Durch den erneuten Anstieg der Inflation im November stürzt der Realzins für Ratenkredite noch tiefer ins Minus. Das zeigt eine aktuelle Verivox-Auswertung.
Wer sich bei der Bank Geld leiht, zahlt dafür aktuell oft weniger Zinsen, als das Geld zur selben Zeit an Wert verliert. Das zeigt eine aktuelle Verivox-Auswertung. Im November lag der mittlere Zins aller Ratenkredite, die über das Vergleichsportal abgeschlossen wurden, bei 2,99 Prozent und damit deutlich unter der Inflationsrate von 5,2 Prozent. Der Realzins, also die Verzinsung unter Berücksichtigung der laufenden Teuerung, stürzte auf minus 2,1 Prozent – ein neuer Tiefststand.
Bei vier von fünf Krediten ist der Realzins negativ
Der Realzins der über Verivox abgeschlossenen Ratenkredite hat einen neuen Tiefststand erreicht. Während die Inflationsrate im November mit 5,2 Prozent auf den höchsten Stand seit 1992 kletterte, verharrte der mittlere Zinssatz der vermittelten Ratenkredite bei konstant niedrigen 2,99 Prozent.
Ausgewertet wurde der Median-Zins – die Hälfte aller Kund*innen schloss ihren Kredit zu diesem oder einem günstigeren Zinssatz ab. Näherungsweise wird der Realzins oft vereinfacht berechnet, indem die Inflationsrate vom nominellen Zinssatz abgezogen wird – für November ergäbe das gerundet minus 2,2 Prozent. Bei Anwendung der exakten Berechnungsformel errechnet sich ein Realzins von minus 2,1 Prozent.
Vier von fünf Krediten, die Verivox im vergangenen Monat vermittelt hat, wurden zu einem Zinssatz unter 5,2 Prozent und damit zu einem negativen Realzins abgeschlossen. Für Verbraucher bedeutet das: Der Preis, den sie in Form von Zinsen bezahlen müssen, um sich bei der Bank Geld zu leihen, ist niedriger als die laufende Geldentwertung.
Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH, sagt:
Schon seit dem sprunghaften Anstieg der Inflationsrate im Juli kann eine Mehrheit ihren Ratenkredit zu Zinsen unterhalb der laufenden Teuerung abschließen. Durch den deutlichen Anstieg der Inflation im November hat diese historische Ausnahmeerscheinung einen neuen Höhepunkt erreicht.
Über 2.400 Euro Kaufkraftgewinn bei konstanter Inflation
Wie sich negative Realzinsen für Kreditnehmer in der Praxis auswirken, verdeutlicht eine Modellrechnung: Wer zum mittleren Zinssatz von 2,99 Prozent einen Kredit von 15.000 Euro aufnimmt, zahlt bei einer Laufzeit von fünf Jahren insgesamt 16.152 Euro an die Bank zurück.
Allerdings hätte diese Summe bei konstanter Inflation am Ende der Laufzeit nur noch einen Wert von 12.535 Euro. Gemessen an der heutigen Kaufkraft würden Kreditnehmer also 2.465 Euro weniger zurückzahlen, als sie erhalten haben.
Nur bei echtem Finanzierungsbedarf Kredite abschließen
Trotz negativer Realzinsen sollten Verbraucher*innen nur dann einen Kredit aufnehmen, wenn sie ihn wirklich brauchen, rät Oliver Maier. Wer das Geld für größere Anschaffungen frei verfügbar auf dem Konto liegen habe, greife lieber zunächst auf diese Reserven zurück. Schließlich sind die Zinsen für einen Kredit immer noch höher als die Erträge, die das Ersparte auf dem Bankkonto bringt. Zudem kann niemand zuverlässig vorhersagen, wie sich die Teuerungsrate über die gesamte Kreditlaufzeit weiter entwickeln wird.
Zumindest teilweise lässt sich die aktuell sehr hohe Inflation mit Sondereffekten erklären: Als Konjunkturmaßnahme galten vor einem Jahr noch die vorübergehend reduzierten Mehrwertsteuersätze. Dadurch sanken die Verbraucherpreise und dieses niedrigere Preisniveau bildet nun, wo längst wieder die volle Steuer fällig wird, die Basis zur Berechnung der aktuellen Teuerungsrate.
Oliver Maier sagt:
Wenn diese Sondereffekte zum neuen Jahr wegfallen, dürfte auch die Inflationsrate sinken. Doch dass die Teuerungsrate schon bald wieder unter den mittleren Zinssatz für Ratenkredite fällt, ist keineswegs ausgemacht.
Bis es so weit ist, zahlen viele Bankkund*innen für ihren Kredit weniger Zinsen, als das geliehene Geld zur selben Zeit an Wert verliert.
Themen:
LESEN SIE AUCH
Senioren erhalten günstigere Kreditkonditionen
Personen über 65 Jahre erhalten ihr Darlehen im Mittel 11 Prozent günstiger als der Gesamtschnitt aller Kreditnehmer. Auch gewähren Banken Älteren deutlich längere Laufzeiten. Infolgedessen stieg die durchschnittliche Kreditsumme von Senioren deutlich in den letzten fünf Jahren.
Wertverlust auf Sparguthaben in Milliardenhöhe
Inflation frisst Sparzinsen auf – Festgeld-Realzins wieder negativ
Festgeld bringt Sparerinnen und Sparern im Durchschnitt nicht mehr genug Rendite, um die Inflation auszugleichen. Laut einer aktuellen Verivox-Auswertung liegt der Realzins erstmals seit einem Jahr wieder im negativen Bereich. Dennoch gibt es Möglichkeiten, sich gegen den schleichenden Wertverlust zu schützen.
Ratenkreditzinsen steigen über 7 Prozent-Marke
Der Zinsanstieg bei Ratenkrediten hat einen neuen Höhepunkt erreicht. Im Juli stiegen die Zinsen der abgeschlossenen Kredite erstmals seit Beginn der Zinswende über 7 Prozent. Im Vergleich zum Vormonat verteuerten sich Ratenkredite um 5 Prozent und im Jahresvergleich um 65 Prozent.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Solvium löst Fonds vorzeitig auf – Neue Transportlogistik-Beteiligung gestartet
Die Solvium Holding AG wird den 2020 aufgelegten Publikumsfonds „Solvium Logistic Fund One“ vorzeitig auflösen. Trotz der verkürzten Laufzeit um ein bis zwei Jahre soll die angestrebte Zielrendite von mindestens 4,56 Prozent pro Jahr für Anleger erreicht werden.
Multi-Asset-Strategien: Warum Anleihen wieder an Attraktivität gewinnen
Globale Anleihen könnten langfristig attraktive Renditen liefern – eine Entwicklung, die sich auf Multi-Asset-Portfolios auswirken dürfte. Laut Vanguard-Analyst Lukas Brandl-Cheng sprechen mehrere Faktoren für eine stärkere Gewichtung von Anleihen.
Börsenturbulenzen bremsen M&A-Aktivitäten
Die aktuelle Marktlage bleibt volatil: Die jüngsten Börsenturbulenzen verunsichern nicht nur Investoren, sondern dämpfen auch die Dynamik geplanter Fusionen und Übernahmen (M&A). Insbesondere der anhaltende Handelsstreit und mögliche Strafzölle belasten das Investitionsklima.
BaFin warnt: Milliardenverluste durch Turbo-Zertifikate für Privatanleger
Die BaFin-Studien zum Zertifikate-Markt zeigen alarmierende Ergebnisse: Während es keine Hinweise auf systematische Fehlberatung bei Anlage-Zertifikaten gibt, haben Turbo-Zertifikate in fünf Jahren Verluste von 3,4 Milliarden Euro verursacht. Die BaFin will nun strengere Maßnahmen prüfen.