Handelt die Hälfte der Online-Versicherer rechtswidrig?

Die Europäische Union möchte die Interessen der Verbraucher im Fernabsatzgeschäft von Versicherungen besser schützen, deshalb hat sie in der Insurance Distribution Directive (IDD) festgesetzt, wie Versicherungsvermittler im bestmöglichen Interesse der Kunden handeln sollen.

(PDF)
MMonitor-Kopf-hinter-Gittern-81091412-FO-ra2-studioMMonitor-Kopf-hinter-Gittern-81091412-FO-ra2-studiora2 studio / fotolia.com

Eine aktuelle Studie von 67rockwell zeigt jetzt allerdings, dass die Umsetzung dieser Regelung in Deutschland nur teilweise gelingt und belegt, dass ein erheblicher Teil der deutschen Versicherer signifikante Probleme hat, die geforderten Standards umzusetzen.

Bis zu 50 Prozent handeln rechtswidrig

Die gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der Fachhochschule Dortmund und Dr. Maximilian Teichler, Rechtsanwalt in einer Kanzlei für Versicherungsmanagement, durchgeführte Studie offenbart, dass etwa 30 Prozent der online vertreibenden Versicherer möglicherweise rechtswidrig handeln.

Tim Braasch, Leiter der Studie und Geschäftsführender Gesellschafter von 67rockwell, dazu:

„Es ist ausgesprochen bedenklich, dass es trotz erheblicher Investitionen in die Digitalisierung nur wenige deutsche Versicherer schaffen, ihren Kunden online eine vollständige und rechtskonforme Antragsstrecke bis zum Produktabschluss anzubieten.“

Im Bereich Komposit-Versicherer, die verschiedene Sparten der Sach- und Unfallversicherungen betreiben, sind es sogar bis zu 50 Prozent. Die Folgen können schwerwiegend sein.

Prof. Dr. Matthias Beenken sagt:

„Versicherer und Vermittler sollten sich darüber im Klaren sein, dass sie sich unter Umständen serienmäßige Probleme ins Haus holen.“

Deutsches und europäisches Recht stimme vor allem in Bezug auf die Frage-, Aufklärungs- und Beratungsanforderungen nicht überein. Das deutsche Recht vermenge Frage-, Aufklärungs- und Beratungspflichten und erwecke den Eindruck, mit einem Beratungsverzicht entfiele auch die Frage- und die Aufklärungspflicht. Diese sind im europäischen Recht jedoch unverzichtbar. Sie werden dort als "Standards für den Vertrieb ohne Beratung" bezeichnet.

Dr. Maximilian Teichler erklärt:

„Dabei lassen sich die Standards für den Vertrieb ohne Beratung laut IDD mit einem durchaus vertretbaren Aufwand umsetzen. Kunden treffen dann bewusstere Entscheidungen und sind enger an das Unternehmen gebunden.“

Als "Königsweg" der Versicherer wird ein Ansatz aus "Beratung und Beratungsverzicht" genutzt. Dem gegenüber steht das von den Vergleichsportalen gewählte Modell aus "Beratung ohne Beratungsverzicht", wobei beide Modelle den Begriff "Beratung" meist nur als Erfüllung der gesetzlichen Fragepflicht verstehen, nicht aber als Beratung im Sinne der IDD.

Tim Braasch erläutert:

„Häufig wird durch das Erstellen eines Beratungsprotokolls über die eigentlich fehlende Beratung hinweggetäuscht. Nur die konsequente Orientierung an Artikel 20 IDD inklusive der obligatorischen Fragen nach Wünschen und Bedürfnissen des Kunden, dem Angebot eines dazu passenden Vertrages inklusive der Begründung sowie die erforderliche Dokumentation schaffen hier die dringend notwendige und gewünschte Rechtssicherheit – sowohl für Kunden als auch für Versicherungsunternehmen und Vermittler.“

(PDF)

LESEN SIE AUCH

Enter-Taste-trauriger-Smiley-29668428-FO-IckeTEnter-Taste-trauriger-Smiley-29668428-FO-IckeTIckeT / fotolia.comEnter-Taste-trauriger-Smiley-29668428-FO-IckeTIckeT / fotolia.com
Marketing & Vertrieb

Online-Abschluss oft ohne Beratung

20 Prozent der Versicherungsunternehmen, die im Internet abschließbare Versicherungen vertreiben, bieten keine Online-Beratung zu ihren Produkten an. Dies ist das Ergebnis einer aktuellen Studie von 67rockwell, die gemeinsam mit Prof. Dr. Matthias Beenken, Professor für Versicherungswirtschaft an der Fachhochschule Dortmund, und Dr. Maximilian Teichler, Rechtsanwalt in einer Kanzlei für Versicherungsmanagement, durchgeführt wurde.
Robotic man cyborg face representing artificial intelligence 3DRobotic man cyborg face representing artificial intelligence 3DRobotic man cyborg face representing artificial intelligence 3D
Assekuranz

KI – eine Chance für die Versicherungswirtschaft

Künstliche Intelligenz als technologischer Entwicklungsschritt, eröffnet der Versicherungswirtschaft viele Chancen. Dafür bedarf es aber geeigneter Regulierungen sowie technologieoffener Kontrollmechanismen. Aktuarinnen und Aktuare können einen wichtigen Beitrag leisten, um KI in der Branche zu etablieren.

Close up glowing light bulbClose up glowing light bulbchones – stock.adobe.comClose up glowing light bulbchones – stock.adobe.com
Auszeichnungen

Innovationspreis der Assekuranz (Ida) mit neuem Konzept

Der Innovationspreis der Assekuranz (IdA) startet mit einem neuem Konzept, Verfahren und Look in die aktuelle Bewerbungsrunde. Die Initiatoren erweitern mit drei neuen Kategorien und einer neu formierten Jury den Raum für Innovationen.

Global network image . Mixed mediaGlobal network image . Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.comGlobal network image . Mixed mediaSergey Nivens – stock.adobe.com
Assekuranz

Branchenaustausch zu neuen BaFin-Anforderungen

Die wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekte bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten verdeutlichen, was von Versicherungsgesellschaften im Rahmen des "Value for Money“ erwartet wird. MORGEN & MORGEN pflegt dazu mit 20 Anbietern einen intensiven Austausch.

Binary code matrix digital internet technology concept on server room background.Binary code matrix digital internet technology concept on server room background.Binary code matrix digital internet technology concept on server room background.
Assekuranz

FIDA-Verordnung: So machen sich Versicherer für Open Insurance fit

Mit der Verabschiedung von FIDA sind in 2025 massive Veränderungen zu erwarten. Versicherer beginnen somit idealerweise schon jetzt sich auf die neue Regulatorik vorzubereiten.

European flag with 500 Euro billsEuropean flag with 500 Euro billsEuropean flag with 500 Euro bills
Assekuranz

BVK plädiert für mehr Unterstützung der Vermittlerinteressen gegenüber der EU

Der BVK empfiehlt die IDD weiterhin nach dem Prinzip der Mindestharmonisierung innerhalb der EU-Staaten auszugestalten. Damit würden den Mitgliedstaaten Freiräume eröffnet, die den jeweiligen nationalen Finanz- und Versicherungsmärkten besser entsprechen.

Mehr zum Thema

OleksandrPidvalnyi / pixabayOleksandrPidvalnyi / pixabay
Assekuranz

Berufsunfähigkeitsversicherung 2025: Neue Rahmenbedingungen stärken Stabilität

Die Berufsunfähigkeitsversicherung bleibt auch 2025 ein stabiler Schutz. Franke und Bornberg analysieren die Entwicklungen des Vorjahres und beleuchten die veränderten Rahmenbedingungen, darunter die Erhöhung des Höchstrechnungszinses und neue Produktanpassungen.

Dr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPVDr. Olaf Schmitz, Vorstandsmitglied für die LebensversicherungFoto: VPV
Assekuranz

VPV Versicherungen: Neuerungen zum Jahreswechsel durch Höchstrechnungszinsanhebung

Mit dem Jahreswechsel bringt die VPV Versicherungen (VPV) umfassende Anpassungen und Neuerungen in mehreren Produktbereichen.

Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: GrokLaut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) verzeichnen Krankenhäuser jedes Jahr etwa 800 bis 1.000 Verletzte, die durch Feuerwerkskörper zu Schaden kommen.Foto: Grok
Assekuranz

Die Risiken der Silvesternacht und der richtige Versicherungsschutz

Die Silvesternacht ist für viele Menschen ein festlicher Höhepunkt, an dem das alte Jahr verabschiedet und das neue mit Feuerwerk und Feierlaune begrüßt wird. Doch der Übergang ins neue Jahr birgt auch Gefahren, die häufig unterschätzt werden.

neelam279 / pixabayneelam279 / pixabay
Assekuranz

Kfz-Versicherung: Preise steigen um 43 Prozent in zwei Jahren

Die Kosten für Kfz-Versicherungen sind in den letzten zwei Jahren massiv gestiegen. Laut Verivox-Kfz-Versicherungsindex zahlen Autofahrer heute 43 Prozent mehr als 2022.

Megan_Rexazin_Conde / pixabayMegan_Rexazin_Conde / pixabay
Assekuranz

BU-Regulierung: Längere Bearbeitungszeiten durch steigende Anträge

Das BU-Leistungspraxisrating 2024 von Franke und Bornberg liefert detaillierte Einblicke in die Regulierungspraxis von zehn Versicherern. Trotz steigender Antragszahlen und längerer Bearbeitungszeiten gibt es Fortschritte.

Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-HauptgeschäftsführerinGDVAnja Käfer-Rohrbach, stellvertretende GDV-HauptgeschäftsführerinGDV
Assekuranz

IT: Versicherer kämpfen mit Nachwuchsproblemen und alten Systemen

Der Fachkräftemangel in der IT trifft die Versicherungsbranche besonders hart. Alte Mainframe-Systeme und fehlender Nachwuchs stellen Unternehmen vor enorme Herausforderungen, hieß es auf dem IT-Jahreskongress des GDV in Köln. Der Rückblick des Branchenverbands zeigt die drängendsten Probleme und mögliche Lösungen.