Der Klimawandel, gesellschaftliche Spannungen sowie Energieversorgungsrisiken sind für die deutsche Bevölkerung die drei größten Risiken der kommenden fünf bis zehn Jahre. Dabei ist das Vertrauen in öffentliche Institutionen nur gering.
77 Prozent der Befragten sind davon überzeugt, dass die öffentlichen Behörden nicht ausreichend vorbereitet sind, um das Risiko des Klimawandels zu managen. Nur in Japan (80 Prozent) und Belgien (82 Prozent) ist das Vertrauen in der Gesamtbevölkerung in die öffentlichen Stellen noch geringer als hierzulande.
In Deutschland sind es insbesondere die über 65-Jährigen (87 Prozent), die dem Management des Klimawandels durch behördliche Stellen kritisch gegenüberstehen. Zu diesen Ergebnissen kommt der diesjährige AXA Future Risks Report, in dem eine internationale und eine deutsche bevölkerungsrepräsentative Umfrage der Meinungsforschungsinstitute IPSOS und YouGov analysiert wurden.
Älter Generation lehnt Klima-Protestaktionen ab
Für die Mehrheit der Deutschen (57 Prozent) ist der Klimawandel nicht nur im Hinblick auf die nächsten Jahre, sondern bereits heute ein präsentes Risiko. Weltweit sagen das mit 47 Prozent deutlich weniger Personen. Besonders kritisch zeigen sich die Deutschen bezüglich der Krisenmanagementkompetenz ihrer Mitmenschen. 77 Prozent der Befragten geben an, dass der private Sektor nicht ausreichend vorbereitet ist, um den Klimawandel zu managen. Hier sind es insbesondere die über 65-Jährigen, die mit 83 Prozent angeben, dass der private Sektor nicht ausreichend vorbereitet ist.
Besonders anschaulich wird die Haltung der älteren Menschen gegenüber Klimaaktivist*innen, die sich zum Beispiel durch Festkleben auf der Straße oder Bemalen öffentlicher Gebäude in jüngster Vergangenheit einen Namen gemacht haben. Während in der Gesamtbevölkerung nur vier von zehn Deutschen (39 Prozent) die Protestaktionen gänzlich ablehnen, weil diese zur Spaltung der Gesellschaft führen, ist es bei den über 55-Jährigen knapp die Hälfte (48 Prozent).
Eine Besonderheit in Deutschland: In keinem anderen Land wird das Risiko gesellschaftlicher Spannungen so weit oben in der Liste der größten Risiken unserer Zeit geführt wie hierzulande.
„Bei allen Ungleichheiten und auch aktuellen Konflikten und Debatten in unserer Gesellschaft liegt es nun daran, das gemeinsame Ziel – dem Klimawandel entschlossen entgegenzuwirken – nicht aus den Augen zu verlieren“, kommentiert Thilo Schumacher, CEO AXA Deutschland, die Studienergebnisse.
Wenig Glaube an die Erreichung der Pariser Klimaziele
Die Deutschen zeigen sich eher pessimistisch in ihrer Einschätzung zur Erreichung der Pariser Klimaziele. Nur rund jede*r Fünfte (18 Prozent) in Deutschland hält es für wahrscheinlich, dass das 1,5-Grad-Ziel aus dem Pariser Klimaabkommen erreicht wird. Doppelt so viele (36 Prozent) der Befragten zeigen sich hier pessimistisch.
Die Bereitschaft, eigene Gewohnheiten im Alltag zu verändern, um dem Klimawandel entgegenzuwirken, ist hoch. 44 Prozent der Befragten wollen als gutes Beispiel voran gehen und haben bereits Gewohnheiten verändert. Mehr als ein Viertel (27 Prozent) hat sich bereits Gedanken gemacht, was im eigenen Leben verändert werden könnte.
Die fünf am häufigsten genannten Maßnahmen, die ergriffen wurden oder umgesetzt werden sollen, um dem Klimawandel entgegenzuwirken sind energieeffizientes Heizen (52 Prozent), Nutzung energieeffizienter Geräte (36 Prozent), verminderter Fleischkonsum (36 Prozent), bevorzugte Nutzung von Mehrwegsystemen (36 Prozent) und konsequentes Ausschalten elektronischer Geräte (35 Prozent).
Doch stimmt auch jede*r Zehnte (10 Prozent) der Aussage zu, es nicht als ihre oder seine Aufgabe zu sehen, etwas eigenverantwortlich im eigenen Leben für den Klimaschutz zu verändern. Weitere 12 Prozent glauben nicht, dass sie als Einzelpersonen etwas gegen den Klimawandel ausrichten können und finden, die Politik sollte mit entsprechenden Vorgaben regeln.
Wie gesellschaftliche Spannungen definiert werden
Ein Großteil (82 Prozent) der Deutschen stimmt der Aussage zu, dass Ungleichheiten immer gravierender werden und zu zunehmenden gesellschaftlichen Spannungen sowie sozialer Zersplitterung in ihrem Land führen könnten. Damit hat Deutschland neben Frankreich (81 Prozent) weltweit den negativsten Blick auf Spannungen in der Gesellschaft.
Was einer möglichen Spaltung der Gesellschaft zugrunde liegt und wie gesellschaftliche Spannungen definiert werden, ist wiederum eine Frage des Alters. Denn bei der Definition des Risikos „gesellschaftliche Spannungen und Bewegungen“ zeigen sich gravierende Unterschiede in den Altersgruppen. In Deutschland insgesamt werden „zunehmende Ungleichheiten und steigende Lebenshaltungskosten“ mit einem Drittel (33 Prozent) als maßgeblicher Faktor gesehen. Unter den 55 bis 64-Jährigen sind es hingegen nur rund ein Viertel (24 Prozent), die gesellschaftliche Spannungen mit Ungleichheiten in der Lebenserhaltung definieren.
Auch sind es deutlich mehr Frauen (38 Prozent) als Männer (28 Prozent), die zunehmende Ungleichheiten in der Gesellschaft als Hauptgrund für gesellschaftliche Spannungen sehen. Weiterhin wird Migration von 29 Prozent der Deutschen als maßgeblich für gesellschaftliche Spannungen gesehen. Unter den über 65-Jährigen sind es sogar 39 Prozent. Unter den unter 25 bis 34-Jährigen sind es hingegen nur 16 Prozent. Je jünger die Befragten, desto weniger Impact hat Migration für die Begründung von möglichen Spannungen in der Gesellschaft.
„Weite Teile der Bevölkerung haben das Gefühl, durch soziale Spannungen bedroht zu sein. Viele Menschen empfinden die Gesellschaft als zunehmend geteilt. Dieses Gefühl sollten Wirtschaft und Politik ernstnehmen und sich für gegenseitiges Verständnis und ein gutes gesellschaftliches Miteinander stark machen. Den großen Risiken der Zukunft können wir nur dann wirkungsvoll begegnen, wenn wir zusammenhalten. Wir als Versicherer wollen zur gesellschaftlichen Stabilität beitragen, indem wir vielen Menschen ermöglichen, ihre individuellen Risiken abzusichern und so weniger sorgenvoll in die Zukunft zu blicken“, so Thilo Schumacher weiter.
Für mehr als die Hälfte der Deutschen (51 Prozent) ist das Risiko von gesellschaftlichen Spannungen bereits heute präsent. Rund ein Drittel (32 Prozent) gibt an, dass es sich schnell entwickeln würde, aber noch nicht gegenwärtig ist.
TOP 10-Risk Ranking Deutschland
Gesamtbevölkerung:
- Klimawandel
- Gesellschaftliche Spannungen
- Energieversorgungsrisiken
- Umweltverschmutzung
- Geopolitische Instabilität
- Fiskalpolitische Risiken
- Neue Sicherheitsbedrohungen und Terrorismus
- Pandemien und Infektionskrankheiten
- Ressourcen- und Biodiversitätsrisiken
- Risiken in der Finanzstabilität
- Klimawandel
- Geopolitische Instabilität
- Cyberrisiken
- Gesellschaftliche Spannungen
- Ressourcen- und Biodiversitätsrisiken
- Energieversorgungsrisiken
- Künstliche Intelligenz und Big Data
- Demographischer Wandel
- Fiskalpolitische Risiken
- Risiken in der Finanzstabilität
Expert*innen:
Über die Befragungen
Der AXA Future Risks Report ermittelt jährlich die Wahrnehmung künftiger Risiken in einer Umfrage bei Expert*innen und in der breiten Öffentlichkeit durch eine bevölkerungsrepräsentative Befragung. Das Meinungsforschungsinstitut Ipsos hat dafür im Auftrag von AXA 1.011 Personen in Deutschland im Juni 2023 online befragt. Die Ergebnisse der Befragung sind repräsentativ für die deutsche Bevölkerung ab 18 Jahren. Neben Deutschland wurden Ergebnisse in vierzehn weiteren Ländern aus Europa, Asien, Nord- und Südamerika ermittelt. 2023 erscheint der AXA Future Risks Report bereits zum zehnten Mal in Folge.
Ergänzend zum AXA Future Risks Report hat das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag von AXA Deutschland 2.039 Personen online im Oktober 2023 zu ihrem persönlichen Beitrag gegen und ihren Ansichten zum Klimawandel befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren in Deutschland.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Jeder zweite Deutsche ängstigt sich existenziell vor KI
In Bezug auf KI bereiten die weitere Entwicklung, fehlende einheitliche Regelungen und mangelnde Nachvollziehbarkeit den Deutschen die größten Sorgen. Insgesamt glaubt jede*r Fünfte, dass KI und Big Data erhebliche negative Auswirkungen haben werden. Im Vorjahr waren nur 9 Prozent dieser Meinung.
Trotz aller Zweifel: Deutsche mit größtem Sicherheitsgefühl
Klimawandel, Energieversorgung und gesellschaftliche Spannungen zählen für die Bundesbürger zu den größten Zukunftsrisiken. In die Krisenkompetenz ihrer Mitmenschen setzen sie wenig Vertrauen, fühlen sich aber im internationalen Vergleich im alltäglichen Leben noch am sichersten.
Globale Risiken sind eng miteinander verwoben
Die Lebenshaltungskostenkrise ist das größte kurzfristige Risiko, während ein Scheitern beim Klimaschutz die größte langfristige Sorge darstellt. Verschärft werden diese beiden Extreme durch geopolitische Konkurrenz, Ressourcenrivalität und nationale Re-Orientierungen.
Klimawandel: Als Risiko erkannt, im Alltag verkannt
Aon Risk Maps 2021: COVID-19 bremst globale Risiken nur temporär
Steigt der Meeresspiegel, steigen die Liquiditätsrisiken im Firmengeschäft
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.
Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt
Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.
Berufsunfähigkeitsversicherung 2025: Neue Rahmenbedingungen stärken Stabilität
Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt auch 2025 ein stabiler Schutz. Franke und Bornberg analysieren die Entwicklungen des Vorjahres und beleuchten die veränderten Rahmenbedingungen, darunter die Erhöhung des Höchstrechnungszinses und neue Produktanpassungen.