Der Kollaps der US-amerikanischen Silicon Valley Bank (SVB) sowie der Absturz der Credit Suisse-Aktie wecken dunkle Erinnerungen an die große Finanzkrise vor 15 Jahren. Vordergründig hat die Pleite der SVB mit den Problemen des Schweizer Traditionshauses wenig zu tun. Doch die Ereignisse zeigen, dass das Banken- und Finanzsystem zunehmend unter der scharfen geldpolitischen Straffung leidet.
Ein Beitrag von Dr. Eduard Baitinger ist seit 2015 Head of Asset Allocation in der FERI Gruppe
Immerhin hat die US-Notenbank Fed ihren Leitzins in nur 12 Monaten um 450 Basispunkte angehoben und damit den steilsten Zinsanstieg der letzten 40 Jahre vollzogen. Dass nun mit der SVB eine Bank, die sich auf die Finanzierung von Start-up- und Technologieunternehmen spezialisiert hatte, als erste dem Druck erliegt, verwundert nicht. Schließlich gelten diese Branchen als besonders zinssensibel.
Kapitalmärkte am Scheideweg
Das Bankenbeben stellt die Notenbanken derzeit vor ein kaum zu lösendes Dilemma. Die jüngsten Inflationsdaten für die Eurozone und die USA zeigen, dass der Preisdruck unverändert hoch ist und sich zu verfestigen droht. Das erfordert eine konsequente Fortführung der geldpolitischen Straffung, denn nur so ist das Ziel der Preisstabilität zu erreichen.
Auf der anderen Seite steigt damit der zinsseitige Druck auf das Finanzsystem. Ein geldpolitisches „weiter so“ könnte daher unerwünschte Verwerfungen nach sich ziehen, die eine größere Finanzkrise wahrscheinlicher machen. Die Notenbanken versuchen dieses Dilemma zu lösen, indem sie die Leitzinsen anheben und gleichzeitig gezielt Liquidität zur Verfügung stellen.
Dies mag den Druck vorübergehend verringern, kann aber nicht auf Dauer funktionieren. Die Finanzmärkte wissen das und spekulieren bereits jetzt darauf, dass die Notenbanken letztendlich dazu gezwungen sind, ihren Straffungskurs im Jahresverlauf abzumildern oder sogar umzukehren. Ob es tatsächlich dazu kommt, bleibt abzuwarten.
Dem Finanzsystem dürften in den nächsten Monaten jedenfalls noch einige Stresstests bevorstehen. Weitere negative Überraschungen sind dabei nicht ausgeschlossen. Professionelle Investoren sollten auf dieses herausfordernde Anlageumfeld mit einer dynamischen Steuerung ihrer Risikoexponierung reagieren.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Die Fed, die EZB und der Beinahe-Crash der Banken
Die Spannungen bezüglich der US-Regionalbanken, die SVB-Pleite und die Übernahme der Credit Suisse als Ansteckungspunkt in Europa sind eine indirekte Folge und ein unerwünschter Nebeneffekt im Kampf gegen die Inflation, den Fed und EZB um jeden Preis führen wollten.
Härtetest für die Geldpolitik von EZB und Fed
EZB und Fed wollen die Inflation unbedingt auf das angestrebte 2 Prozent-Ziel zurückführen. Die Geldpolitik bleibt deshalb vorerst restriktiv. Doch: Wann ist der Zeitpunkt erreicht, ab dem weitere Zinsanhebungen der Wirtschaft mehr schaden, als die derzeit erhöhte Inflation?
EZB erhöht zum neunten Mal die Leitzinsen
Die Inflation geht zwar weiter zurück, es wird jedoch nach wie vor erwartet, dass sie zu lange zu hoch bleiben wird. Um das 2 Prozent-Inflationsziel zügig zu erreichen, hat der EZB-Rat daher beschlossen, die drei Leitzinssätze erneut um jeweils 25 Basispunkte anzuheben.
Aktienmarkt mit verhalten positiven Aussichten
Aktieninvestments zeigten sich im Kapitalmarktjahr 2023 ertragreicher als es wohl die meisten erwartet hatten - waren doch die Voraussetzungen zu Jahresbeginn keineswegs rosig. So dürften noch viele Anleger mit nicht ausgelasteten Aktienquoten auf eine günstige Einstiegsgelegenheit warten.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
In der Steuerung des Kreditrisikos liegt ein strategischer Hebel
Protektionismus, Handelskonflikte, geopolitische Risiken – die Unsicherheit an den Märkten bleibt hoch. Passive Kreditstrategien stoßen in diesem Umfeld schnell an ihre Grenzen. Warum gerade aktives Management und ein gezielter Umgang mit Kreditaufschlägen den Unterschied machen können, erklärt Jörg Held, Head of Portfolio Management bei Ethenea.
Mehrheit befürwortet Rüstungsinvestments – Akzeptanz steigt auch bei nachhaltigen Fonds
Private Geldanlagen in Rüstungsunternehmen polarisieren – doch laut aktueller Verivox-Umfrage kippt die Stimmung: 56 Prozent der Deutschen halten solche Investments inzwischen für legitim. Auch nachhaltige Fonds greifen vermehrt zu.
PKV-Initiative „Heal Capital 2“: Neuer Fonds, neue Investoren, neue Start-ups
Digitale Wartung, KI-Zertifizierung, stärkere europäische Vernetzung: Der PKV-Investitionsfonds Heal Capital geht mit neuer Schlagkraft an den Start – und will die digitale Versorgung nachhaltig verändern. Doch welche Start-ups profitieren zuerst?
„Was zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es meistens auch“
Von unseriösen Werbeversprechen bis KI-Euphorie: Im zweiten Teil des Interviews mit Tim Grüger geht es um Trends im Daytrading, die Erwartungen von Kunden und den Kampf gegen Finanz-Fake-News. Plus: Was TradingFreaks für die Zukunft plant – und welchen Rat der Gründer Anfängern mit auf den Weg gibt.
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.