Auswirkungen steigender Hypothekenzinsen

Die Zeiten der Niedrigzinsphase sind – zumindest auf absehbare Zeit – vorbei. Die Zinsen für Hypothekenkredite sind zuletzt nach langer Zeit stark gestiegen. Käufer stehen aktuell vor neuen Herausforderungen in Bezug auf ihre Immobilienfinanzierung. Die Zinserhöhung wirkt sich nicht nur auf die Kaufkraft, sondern auch auf die Immobilienpreise aus. Diese Entwicklungen werden bedeutende Folgen für den gesamten Immobilienmarkt haben.

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In den vergangenen Jahren habe die Niedrigzinsphase den Immobilienmarkt regelrecht beflügelt, weiß Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei VON POLL IMMOBILIEN. Denn für viele Käufer sei – neben dem Preisniveau – die Finanzierung über einen Immobilienkredit eine entscheidende Voraussetzung für den Immobilienerwerb. Seit Jahresbeginn sei allerdings am Finanzmarkt ein deutlicher Wandel zu sehen.

So ist die Inflation laut Statistischem Bundesamt im Mai 2022 auf 7,9 Prozent gestiegen – ein Rekordwert seit circa 50 Jahren. Zusätzlich ist auch die wirtschaftliche und politische Lage auf der Welt ein Auslöser für die derzeit steigenden Zinsen. Dabei ist der Zinssatz für Hypotheken zuletzt erstmals seit mehr als zehn Jahren auf circa 3,5 Prozent (bei zehnjähriger Kreditlaufzeit und circa 30 Prozent Eigenkapitalanteil) gestiegen.

Finanzexperten wie Dr. Lucie Lotzkat, geschäftsführende Gesellschafterin bei VON POLL FINANCE, gehen tendenziell davon aus, dass sich die Kreditzinsen angesichts der aktuellen Lage bestenfalls auf dem aktuellen Niveau einpendeln werden – mit den üblichen, leichteren Ausschlägen nach oben und nach unten. Bei einer anhaltenden Inflation sind jedoch weitere Zinssteigerungen wahrscheinlich.

Auswirkungen auf die Immobilienpreise

Durch die Zinserhöhungen auf im Schnitt circa 3,5 Prozent (bei zehnjähriger Kreditlaufzeit und circa 30 Prozent Eigenkapitalanteil) lassen sich bereits erste preisliche Stagnationen am Immobilienmarkt beobachten. Im Vergleich zur Marktsituation vor neun bis zwölf Monaten ergibt sich durch das aktuelle Zinsniveau rein rechnerisch ein Kaufkraftverlust von circa 20 Prozent bis 30 Prozent.

Dazu ein Beispiel: Ein Käufer, der vor einem Jahr eine Immobilie in Höhe von 500.000 Euro bei gleichem Eigenkapitaleinsatz finanzieren konnte, muss für den identischen Kaufpreis nun monatlich durchaus 1.000 Euro mehr aufbringen. Dies kann insbesondere außerhalb der besten Lagen zu einer kleiner werdenden, zahlungskräftigen Käuferklientel führen und sich damit auch auf die Preisentwicklung auswirken. Immobilienexperte Ritter, erwartet jedoch nicht, dass jetzt eine Immobilienblase platzt.:

Zwar werden die Immobilienpreise stagnieren beziehungsweise in gewissen Segmenten teilweise auch stark sinken, allerdings werden sehr gute und stark nachgefragte Mikrolagen weniger betroffen sein. Die Nachfrage nach Wohnraum wird bleiben.

Weiter geht Ritter davon aus, dass ein Nachfragerückgang dagegen bei sanierungsbedürftigen Bestandsbauten in der Zukunft wahrscheinlich sei, mit folglich sinkenden Preisen in diesem Segment. Denn aufgrund neuer gesetzlicher Anforderungen an klimaeffiziente Gebäude und die anvisierte Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien steigen die Finanzierungskosten – zusätzlich verschärft durch Lieferengpässe, Handwerkermangel und generell steigenden Energiekosten.

Gleiches gilt bei Mehrfamilienhäusern, beim Bauträgergeschäft und beim Verkauf von Grundstücken für Neubauten, bei denen Kaufinteressenten und Investoren vermehrt mit Planungsunsicherheiten wegen den zuletzt genannten Punkten konfrontiert werden.

Eigentümer sollten bei einer realistischen Preisfindung daher künftig im Blick behalten, dass die Anzahl der potenziellen Käufer aufgrund steigender Hypothekenzinsen, fehlender Planungssicherheiten, gestiegener Bau- und Sanierungskosten und einer vorsichtigeren Kreditvergabe der Banken sinkt. Deswegen werden künftig auch Interessenten kritischer auf Immobilienangebote schauen.

Erste Reaktionen seitens der Käufer

Immobilienfinanzierungsexperten wie Frau Dr. Lotzkat beobachten auch, dass viele Immobilienkäufer erstaunt sind, wenn sie erfahren, dass ihnen das vor einigen Monaten definierte Kaufpreisbudget nun nicht mehr zur Verfügung steht oder aber zu einer deutlich höheren, monatlichen Belastung führt. Viele Käufer fürchten zudem einen höheren Eigenkapitalanteil bei künftigen Immobilienkäufen. Hier gibt Frau Dr. Lotzkat allerdings Entwarnung, denn der Eigenkapitalanteil muss nicht zwingend steigen.

Der Wunsch nach den eigenen vier Wänden bleibe, weiß Daniel Ritter. Käufer seien aber vermehrt zu Kompromissen und Abstrichen bereit, um sich diesen Wunsch erfüllen zu können – auch aus Angst vor weiter steigenden Zinsen, vor einer zunehmenden Geldentwertung sowie vor mit der Inflation einhergehenden Erhöhungen der Mietkosten.

Prognose für den Immobilienmarkt

Grundsätzlich wird die Konsolidierung dem Markt nicht schlecht tun und der aktuellen Preisspirale der vergangenen Jahre entgegenwirken: Nachfrage und Angebot pendeln sich wieder ein. Immerhin habe in den letzten Jahren ein deutlicher Nachfrageüberhang einem eher geringen Angebot gegenüber gestanden, erklärt Daniel Ritter. Klar sei aber auch, der Markt drehe sich nicht wieder zurück. Denn neben der Zinsentwicklung sei der ökologische Anspruch an energieeffiziente und nachhaltige Immobilien gestiegen und beeinflusse die Preise langfristig. Auch die steuerliche Belastung werde im Hinblick auf die Grundsteuerreform eher steigen.

Und zu guter Letzt: Im Juli 2022 wird die Europäische Zentral Bank (EZB) das erste Mal seit elf Jahren voraussichtlich den Leitzins um 0,25 Prozentpunkte erhöhen. Wird das den Markt dann zusätzlich beeinflussen? Eindeutig vorhersehbar ist das nicht. Denn einerseits haben die Banken eine gewisse Zinserhöhung aus Risikogesichtspunkten bereits vorweggenommen. Andererseits ist der Finanzierungszins nicht direkt an den Leitzins gekoppelt. Ein künftiger Anstieg der Leitzinsen muss daher nicht automatisch auch zu steigenden Finanzierungszinsen führen.

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