Das LG Offenbach urteilte am 27.11.2020 zum Versicherungsfall bei einem sogenannten „Erdfall“ im Rahmen einer Wohngebäudeversicherung zu Gunsten des Versicherers.
Ein Urteilskommentar von Rechtsanwalt Björn Thorben M. Jöhnke, Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte in Partnerschaft mbB
Die Parteien sind Vertragspartner einer Wohngebäudeversicherung. Versichert ist der Erdfall als „Einsturz des Bodens über natürlichen Hohlräumen“. Im Wege von Errichtungsarbeiten auf dem Grundstück der klagenden Versicherungsnehmerin wurde ein 15 Meter langer Hohlraum unter ihrem Wintergarten entdeckt. Die Klägerin ließ diesen Hohlraum auffüllen und verlangt die hierfür erforderlichen Kosten vom Versicherer erstattet. Dieser lehnte das Begehren ab, weil dieser der Ansicht war, dass der Versicherungsfall nicht eingetreten sei.
Die rechtliche Bewertung: Erdfall?
Das LG Offenburg (Urteil v. 27.11.2020 – Az. 2 O 257/19) urteilte zugunsten des Versicherers. Es musste vom LG Offenburg dabei erörtert werden, ob ein Einsturz des Bodens über natürlichen Hohlräumen vorlag. Wichtig ist, dass der Hohlraum natürlich entstanden ist. Aufgrund eines Sachverständigengutachtens wurde geklärt, dass der Hohlraum auf eine im Jahr 1966 betriebene Ziegelwerkfabrik zurückzuführen ist. Somit liegt kein natürlicher Hohlraum, sondern ein menschengeschaffener Hohlraum vor. Zulasten der Versicherungsnehmerin wirkt sich die Erkenntnis des Sachverständigengutachtens aus, denn es lag nachweislich keine natürliche Erdaushöhlung vor. Der Versicherer konnte die Leistung damit zu Recht verweigern.
Fazit und Hinweise
Der Erdfall ist ein gefährliches Ereignis. Für den Versicherungsnehmer ist insbesondere tatbestandlich, dass schadensursächlich eine natürliche Erdaushöhlung vorliegen muss. Eine menschengeschaffene Aushöhlung des Erdbodens ist demnach kein versicherter Erdfall. Wenn Versicherungen Leistungen verweigern, sollte zwingend ein Fachanwalt für Versicherungsrecht konsultiert werden, damit die Ansprüche vollständig geprüft werden.
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