Mit 2,99 Prozent lag der mittlere Zinssatz aller über Verivox abgeschlossenen Ratenkredite im Juli deutlich unterhalb der Inflationsrate. Zum ersten Mal fiel damit auch der Realzins mit minus 0,8 Prozent unter die Null-Prozent-Marke. Ausgewertet wurde der sogenannte Median-Zinssatz – die Hälfte aller Kreditnehmer zahlt diesen oder einen günstigeren Zins. In den kommenden Monaten könnte der Realzins noch tiefer ins Minus rutschen.
Konstant günstige Kreditzinsen trafen im Juli auf eine sprunghaft angestiegene Inflation. Die mittleren Ratenkreditzinsen hielten mit 2,99 Prozent das niedrige Niveau der Vormonate und die Inflationsrate kletterte mit 3,8 Prozent auf den höchsten Stand seit 1993.
Näherungsweise wird der Realzins oft vereinfacht berechnet, indem die Inflationsrate vom Zinssatz abgezogen wird. Das ergibt für Juli gerundet einen Realzins von minus 0,8 Prozent. Mit der exakten Formel errechnet sich ein Realzins von minus 0,78 Prozent.
Insgesamt schlossen im Juli zwei von drei Verivox-Kunden ihr Darlehen zu einem Zinssatz unterhalb der Inflationsrate und damit zu negativen Realzinsen ab.
Dass eine Mehrheit ihren Ratenkredit zu Zinsen unterhalb der laufenden Teuerung abschließen kann, sei eine historische Ausnahmeerscheinung, sagt Oliver Maier, Geschäftsführer der Verivox Finanzvergleich GmbH.
Was das für Kreditnehmer bedeutet, verdeutlicht ein Rechenbeispiel: Wer zum mittleren Zinssatz von 2,99 Prozent einen Kredit von 15.000 Euro aufnimmt, zahlt bei einer Laufzeit von 5 Jahren insgesamt 16.152 Euro an die Bank zurück. Allerdings hätte diese Summe bei konstanter Inflation am Ende der Laufzeit nur noch einen Wert von 13.404 Euro.
Gemessen an der heutigen Kaufkraft würden Kreditnehmer also rund 1.600 Euro weniger zurückzahlen, als sie erhalten haben.
Der Trend dürfte sich weiter fortsetzen
Ein wichtiger Grund für den sprunghaften Anstieg der Inflationsrate im Juli ist der sogenannte Basiseffekt: Um die Konjunktur in der Pandemie anzukurbeln, galten in der zweiten Jahreshälfte 2020 vorübergehend reduzierte Mehrwertsteuersätze, was die Inflation nach unten trieb.
Das geringere Preisniveau vor einem Jahr bildet nun die Basis zur Berechnung der aktuellen Teuerungsrate. Neben diesem Basiseffekt sind die gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise wichtige Inflationstreiber. Oliver Maier prognostiziert:
Der Juli wird nicht der letzte Monat mit negativen Realzinsen gewesen sein. Denn die Zinsen für Ratenkredite werden weiterhin sehr niedrig bleiben und im Laufe der nächsten Monate könnte sich der Trend steigender Inflationsraten sogar noch verstärken.
Die Bundesbank rechnet damit, dass sich die Inflation in Deutschland bis zum Jahresende in Richtung der 5-Prozent-Marke bewegt. Wenn diese Prognose eintrifft, könnte schon bald die Mehrheit aller Onlinekredite zu negativen Realzinsen angeboten werden.
Zu diesem Ergebnis kommt eine weitere Zinsauswertung von Verivox. Wer über das Vergleichsportal Kredite anfragt, erhält meist nicht nur ein, sondern zahlreiche Bankangebote zu ganz unterschiedlichen Konditionen. Neben den Kreditabschlüssen hat Verivox auch die Zinssätze all dieser Kreditangebote ausgewertet.
Im Juli lag der mittlere Zins bei 4,35 Prozent – die Hälfte aller Angebote offerierte diesen oder einen günstigeren Zinssatz. Sollte die Bundesbank mit ihrer Vorhersage einer 5-prozentigen Inflation Recht behalten, könnten die Zinsen also auch in der Breite des Marktes schon bald unterhalb der laufenden Teuerung liegen.
Trotz negativer Realzinsen: Kredite nur bei Bedarf aufnehmen
Trotz negativer Realzinsen sollten Verbraucher*innen nur dann einen Kredit aufnehmen, wenn sie ihn auch wirklich brauchen, sagt Oliver Maier. Wer das Geld für größere Konsumwünsche frei verfügbar auf dem Konto liegen habe, greife lieber zunächst auf diese Reserven zu.
Denn trotz negativer Realzinsen zahlen Verbraucher für einen Kredit immer noch höhere Zinsen, als sie für ihr Erspartes auf Tagesgeld- oder Girokonten erhalten würden. Zudem kann niemand zuverlässig vorhersagen, wie sich die Teuerungsrate über die gesamte Kreditlaufzeit entwickeln wird.
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