Photo credit: depositphotos.com
Das Landgericht Kiel (Az. 5 O 128/21) hat am 23.05.2024 entschieden, dass eine Cyberversicherung keine Leistungen erbringen muss, wenn bei Vertragsabschluss wissentlich falsche Angaben gemacht wurden. Das zweite Urteil Deutschlands zu einer Cyberversicherung verdeutlicht einmal mehr die Bedeutung von Risikofragen und unterstreicht, dass die Absicherung von IT-Systemen unter anderem davon abhängt, geeignete Maßnahmen zu ergreifen und aufrecht zu erhalten, um den Zugriff durch Hacker zu vermeiden. Dazu gehören mindestens Firewalls, aktuelle Antivirenprogramme und natürlich das unverzügliche Einspielen von verfügbaren Sicherheitsupdates.
Die Klägerin, eine Holzgroßhändlerin mit 16 Standorten in Norddeutschland, hatte im März 2020 eine Cyberversicherung abgeschlossen. Während des Antragsprozesses wurden unter anderem die Fragen, ob die Arbeitsrechner mit aktueller Antivirensoftware ausgestattet sind und verfügbare Sicherheitsupdates unverzüglich aufgespielt werden mit „Ja“ beantwortet. Aufgrund einer gravierenden Sicherheitslücke erhielten Hacker Zugriff auf das IT-System der Klägerin und konnten Daten „erbeuten“. Die Klägerin musste fast 500.000 Euro aufwenden, um diese Sicherheitslücke zuschließen und die Schadsoftware nachhaltig von ihrem IT-System zu entfernen. Diese Kosten verlangte sie von der Cyberversicherung, worauf diese die Anfechtung des Versicherungsvertrages erklärte.
Zurecht, wie das Landgericht Kiel nunmehr entschieden hat. Entgegen den Angaben im Versicherungsantrag, wurden die entscheidenden Arbeitsrechner mit einer veralteten Software betrieben, für die keine Sicherheitsupdates mehr zur Verfügung gestellt wurden. Außerdem waren diese Rechner auch nicht mit einer aktuellen Antivirensoftware geschützt. Da der betreffende Mitarbeiter der Klägerin im Antragsprozess die Risikofragen ins Blaue hinein gleichwohl mit „Ja“ beantwortet hatte, kam das Landgericht zu dem Ergebnis einer arglistigen Täuschung.
„Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Risikobewertung und die Pflicht der Versicherungsnehmer aber auch der für sie tätigen Versicherungsvermittler, umfassende und wahrheitsgemäße Informationen bereitzustellen.“ so Rechtsanwalt Tobias Strübing der Kanzlei Wirth Rechtsanwälte, „Unternehmen sollten zudem sicherstellen, dass auch nach Abschluss der Cyberversicherung alle Sicherheitsmaßnahmen auf dem neuesten Stand sind, um das Risiko nicht zu erhöhen.“
Themen:
LESEN SIE AUCH
Cyberversicherung: Nur wenige Internetnutzer in Deutschland sind abgesichert
Die meisten Internetnutzer in Deutschland verzichten auf eine Cyberversicherung – trotz wachsender Risiken durch Online-Betrug, Identitätsdiebstahl und Datenverlust, zeigt eine aktuelle Bitkom-Umfrage.
Apotheken im Fadenkreuz: Neue Cybersicherheitsvorgaben der EU
Apotheken tragen eine enorme Verantwortung beim Schutz der Gesundheitsdaten ihrer Kunden. Doch viele alltägliche Handlungen – oft unbewusst – erhöhen das Risiko eines erfolgreichen Angriffs
Black Friday: KI-basierte Betrugswelle im Zahlungsverkehr
Die bevorstehende Black Friday-Saison verspricht nicht nur hohe Umsätze, sondern auch eine Zunahme von KI-gesteuertem Betrug.
Deutsche Unternehmen besorgt über Cyberabwehr: KI als Risiko für Cybersicherheit?
Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen sieht die eigene Cybersicherheit kritisch. Der CrowdStrike-Vorfall und der Einfluss von Künstlicher Intelligenz erhöhen die Besorgnis.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Messenger-Betrug nimmt rasant zu – Revolut fordert harte Maßnahmen von Social-Media-Plattformen
Kriminelle verlagern ihre Aktivitäten zunehmend auf Messenger-Dienste wie WhatsApp und Telegram, zeigt der neue Sicherheitsreport von Revolut. In Deutschland stammt bereits jeder zweite Betrugsfall aus diesen Kanälen. Revolut erhöht den Druck auf Meta & Co. und stärkt zugleich die Sicherheit seiner Kunden mit neuen Schutzfunktionen.
Cybersecurity im Finanzsektor: Persönliche Apps und generative KI als Risiko
Finanzdienstleister stehen zunehmend vor Herausforderungen im Bereich Cybersicherheit. Der aktuelle Threat Labs Report von Netskope zeigt, dass persönliche Apps und generative KI erhebliche Risiken für den Schutz regulierter Daten darstellen. Besonders betroffen sind Finanzunternehmen, die sensible Informationen verwalten und verstärkt ins Visier von Cyberkriminellen geraten.
Cybercrime: Neue Betrugsmaschen setzen Internetnutzer unter Druck
Cyberkriminelle entwickeln immer raffiniertere Betrugsmethoden. Neben Phishing und Schadsoftware gewinnen neue Angriffsformen wie „Quishing“ an Bedeutung. Die finanziellen Schäden für Betroffene steigen.
Cybercrime-Bilanz: 6 von 10 Internetnutzern betroffen
Mehr als die Hälfte der Internetnutzer in Deutschland wurde in den letzten 12 Monaten Opfer von Cyberkriminalität. Besonders häufig: Betrug beim Online-Shopping, Phishing und Schadsoftware.