Neue Dokumentationspflicht: Der bis zu 50.000,00 Euro OWiG-Irrsinn

Es gibt jetzt ein neues Gesetz für faire Verbraucherverträge (vom 10.08.2021), dies wurde im Bundesgesetzblatt am 17.08.2021 verkündet. 

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Zwei neue gesetzliche Änderungen sind wichtig und zu beachten - ein Beitrag von Rechtsanwalt Stephan Michaelis, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte.

1.Neu ab dem 01.10.2021: Doku der Einwilligung in die Telefonwerbung

Die neuen gesetzlichen Regelungen treten teilweise schon ab dem 01.10.2021 in Kraft. Der Termin steht also unmittelbar vor der Tür und zwischen der Veröffentlichung und dem Inkrafttreten liegen nur ca. 6 Wochen Umsetzungszeit für Sie.

Die für Versicherungsmakler*innen bedeutsamste Änderung ist wohl, dass Sie die vorherige ausdrückliche Einwilligung in die telefonische Kontaktaufnahme in angemessener Form zu dokumentieren und ab Erteilung der Einwilligung oder nach jeder Verwendung dieser Einwilligung 5 Jahre aufzubewahren haben.

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Stephan Michaelis, Rechtsanwalt, Kanzlei Michaelis Rechtsanwälte

Also noch eine weitere neue Dokumentationspflicht, die Versicherungsmakler*innen trifft. Auch hier gilt dann wieder der Grundsatz der „Umkehr der Beweislast“. Sie müssen also beweisen, dass Sie eine Einwilligung dokumentiert haben. Die Beweispflicht entspricht zwar auch schon der jetzigen Rechtslage, nur die überprüfbare Verpflichtung zur Dokumentation ist neu.

Die Konsequenz ist, wenn Sie die Dokumentation nicht vorlegen können, dass dann die Bundesnetzagentur für Telekommunikation ein Bußgeld bis zu 50.000,00 Euro gegen Sie verhängen kann.

Natürlich wird nicht sofort ein Bußgeld in dieser Höhe festgesetzt. Die Höhe des Bußgeldes muss schon im Einzelfall angemessen sein. Aber der finanzielle Rahmen, in welchem die Bundesnetzagentur entscheiden kann, ist groß und kann den „normalen“ Versicherungsvertrieb empfindlich treffen. Lassen Sie uns bitte die normale Ausgangslage noch einmal kurz betrachten:

Als Versicherungsmakler*in haben Sie eine Bestandsbetreuungspflicht gegenüber dem Kunden und den von Ihnen vermittelten Versicherungsvertrag. Als treuhänderähnlicher Sachwalter haben Sie dafür zu sorgen, dass der bei Ihnen im Bestand bestehende Versicherungsvertrag den Wünschen und Bedürfnissen auch fortlaufend entspricht.

Daher gehört es zu Ihren Betreuungsaufgaben, ab und an mit dem Kunden abzuklären, ob der bestehende Versicherungsvertrag noch bedarfsgerecht ist. Diese Abklärung kann natürlich auf ganz unterschiedlichen Wegen erfolgen. In Schriftfort, Textform oder aber auch telefonisch.

Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 19.09.2019 (Az. 15 U 37/19) entschieden, dass Sie auch von Ihrem Bestandskunden eine vorherige ausdrückliche Einwilligung in dem Telefonanruf benötigen. Damit Sie also  normale Betreuungsverpflichtungen unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten erfüllen können, wäre es sicherlich hilfreich, wenn Sie auch mit Ihrem Kunden telefonisch über Veränderungen der Sach-/Rechts- oder Marktlage reden können.

Daher war es schon immer eine klare Empfehlung, dass eine solche ausdrückliche Einwilligung vom Kunden eingeholt und dokumentiert wird. Eine solche Einwilligung können Sie jederzeit einholen.

Es bietet sich aber vermutlich an, dies zum Beispiel im Rahmen des Abschlusses eines Versicherungsmaklervertrages vorzunehmen. Nach der bisherigen Rechtslage waren Sie ohnehin auch schon verpflichtet, selbst den (formlosen) Nachweis zu erbringen, dass Ihnen eine Einwilligung des Kunden vorliegt.

Mit der gesetzlichen Neuregelung des § 7a UWG setzt der Gesetzgeber nun noch einen drauf. Über die bisher bestehende Rechtslage hinaus sind Sie nunmehr verpflichtet, die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Kunden in angemessener Form zu dokumentieren und mindestens 5 Jahre aufzubewahren, je nach zuletzt erfolgter Verwendung dieser Einwilligung.

Nunmehr treffen Sie die Pflichten der Dokumentation, Aufbewahrung und Vorlage, wenn die Bundesnetzagentur als zuständige Verwaltungsbehörde von Ihnen den Nachweis verlangt. Ich betrachte dies als weitere erheblich belastende Maßnahme für die „normale“ Bestandsbetreuung Ihrer Kundenverträge.

Bereits das angesprochene Urteil vom OLG Düsseldorf ist schon sehr merkwürdig, aber unter rechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden. Denn das Gericht vertritt zurecht die Auffassung, dass Sie Ihre Bestandskunden natürlich auch auf postalischem Wege schriftlich kontaktieren könnten. Wollten Sie aber lieber den persönlichen telefonischen Weg gehen, um Ihren Kunden persönlich zu beraten und zu betreuen, dann beachten Sie bitte die neue Dokumentationspflicht.

Von daher könnte auch eine Empfehlung darin liegen, dass Sie bei der Beratung und Vermittlung des Versicherungsvertrages in die Beratungsdokumentation stets die vorherige ausdrückliche Einwilligung aufnehmen. Die Beratungsdokumentation ist dann aber vom Kunden zu bestätigen, was nach der gesetzlichen Regelung nicht erforderlich ist.

Dies könnten Sie beispielsweise mit folgenden Sätzen umsetzen:

  • Einwilligung in die Telefonwerbung
  • Zur Betreuung dieses vermittelten Versicherungsvertrages oder aller weiteren vermittelten Vertragsverhältnisse erhält die Versicherungsmaklerin oder -makler vom Kunden die vorige ausdrückliche Einwilligung in die Telefonwerbung.
  • Die Versicherungsmaklerin oder der Versicherungsmakler ist berechtigt, den Kunden zum Zwecke der Information telefonisch zu kontaktieren und zu beraten.

Der Kunde erklärt hiermit ausdrücklich die Einwilligung in den Telefonwerbung.

Wir weisen noch einmal ausdrücklich darauf hin, dass Sie darlegungs- und beweispflichtig sind und dann Sie eine solche Einwilligungserklärung vom Kunden erhalten haben! Daher wäre es grundsätzlich hilfreich, wenn der Kunde Ihnen seine Einwilligung digital in Textform oder auch schriftlich mitteilt.

Auch eine E-Mail des Kunden, mit welcher er die Einwilligung erklärt, ist natürlich eine ausreichende Form der Dokumentation. Damit Sie es vom Verwaltungsaufwand etwas einfacher haben, halte ich es für umsetzbar, wenn Sie die Einwilligungserklärung des Kunden immer in der Beratungsdokumentation festhalten und auch damit seine Einwilligung in die Telefonwerbung nachweisen können. Bevorzugen würde ich aber die Einwilligung in einem Versicherungsmaklervertrag, weil hier der Kunde zwingend sein Einverständnis erklären muss.

Sollten Sie natürlich noch weitere Informationskanäle nutzen, wie beispielsweise Messenger-Dienste oder E-Mail-Kommunikation, so benötigen Sie natürlich auch für diese Kommunikationswege eine (nachweisbare) Einwilligung des Kunden. (Hierzu gibt es aber noch keine gesetzliche Dokumentationspflicht.)

Daher bietet es sich an, im Rahmen des Abschlusses eines Versicherungsmaklervertrages umfassende Einwilligungserklärungen einzuholen und damit immer eine nachweisbare Einwilligung vorliegen zu haben. Außerdem würde dadurch auch die Beratungsdokumentation nicht mit diesen anderen Themen überfrachtet werden.

Gleichwohl empfinde ich es als Irrsinn, dass Sie von einem Bestandskunden wegen eines gut gemeinten Telefonanrufes (ohne dokumentierte Einwilligung) zur Erfüllung Ihrer Beratungspflicht kostenpflichtig abgemahnt werden können, weil dies als wettbewerbswidrig qualifiziert wird. Neben den Abmahnkosten von fast circa 1.000,00 Euro droht Ihnen auch nunmehr ein empfindliches Bußgeld von der Bundesnetzagentur, wenn Sie einen solchen Nachweis der Dokumentation nicht erbringen können.

Bitte beachten Sie daher zwingend die erste neue gesetzliche Regelung, die ab 01.10.2021 bereits in Kraft tritt.

2. Änderungen im Versicherungsmaklervertrag

Viele bestehende Versicherungsmaklerverträge enthalten die Regelung, dass Ansprüche des Kunden gegenüber dem Versicherungsmakler nicht abtretbar, belastbar oder verpfändbar sind.

Diese Form des Abtretungsverbotes von Ansprüchen gegen den Versicherungsmakler ist durchaus nicht uninteressant. Der Gesetzgeber möchte aber auch diese Möglichkeit ab dem 01.10.2021 unterbinden. Gleichwohl bleiben die bisher bestehenden Versicherungsmaklerverträge mit einer entsprechenden Klausel wirksam. Auch gegenüber dem Verbraucher. Ab dem 01.10.2021 muss jedoch der Versicherungsmaklervertrag nach dem neuen Recht angepasst werden.

Wenn Sie einen Maklervertrag nur für Verbraucher nutzen, wäre die Regelung des Abtretungsverbotes ersatzlos zu streichen.

Nutzen Sie einen Versicherungsmaklervertrag sowohl für Verbraucher als auch für Ihre gewerblichen Kunden, so empfiehlt es sich, direkt hinter der oben genannten Formulierung des Abtretungsverbotes folgende Ergänzung vorzunehmen:

„Diese Regelung findet gegenüber Verbrauchern keine Anwendung.“

Auf diese Weise haben Sie nach wie vor die Möglichkeit, Ihren „einheitlichen Versicherungsmaklervertrag“ sowohl mit Verbrauchern also auch den gewerblichen Kunden zu vereinbaren. Außerdem stellen Sie dann künftig sicher, dass nicht von einem Mitbewerber wegen unzulässiger Vertragsinhalte nach § 308 Nr. 9 BGB abgemahnt zu werden.

Das Abtretungsverbot ist künftig weiterhin gegen Ihren gewerblichen Kunden wirksam. Nur gegenüber Verbrauchern sind Sie nicht berechtigt, dies in Ihren standardmäßigen Maklerverträgen umzusetzen.

Das Gesetz für faire Verbraucherverträge sieht im Übrigen noch weitere gesetzliche Veränderungen vor, die Sie als Versicherungsmakler treffen können. Informieren Sie sich gerne schon jetzt. Die weiteren gesetzlichen Regelungen treten aber erst zum 01.03.2022 in Kraft.

Um Sie heute nicht zu sehr mit Informationen zu überfrachten, werden wir Sie über die weiteren gesetzlichen Änderungen, die Sie im kommenden Jahr erwarten, noch gesondert informieren.

3.Fazit

Bitte dokumentieren Sie aber ab dem 01.10.2021 die ausdrückliche Einwilligung Ihres Kunden in die Telefonwerbung und schließen Sie das Abtretungsverbot gegenüber Verbraucher*innen in Ihren Versicherungsmaklerverträgen aus. Auf diese Weise können Sie jedenfalls den „bis zu 50.000,00 Euro-Irrsinn“ verhindern und haben auch keiner Abmahnungen von Kund*innen, Mitbewerbern oder Verbraucherschutzverbänden zu befürchten.

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