Ein Jahr nach der verheerenden Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen haben die deutschen Versicherer trotz vieler Verzögerungen im Wiederaufbau knapp drei Viertel aller Versicherungsfälle abschließen können.
„Für die Schadenregulierung ziehen wir insgesamt eine positive Bilanz, doch jetzt hängt die Regulierung am Tempo des Wiederaufbaus“, sagte Jörg Asmussen, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Insgesamt haben die Versicherer bereits 5 Milliarden Euro der 8,5 Milliarden Euro Gesamtschaden ausgezahlt. In den noch offenen Fällen haben Versicherte vielfach große Teile des Schadens bereits ersetzt bekommen. So gut wie jeder Hausbesitzer, der versichert gewesen sei, habe schnell Geld von seiner Versicherung erhalten, so Asmussen.
Enorme Herausforderung für Versicherer
Insgesamt verzeichneten die Versicherer 213.000 Schadenfälle, davon 40.000 beschädigte Kfz, 54.000 Versicherungsfälle in der Hausratversicherung, 91.000 beschädigte Wohngebäude und 28.000 Firmen, die durch die starken Regenfälle ab dem 14. Juli Sachschäden und Betriebsunterbrechungen meldeten. In den Katastrophengebieten mussten über 2.000 Einfamilienhäuser mit versicherten Schäden jenseits der 100.000 Euro wieder in Stand gesetzt werden. Im Kreis Ahrweiler lag der Durchschnittsschaden bei 210.000 Euro pro Wohngebäude. Das ist der höchste jemals gemessene Schadendurchschnitt bei Wohngebäuden. Im Kreis Euskirchen war jedes vierte Haus beschädigt.
Die Hochwasserkatastrophe sei auch für uns Versicherer eine enorme Herausforderung gewesen, sagte Sabine Krummenerl, Vorsitzende des GDV-Ausschusses Privatkunden. Gleich in den ersten Wochen seien aus ganz Deutschland 16.000 interne und rund 2.500 externe Kräfte wie Gutachter im Einsatz gewesen und konnten so schnell helfen: finanziell, psychologisch und praktisch. Die Hochwasserkatastrophe habe für besonders viele, besonders teure und besonders komplexe Schäden gesorgt.
In jedem vierten Versicherungsfall dauern der Wiederaufbau und Instandsetzung jedoch noch an. In den noch offenen Fällen stehen Instandsetzungen und damit Zahlungen von 3,5 Milliarden Euro aus. Es fehle häufig Material und Handwerkern, sagte Krummenerl.
Konsequenzen für die Zukunft
Als Konsequenz der Hochwasserkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen forderten die Versicherer größere Anstrengungen zur Schadenvermeidung. Asmussen betont:
Eine Pflichtversicherung allein verhindert keinen Schaden. Wenn wir Prävention und Klimafolgenanpassung vernachlässigen, wird der Klimawandel eine Spirale aus steigenden Schäden und steigenden Prämien in Gang setzen.
Deshalb haben die Versicherer schon im Oktober des vergangenen Jahres ein Gesamtkonzept vorgestellt, dass neben einer Ergänzung aller Gebäudeversicherungsverträge mit der sogenannten Elementarschadenversicherung Neubauverbote in hochwassergefährdeten Lagen, bessere bauliche Anpassungen und weniger Versiegelung vorschlägt. Manchmal reiche es, wenn Gebäude nicht ebenerdig, sondern auf einem kleinen Sockel gebaut werden. Den Menschen sei nur langfristig geholfen, wenn Prävention konsequent mitgedacht werde, resümiert Asmussen.
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