl die S&P Global-Einkaufsmanagerindizes als auch der ifo-Geschäftsklimaindex wurden leicht verbessert vermeldet. Europa ist damit aber noch lange nicht die zugkräftige globale Konjunkturlokomotive, wie es China ab Mitte 2020 nach dem Corona-Einbruch der Weltwirtschaft war.
Zu fragil sind derzeit die Aussichten in den USA, die im Zuge der Leitzinsanhebungen der Fed wohl in eine Rezession rutschen werden. Für den weiteren geldpolitischen Kurs sind die jüngst veröffentlichten Daten für die Entwicklung der Preise für Waren und Dienstleistungen im Rahmen privater Konsumausgaben (PCE-Preise) besonders wichtig. Sollte der Preisanstieg wie erwartet deutlich niedriger ausfallen als im Vormonat, dürfte die Hoffnung auf den Beginn einer Leitzinserhöhungspause der Fed im Laufe des ersten Quartals untermauert werden und die Aktiennotierungen kurzfristig noch einmal beflügeln.
Vor allem aber ist für die stark exportorientierte Industrie Europas die weitere Entwicklung in China von Bedeutung. Nach dem Ende der Null-COVID-Strategie und der zunehmenden Lockerung von Restriktionen zeichnen sich trotz verstärkter Impfbemühungen bereits deutlich erhöhte Infektions- und Sterberaten sowie die Überlastung von Krankenhäusern und Medikamentenengpässe ab.
Bis der Höhepunkt der Omikronwelle überschritten ist, dürften sowohl der Konsum als auch die Produktion, die Importnachfrage und gegebenenfalls globale Lieferketten erheblich leiden. Zwar wird parallel durch fiskalische Stützungsmaßnahmen versucht, den privaten Konsum zu stabilisieren, trotzdem könnte ein wachstumsschwaches erstes Quartal in China die für das Frühjahr erwartete dynamischere Wachstumsbelebung um einige Monate nach hinten verschieben und den Jahresstart an den Aktienbörsen turbulent werden lassen.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Die Fed ist der Hauptverursacher des weltweiten geldpolitischen Schocks
Ein angespannter US-Arbeitsmarkt wird die Fed 2023 zu weiteren geldpolitischen Straffungen zwingen. Allein mit Arbeitsmarktmaßnahmen wird sie nicht ihr Inflationsziel erreichen und so dürften die USA vor einer tiefen Rezession stehen, welche schwerwiegende Folgen für alle Märkte haben wird.
Droht eine Stagflation?
So lässt sich ein gutes Jahr erfolgreich abschließen
Es scheint tatsächlich das Soft-Landing eingetreten zu sein, auf das viele gehofft, aber nur wenige gebaut haben. Mittlerweile haben sich die Märkte auf diese zentrale Prämisse festgelegt und zeigen sich positiv. Um nun das Jahr erfolgreich abzuschließen, bedarf es einer Bestätigung dieser Annahme.
Deutsche Wirtschaft findet noch nicht aus dem Tief heraus
Die Hoffnung auf einen starken konjunkturellen Aufschwung im Sommer schwindet und die Anzeichen für ein schwaches Wirtschaftsjahr 2023 häufen sich: Das Konjunkturbarometer des DIW Berlin liegt mit 90,3 Punkten für das dritte Quartal merklich unter dem Ergebnis für das zweite.
EZB erhöht zum neunten Mal die Leitzinsen
Die Inflation geht zwar weiter zurück, es wird jedoch nach wie vor erwartet, dass sie zu lange zu hoch bleiben wird. Um das 2 Prozent-Inflationsziel zügig zu erreichen, hat der EZB-Rat daher beschlossen, die drei Leitzinssätze erneut um jeweils 25 Basispunkte anzuheben.
Wirtschaftswachstum gibt Anlass zur Vorsicht, aber nicht zur Panik
Das Risiko einer bevorstehenden harten Landung der Wirtschaft ist heute geringer als noch vor drei Monaten. Es ist aber von einem unterdurchschnittlichen Wachstum bis 2024 auszugehen - und so seltsam es klingt, Grund dafür ist ausgerechnet die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit.
Die Notwendigkeit einer stärkeren EU-Marktintegration wird immer deutlicher
Katharine Neiss, Chief European Economist bei PGIM Fixed Income, beleuchtet in ihrem Marktkommentar die Dringlichkeit einer stärkeren EU-Marktintegration. Sie analysiert die Reformvorschläge von Mario Draghi und deren Auswirkungen auf Investitionen, Wettbewerbsfähigkeit und die Zukunft der Eurozone.
Grundlegende Steuerreform soll Unternehmen und Haushalte entlasten
Das ifo Institut schlägt eine umfassende Reform des deutschen Steuer- und Abgabensystems vor. Ziel: Wachstumsimpulse für Unternehmen und mehr Anreize für Arbeit. Ein zentraler Punkt ist die Senkung der Steuerlast für Unternehmen und Haushalte.
Trump lässt jetzt schon die Märkte wackeln – Wohin geht die Reise?
Noch vor seiner offiziellen Amtsübernahme sorgt Donald Trump bereits für Bewegung an den Finanzmärkten. Nachdem ein Bericht der Washington Post andeutete, dass Trumps geplante Zölle möglicherweise weniger breit ausfallen könnten als im Wahlkampf angekündigt, brach der US-Dollar am Montag zunächst ein.
Deutschland Unternehmen pessimistisch wie selten
Die Zuversicht in der deutschen Unternehmenslandschaft schwindet rapide: Nur 14 Prozent der Firmen blicken optimistisch auf das Jahr 2025 und hoffen auf eine wirtschaftliche Erholung.
Langsamer Niedergang: Experten schlagen Alarm – Deutschlands Wirtschaft am Scheideweg
Eine ernüchternde Bilanz der deutschen Wirtschaft hat das Wirtschaftsteam von Bloomberg Economics im Dezember veröffentlicht.
Bauzinsen vor dem Jahreswechsel leicht rückläufig – Unsicherheiten bleiben
Die Bauzinsen sind zum Jahresende leicht gesunken, doch Unsicherheiten in der Zinspolitik und wirtschaftliche Rahmenbedingungen könnten 2025 für Überraschungen sorgen, so der aktuelle Qualitypool Zinszoom.