Nach der Veröffentlichung des Eckpunktepapiers zur Übertragung der Aufsicht über die Finanzanlagenvermittler auf die BaFin Ende Juli 2019, ist es um das Vorhaben ruhiger geworden. Dies hat laut dem VOTUM Verband auch gute Gründe:
So soll ein bisher nicht veröffentlichter, auf den 12.September 2019 datierender, Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums für ein Finanzanlagenvermittler-Aufsichtsübertragungsgesetz (FinAnlVÜG) existieren. In diesem werden die allein auf der Ebene der BaFin entstehenden Kosten auf einen einmaligen Erfüllungsaufwand in Höhe 5,2 Millionen und einen jährlich wiederkehrenden Erfüllungsaufwand in Höhe von 38,794 Millionen geschätzt. Hier heißt es: „Bei den Personalkosten entfallen 16,65 Millionen Euro auf den höheren Dienst, 17,627 Millionen Euro auf den gehobenen Dienst und 4,517 Millionen Euro auf den mittleren Dienst.“
Es ist zu hoffen, dass das Bundeswirtschaftsministerium sich mit seinen bereits formulierten Bedenken gegen diese aus der Zeit gefallene Maßnahme zur Steigerung weiterer Bürokratiekosten durchsetzt.
Mit dem Aufbau einer solchen kostenträchtigen zusätzlichen Behördeneinheit ist dem VOTUM Verband zufolge auch nicht einer Verbesserung des Verbraucherschutzes gedient: Es gibt derzeit im Bereich der gewerblichen Finanzanlagenvermittlung keine Missstände oder Skandale, die eine Veränderung des Aufsichtsmanagements zwingend erforderlich machen würden. Weder ist eine flächendeckende Fehlberatung zu beobachten noch ein Anstieg der Beschwerden oder Klageverfahren. Im Gegenteil, die regulativen Maßnahmen durch Umsetzung der MiFID und das Inkrafttreten des Kapitalanlagegesetzbuchs (KAGB) haben zu einer deutlichen qualitativen Verbesserung geführt, zu der insbesondere die nicht bankengebundenen Anlageberater und -vermittler ihren Teil beigetragen haben. Die von VOTUM für die gesamte Branche eingerichtete Schlichtungsstelle für gewerbliche Versicherungs-, Anlage- und Kreditvermittlung hat lediglich Anfragen im geringen zweistelligen Bereich erfasst und diese gelten häufig noch für Vorgänge vor Einführung der FinVermV.
Anders als Banken haben Anlageberater/-vermittler nicht die Berechtigung zum Zugriff auf das Kapital ihrer Kunden. Sie sind insbesondere im Bereich der Investmentfondsvermittlung auf die Kooperation mit einer von der BaFin überwachten Depotbank angewiesen. Der geplante Aufsichtswechsel führt daher zu unnötigen Aufsichts-Doppelungen.
Anlagevermittler müssen auch heute ihre Geschäftspraktiken einmal jährlich von Wirtschaftsprüfern testieren lassen und diese Testate der Aufsicht vorlegen. Diese enge Überwachung jedes einzelnen Vermittlers wird die BaFin als Zentralbehörde mit ausschließlicher Erfahrung in der Institutsüberwachung nicht leisten können. Im Gesetzesentwurf wird daher auch eine Digitalisierung der Kontrolle angekündigt.
Zudem fordert der VOTUM Verband, dass die BaFin eine Art schnelle Eingreiftruppe entwickelt, die das Marktgeschehen nicht nur am Bankenplatz Frankfurt, sondern tatsächlich in jedem Winkel des Internets beobachtet und den dort agierenden Verbrechern schnell das Handwerk legt. Hierfür bedarf es allerdings einer gut ausgebildeten Mannschaft, die auch kurzfristig in der Lage ist, eine belastbare juristische Beurteilung der dubiosen Angebote vorzunehmen und die entsprechende Verbotsverfügung schnell und rechtssicher zu erlassen. Die Staatsanwaltschaften benötigen hier dringend fachliche Zuarbeit. Es kann nicht sein, dass immer erst hohe Millionenschäden entstehen, bevor gehandelt wird.
Wenn man Verbraucherschutz ernstnimmt, dann ist dies der geeignete Ort, um eine gerade hier dringend benötigte Investition im Umfang der beabsichtigten nahezu 40 Millionen Euro im Jahr vorzunehmen.
Da jedoch Fachkräfte nur schwer am Arbeitsmarkt zu finden sind und auch Mittel nicht unbegrenzt zur Verfügung stehen, sollte laut VOTUM Verband die Regierung dringend umdenken und die notwendigen Prioritäten setzen. Bei der Überwachung der bankenunabhängigen Finanzanlagenvermittler bedarf es tatsächlich keiner Veränderung, da Schäden in dem dargestellten Ausmaß tatsächlich nicht zu beobachten sind. Während man hier sinnbildlich plant, zu dem vorhandenen Gürtel auch noch Hosenträger anzulegen, steht man, dort wo die Verbraucher tatsächlich gefährdet sind, ohne Jacke im Regen.
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