Die Beiträge zur privaten Krankenversicherung (PKV) entwickeln sich häufig nicht gleichmäßig, sondern weisen für die Versicherten und die Öffentlichkeit nur schwer erklärbare Sprünge auf. Ziel sollte hingegen sein, dass über die gesamte Versicherungsdauer ein möglichst moderater und gleichmäßiger Beitragsverlauf erzielt werden kann und hohe Steigerungen abgefedert werden können.
Der Ausschuss Krankenversicherung der Deutschen Aktuarvereinigung e.V. hat dazu Methoden und Vorschläge entwickelt
Das gültige Kalkulationsmodell der PKV sieht eine Extrapolation der Rechnungsgrundlagen über zwei Jahre vor. Aktuarinnen und Aktuare schreiben demnach die für die Berechnung der Beiträge zu treffenden Annahmen für einen Zeitraum von zwei Jahren fort. Zu den Rechnungsgrundlagen gehören ganz wesentlich die Versicherungsleistungen wie auch die einzukalkulierende Verzinsung der Alterungsrückstellung. Über den Kalkulationszeitraum hinaus zu erwartende kontinuierliche Veränderungen, wie etwa der Anstieg der Versicherungsleistungen durch medizinische Inflation sowie aufgrund der normalen Preissteigerungen („Preisinflation“) werden nicht berücksichtigt.
Um gegenüber den Versicherten eine dauerhafte Erfüllbarkeit des abgegebenen Leistungsversprechens gewährleisten zu können, müssen die in die Kalkulation eingehenden Annahmen entsprechend regelmäßig mit Blick auf ihre tatsächliche Entwicklung aktualisiert und damit auch die Beiträge angepasst werden. Allerdings können die Beiträge in der PKV aufgrund der bestehenden Gesetzeslage oftmals nur in größeren Abständen angepasst werden.
Dies kann punktuell zu überproportionalen (prozentualen) Beitragserhöhungen führen. Kommen dabei notwendige Anpassungen an den medizinischen Fortschritt und weitere Rechnungsgrundlagen, etwa durch ein niedriges Zinsniveau, zusammen, fallen die Beitragsanpassungen insgesamt höher aus. Statt der immer wieder auftretenden sprunghaften Beitragsverläufe wäre eine stetigere Entwicklung erstrebenswert, die für die Versicherten und die Öffentlichkeit nachvollziehbarer wäre.
Den Faktor Zins als Auslösenden Faktor anerkennen
Die in Versicherungsunternehmen tätigen Aktuarinnen und Aktuare ermitteln jährlich die sogenannten Auslösenden Faktoren, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Überprüfung der Beiträge und Anpassung an veränderte Verhältnisse ermöglichen. Aufgrund der aktuellen Ausgestaltung der Auslösenden Faktoren ist eine Überprüfungs- und Anpassungsmöglichkeit oft nur in größeren Zeitabständen gegeben.
Hinzu kommt, dass bei der Ermittlung der Auslösenden Faktoren nach aktueller Gesetzeslage der Parameter Zins nicht gesondert berücksichtigt werden darf, obwohl gerade der Zins einen großen Einfluss auf die Beitragshöhe hat. Dies führt dazu, dass die Aktuarinnen und Aktuare zwar regelmäßig feststellen, dass der bei der Kalkulation angesetzte Zinssatz nicht die tatsächliche Situation am Kapitalmarkt widerspiegelt, den Parameter Zins aber nicht anpassen dürfen.
Eine Anpassung ist nur dann zulässig, wenn gleichzeitig auch die Ausgaben für Versicherungsleistungen oder die Lebenserwartung signifikant gestiegen sind. Bei einer Prämienanpassung kumulieren sich dann die Effekte aus den gestiegenen Leistungsausgaben und gegebenenfalls weiteren Parametern, was überproportionale Beitragserhöhungen für die Versicherten bedeutet. Die rechtlichen Rahmenbedingungen sollten daher eine zeitnahe Überprüfung der getroffenen Annahmen ermöglichen.
Möglich wäre dies, wenn bei der Ermittlung der Auslösenden Faktoren auch der Faktor Zins berücksichtigt werden dürfte, sodass Änderungen des Zinsniveaus wie insgesamt Veränderungen in den bei der Kalkulation getroffenen Annahmen zeitnah in die Beiträge zur PKV einfließen können.
Bei Tarifwechseln für das Alter vorsorgen
In der PKV haben Versicherte die Möglichkeit, ihren Beitrag zu reduzieren, indem sie in einen günstigeren Tarif mit geringerem Leistungsumfang wechseln. Dieses Tarifwechselrecht ist ein sinnvolles Instrument, das für die Versicherten die Möglichkeit einer deutlichen Prämiensenkung bereithält. Verringert sich dabei die Prämie aber zu stark, kann dies bei anschließenden Beitragsanpassungen zu sehr hohen prozentualen Beitragssteigerungen führen.
Diese großen Beitragssprünge könnten verhindert werden, wenn bei einem Tarifwechsel ein gewisser Teil der für den Beitragsnachlass zur Verfügung stehenden Mittel nicht unmittelbar zur Prämienreduktion eingesetzt würde, sondern stattdessen bei künftigen Beitragsanpassungen zur Abmilderung von Beitragserhöhungen.
Gesetzlichen Prämienzuschlag flexibilisieren
Im Rahmen der Gesundheitsreform wurde im Jahr 2000 der gesetzliche Zuschlag auf die Beiträge zur Krankenvollversicherung in Höhe von zehn Prozent eingeführt sowie die Beteiligung der Versicherten an den Überschüssen neu geregelt. Die damit angesparten Mittel kommen den Versicherten zugute und werden ab Vollendung des 65. Lebensjahres zur Abmilderung von Beitragserhöhungen und ab Vollendung des 80. Lebensjahres zur Prämiensenkung eingesetzt.
Zum Zeitpunkt der Einführung dieser Regelungen lag der durchschnittliche Überzins noch bei etwa 3,5 Prozent. Die Analyse von Bestandsdaten zeigt, dass sich diese zur Verfügung stehenden Instrumente zur Beitragsentlastung grundsätzlich bewährt haben. Durch die anhaltende Phase niedrigerer Zinsen in den letzten Jahrzehnten hat sich jedoch der Umfang, in dem die Unternehmen Überzinsen erwirtschaften können, deutlich reduziert. Damit gewinnt der gesetzliche Zuschlag für die Beitragsentlastung im Alter gegenüber dem Überzins zunehmend an Bedeutung.
Zudem ist seit dem Jahr 2000 die Lebenserwartung der deutschen Bevölkerung deutlich gestiegen, sodass die Maßnahmen zur Beitragsverstetigung über einen längeren Zeitraum hinweg wirken müssen. Der gesetzliche Zuschlag sollte daher in der Höhe, in der Zahldauer und in Abhängigkeit vom Alter des Versicherten variabel gestaltet und eine Verwendung der daraus generierten Mittel einerseits bereits vor Vollendung des 65. Lebensjahres ermöglicht und andererseits über einen längeren Zeitraum gestreckt werden.
Standardtarif weiterentwickeln
Seit seiner Einführung im Jahr 1994 bietet der Standardtarif insbesondere älteren Versicherten die Möglichkeit, ihre Beiträge zur Krankenversicherung zu reduzieren, indem sie in diesen günstigen Tarif wechseln. Das Leistungsspektrum des Standardtarifs orientiert sich dabei am Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung. Allerdings steht dieser günstige Tarif nur Versicherten offen, die vor dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten sind. Für Versicherte, die ihre Verträge später abgeschlossen haben, ist nur der Basistarif als sogenannter Sozialtarif vorgesehen.
Der Basistarif als Zieltarif für ehemals Nichtversicherte hat aufgrund des Kontrahierungszwangs ohne Risikozuschläge jedoch deutlich höhere Beiträge und stellt insofern keine Lösung für Versicherte dar, die ihre Beiträge reduzieren möchten. Der Standardtarif sollte daher neugestaltet werden. Ziel sollte es sein, dass auch Versicherte, die nach dem 1. Januar 2009 in die PKV eingetreten sind, die Möglichkeit haben, ihre Beitragszahlung durch einen Wechsel in den Standardtarif zu entlasten.
Fazit
Um die Beitragsentwicklung in der PKV zu verstetigen sind verschiedene Methoden denkbar. Wichtig ist, dass durch Umsetzung einiger der vorgeschlagenen Maßnahmen eine Verstetigung der Beiträge erzielt wird, um das Verständnis in der Bevölkerung und unter den Versicherten zu stärken und hohe Beitragssprünge zu vermeiden.
Themen:
LESEN SIE AUCH
22 Krankenkassen erhöhen mitten im Jahr den Beitrag
Seit Mai 2024 haben 22 Krankenkassen mitten im Jahr den Beitrag erhöht, 17 davon hatten schon zum Jahreswechsel mehr Geld verlangt. 7,6 Millionen GKV-Versicherte sind laut Finanztip davon betroffen. Musterrechnungen des Geld-Ratgebers zeigen, ein Durchschnittsverdiener spart durch einen Wechsel zu einer günstigen Krankenkasse oft mehr als 300 Euro im Jahr.
Wettbewerbsverzerrung in der Krankenversicherung beenden
Angestellte in Deutschland müssen im Jahr 2025 deutlich mehr verdienen, um sich zwischen der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und der Privaten Krankenversicherung (PKV) entscheiden zu können. Die Versicherungspflichtgrenze soll auf 73.800 Euro steigen. Die massive Erhöhung greift in die Wahlfreiheit von Millionen Angestellten ein und verzerrt den gut funktionierenden Wettbewerb zwischen GKV und PKV stärker als bisher.
PKV-Beiträge entwickeln sich langfristig günstiger
Der Beitrag für Angestellte oder Selbstständige, die 20 Jahre und länger privat krankenversichert sind, liegt 2023 im Schnitt etwa auf der Höhe von GKV-Versicherten mit mittlerem Einkommen. Ältere PKV-Versicherte zahlen im Durchschnitt nicht mehr als jüngere.
Assekurata-Marktausblick zur privaten Krankenversicherung 2023
Die private Krankenversicherung entwickelte sich auch im Geschäftsjahr 2022 sehr stabil. Die Prämieneinnahmen stiegen weiter. Zusammen mit den gleichzeitig gestiegenen Leistungsausgaben verbuchte die Branche jedoch einen Rückgang des versicherungsgeschäftlichen Ergebnisses.
Wie man sich vor unerwarteten Beitragserhöhungen schützen kann
Besonders ältere Leute nehmen häufig Beitragserhöhungen ihrer Krankenkasse stillschweigend hin. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten, diese zu umgehen. Dieser Beitrag verrät, wie man sich aufstellen muss, um sich vor "bösen Beitrags-Überraschungen" zu schützen.
Rating Zusatz-KV: Nur jeder fünfte Tarif ist ‚hervorragend‘
Aktuell bewegen sich die Tarife auf solidem Niveau. Auch wenn nur jeder Fünfte die Höchstbewertung erreicht, erzielen doch weitere 15 Prozent noch ein „sehr gut“. Spitzenreiter ist die SDK: Sie bietet in jeder Teil-Kategorie mindestens einen Tarif mit der Höchstnote.
Kennzeichenwechsel für Mofas, Mopeds und E-Scooter: Ab März gilt nur noch Grün
Zum 1. März müssen Mofas, Mopeds und E-Scooter auf ein grünes Versicherungskennzeichen umgestellt werden. Wer weiterhin mit dem blauen Kennzeichen unterwegs ist, fährt nicht nur ohne Versicherungsschutz, sondern macht sich auch strafbar. Die aktuellen Zahlen des GDV zeigen zudem: Schäden und Diebstähle haben 2023 deutlich zugenommen.
Lebensversicherung: Überschussbeteiligung 2025 steigt weiter – doch nicht in der Breite
Die Überschussbeteiligungen deutscher Lebensversicherer steigen weiter, wenn auch weniger stark als im Vorjahr. Eine Analyse von MORGEN & MORGEN zeigt, dass fast alle Versicherer mindestens zwei Prozent bieten, während jeder fünfte Anbieter drei Prozent oder mehr gewährt. Thorsten Saal, Bereichsleiter Mathematik & Rating, bewertet die Entwicklung als kundenfreundlich, betont aber auch die individuelle Strategie der Versicherer.
Lebensversicherung führt Beschwerde-Statistik an
Der Versicherungsombudsmann e. V. hat seinen Tätigkeitsbericht zur Streitbeilegung vorgelegt. Insgesamt 21.548 Beschwerden wurden im Jahr 2024 bearbeitet. Dabei fällt auf: Beschwerden über Versicherungsvermittler sind mit 334 Fällen gering und zeigen kaum Veränderungen zu den Vorjahren.
Maul- und Klauenseuche in Deutschland: Was Versicherungen wirklich abdecken
Maul- und Klauenseuche nach Jahrzehnten erneut in Deutschland: Der Ausbruch in Brandenburg zeigt, wie schnell Tierseuchen enorme wirtschaftliche Risiken für Landwirte mit sich bringen. Versicherungen helfen bei direkten Schäden, lassen Landwirte bei Einkommensverlusten durch Exportverbote jedoch oft allein.
Versicherer fordern Rechtsrahmen für automatisierte Binnenschifffahrt
Automatisierte Binnenschiffe könnten schon heute einsatzbereit sein – doch es fehlt an klaren gesetzlichen Vorgaben. Der GDV fordert die Bundesregierung und internationale Flusskommissionen auf, Standards zu schaffen, um die Technologie voranzutreiben.
Berufsunfähigkeitsversicherung 2025: Neue Rahmenbedingungen stärken Stabilität
Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt auch 2025 ein stabiler Schutz. Franke und Bornberg analysieren die Entwicklungen des Vorjahres und beleuchten die veränderten Rahmenbedingungen, darunter die Erhöhung des Höchstrechnungszinses und neue Produktanpassungen.