Deutsche Unternehmen sind 2022 mit deutlich höheren Zahlungsausfällen konfrontiert als in den Vorjahren. Nach einer Hochrechnung des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) müssen die Warenkredit- und Kautionsversicherer im laufenden Jahr für Schäden in Höhe von fast 700 Millionen Euro geradestehen – das entspricht einer Steigerung von fast 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
„Wir spüren die toxischen Effekte gleichzeitiger Krisen: Der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation und die pandemiebedingt immer noch angespannten globalen Lieferketten führen dazu, dass das Wachstum in Deutschland schwächelt und die Zahlungsmoral sinkt. In Teilen der Wirtschaft deutet sich ein regelrechter Überlebenskampf entlang der Lieferketten an“, sagt der Vorsitzende der Kommission Kreditversicherung im GDV, Thomas Langen.
Erhöhte Risiken sehen die Kreditversicherer in nahezu allen Branchen: Energieintensive Industrien wie Stahl oder Chemie seien hart und direkt von steigenden Preisen für Öl und Gas betroffen. Gleichzeitig schlage die Inflation auf die Konsumlaune und die höheren Zinsen schaden der Baukonjunktur, so Langen. In der Automobilindustrie erfordere der Strukturwandel hohe Investitionen bei steigen-den Finanzierungskosten, was zu einem immensen Druck in der ganzen Wertschöpfungskette führe.
Zweistellige Wachstumsraten bei Insolvenzen erwartet
Für das kommende Jahr erwarten die Kreditversicherer daher ein zweistelliges Wachstum der Unternehmensinsolvenzen: Es sei ein Anstieg von 15 bis 20 Prozent wahrscheinlich, so Langen. Dann stiege die Zahl von derzeit rund 14.000 auf 16.100 bis 16.800 Insolvenzen. Das sei allerdings keine Insolvenzwelle, sondern eine Normalisierung nach Jahren mit ungewöhnlich wenigen Insolvenzen. Langen erklärt:
Der prognostizierte Anstieg ist kein Horror-Szenario, sondern natürlicher und notwendiger Bestandteil einer funktionierenden Wirtschaft.
Deckungssummen steigen auf fast 590 Milliarden Euro
In dem aktuell schwierigen wirtschaftlichen Umfeld decken die deutschen Kreditversicherer 2022 mit 588 Milliarden Euro höhere Ausfallrisiken als je zuvor (+11 Prozent). Zum Deckungsvolumen der Warenkreditversicherung (510 Milliarden Euro) kommen weitere 78 Milliarden Euro aus Kautionsversicherungen, mit denen die Versicherer Bürgschaften und Garantien zur Verfügung stellen.
Nach Schätzungen des GDV decken die Limite der Kreditversicherer unter anderem rund ein Sechstel der deutschen Ausfuhren und tragen damit auch wesentlich zur Sicherheit der deutschen Exportwirtschaft bei, erläutert die stellvertretende GDV-Hauptgeschäftsführerin Anja Käfer-Rohrbach.
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