Wie Investorinnen die Start-up-Szene verändern

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Weibliche Business Angels investieren anders als ihre männlichen Kollegen. Sie achten besonders darauf, dass Start-ups von weiblichen oder gemischten Teams geführt werden, für jede Dritte ist mangelnde Diversität des Gründungsteams ein Ausschlusskriterium bei der Suche nach lohnenden Investments. Neben einer attraktiven Rendite legen weibliche Business Angels zudem Wert darauf, mit den Produkten einen gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen.

Für zwei von drei Start-up-Investments, die in Deutschland getätigt werden, zeichnen sogenannte Business Angels verantwortlich, also private Investor*innen, die Start-ups finanziell, mit Wissen und Erfahrungen sowie mit ihren Kontakten unterstützen. Zwischen Juli 2019 und Dezember 2022 investierten in Deutschland 11.000 Business Angels in rund 3.500 Start-ups.

Der Löwenanteil der Investitionen geht nach wie vor an Gründer – Gründerinnen erhalten nur rund 5,3 Prozent der Deals und damit lediglich 0,9 Prozent des Risikokapitals. Ihr Stück vom finanziellen Kuchen ist somit noch deutlich kleiner, als das Mengenverhältnis von Start-up-Gründerinnen zu Gründern vermuten ließe: Der Anteil der Gründerinnen stagniert bei 20,7 Prozent. Eine weitere Schieflage im deutschen Start-up-Ökosystem: Der Frauenanteil bei den Business Angels beträgt nur rund 13,6 Prozent. In absoluten Zahlen: In Deutschland gibt es rund 1.500 Angel-lnvestorinnen.

Weibliches Gründungsteam ist wichtig

In Tiefeninterviews mit 30 Investorinnen (20 mit Erfahrung, 10 Neulinge), ergänzt durch eine Online-Befragung mit 84 Teilnehmerinnen, hat encourageventures e.V. im Auftrag der Bertelsmann Stiftung untersucht, was weibliche Business Angels antreibt und wie sie investieren.

Für die Hälfte der Neuinvestorinnen und 40 Prozent der erfahrenen Investorinnen ist ein weibliches Gründungsteam wichtig – oder dass das Start-up eine weibliche Zielgruppe hat. 40 Prozent der Business Angels sagen, sie würden nicht in Einzelpersonen investieren. Für 30 Prozent der Kapitalgeberinnen ist fehlende Diversität im Gründungsteam ein Ausschlusskriterium. Acht von zehn Neuinvestorinnen geben an, sie bevorzugten Start-ups, an denen sie ein eigenes inhaltliches Interesse und/oder eine Expertise erworben haben.

„Weibliche Business Angels investieren dadurch oft in Bereiche, die eine weibliche Zielgruppe haben, und die ihre männlichen Kollegen häufig übersehen oder deren Relevanz falsch einschätzen“, sagt Melanie Wodniok, Wirtschaftsexpertin der Bertelsmann Stiftung. Was nicht heißt, dass für die Investorinnen ökonomische Faktoren unwichtig sind. Für 65 Prozent der erfahrenen Investorinnen, und immerhin noch 30 Prozent der Neuinvestorinnen steht die Rendite ganz oben auf der Agenda.

Rendite sei für sie ein notwendiges, aber nicht unbedingt ein hinreichendes Motiv für ein Investment, ergänzt die Wirtschaftsexpertin. Die Hälfte der Investorinnen will mit ihrem Engagement eigene Erfahrungen weitergeben, zwei Drittel wollen Produkte oder Dienstleistungen unterstützen, die einen gesellschaftlichen Mehrwert haben. In Interview und Online-Fragebogen betonen Investorinnen, dass sie sich grundsätzlich viel Zeit für die Auswahl ihrer Investments und für die Zusammenarbeit mit den Gründer*innen-Teams nehmen.

Wie die Gründungsszene diverser werden kann

Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag das Ziel ausgegeben, dass sowohl die Gründer*innen- als auch die Investor*innen-Szene diverser werden muss. Um dieses Ziel zu erreichen, gilt es aus Sicht der befragten Business Angels, Investorinnen-Netzwerke zu stärken, weil diese Netzwerke für Geldgeberinnen und Gründerinnen wichtige Informationsquellen und Rückhalt sind. Zudem hat die Szene weiterhin für viele ein abschreckendes „Heuschrecken“-Image: daran müsse gearbeitet werden, indem weibliche Vorbilder sichtbarer sowie die Informations- und Schulungsangebote gefördert und ausgeweitet werden.

Gemeinsame Investments in Form von Investmentpools müssten ausgebaut werden. „Die Erhöhung des Anteils weiblicher Business Angels ist deshalb so wichtig, weil sie ein Hebel für mehr Diversität im deutschen Start-up-Ökosystem sein können“, sagt Wodniok.

Die Ergebnisse eines Roundtables des startup-Verbands, Bitkom e. V. und Bertelsmann Stiftung zur Diskussion der Studienergebnisse stützen die Handlungsempfehlungen. Im Verbund sollen mit diesem gemeinsamen Positionspapier die Relevanz von mehr weiblichen Business Angels für das deutsche Start-up-Ökosystem hervorgehoben und die Empfehlungen an Entscheider*innen aus Politik und Wirtschaft adressiert werden.

Zur Studie

Die vorliegende Studie wurde von encourageventures e.V. durchgeführt und basiert auf einer Mixed-Method-Analyse: in qualitativen Interviews wurden 20 erfahrene Investorinnen und 10 Neuinvestorinnen nach ihrer Motivation sowie ihrem Such- und Entscheidungsverhalten bei Start-up-Investments gefragt. Ergänzt wurden die Ergebnisse durch eine quantitative Online-Umfrage mit 84 Teilnehmerinnen. Aus den Interviews entstanden 17 Stunden Audiomaterial, welches anhand von 130 Elementen koordiniert wurde.

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