Mini-Solaranlagen – auch Balkonkraftwerke genannt – sind beliebt. Auch weil die Anschaffung in vielen Städten oder Bundesländern gefördert wird. Doch wie viel Kilowatt dürfen ein Balkonkraftwerk für Mieter oder eine kleine Photovoltaikanlage für Eigentümer erzeugen, damit keine Einkommensteuer dafür anfällt?
Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) erklärt diese Fragestellung und mehr anhand eines Rechenbeispiels.
Umfang der Steuerbefreiung
Eine Einkommensteuerbefreiung gilt grundsätzlich für alle Betreiberinnen und Betreiber installierter Anlagen, deren Nennleistung bei Einfamilienhäusern und Nebengebäuden 30 Kilowatt (peak) beziehungsweise bei Mehrfamilienhäusern 15 Kilowatt (peak) je Wohneinheit nicht übersteigt.
Steuerbefreit sind alle Einnahmen, die durch die Einspeisevergütung, Entgelte von Stromlieferungen an Mieter, Vergütungen für das Aufladen von Fahrzeugen, Zuschüsse sowie Umsatzsteuererstattungen entstanden sind. Ebenso besteht eine Steuerbefreiung, wenn Betreiber/innen - neben der Einspeisung ins Stromnetz - auch Strom für ihre selbstgenutzte Wohnung, Büroräume oder Elektroautos entnehmen.
Größe und Lage der PV-Anlage
Für die steuerliche Beurteilung der Größe einer PV-Anlage ist die Bruttoleistung in Kilowatt (peak) maßgeblich, so wie sie im sogenannten Marktstammdatenregister vermerkt ist. Im Marktstammdatenregister der Bundesnetzagentur sind verpflichtend alle PV-Anlagen, aber auch alle sonstigen Anlagen und Einheiten im deutschen Energiesystem eingetragen.
Für die Steuerbefreiung müssen sich die jeweiligen PV-Anlagen außerdem an, auf oder in einem Gebäude befinden - beispielsweise auf dem Dach oder dem Balkon. Das können auch Nebengebäude wie etwa Garagen, Carports oder Gartenhäuser sein. Ob das Gebäude gleichzeitig Eigentum ist, spielt keine Rolle.
Anlagen auf Freiflächen – wie einer Wiese – sind nicht steuerbefreit. Umgekehrt werden sie aber auch nicht in die objekt- und subjektbezogene Prüfung mit einbezogen.
Objekt- und subjektbezogene Prüfung
Was als "kleinere Anlage" gilt und somit für eine Steuerbefreiung in Frage kommt, hängt laut Schreiben des Bundesfinanzministeriums (BMF) vom 17. Juli 2023 von der Art des Gebäudes ab. 30 Kilowatt (peak) beträgt die Obergrenze bei Einfamilienhäusern sowie Gebäuden ohne Wohnzwecke, also etwa bei Garagengrundstücken oder Gewerbeimmobilien. Bei Mehrfamilienhäusern und gemischt genutzten Immobilien gilt eine Grenze von 15 Kilowatt (peak) pro Wohnung beziehungsweise Gewerbeeinheit. Das ist die sogenannte objektbezogene Prüfung.
Zusätzlich gilt eine Obergrenze von 100 Kilowatt (peak) pro Steuerpflichtiger beziehungsweise Steuerpflichtigem oder Mitunternehmerschaft. Es kann also nicht eine Person mehrere Anlagen mit einer kombinierten Bruttoleistung von 120 Kilowatt (peak) betreiben und dafür eine Steuerbefreiung erhalten. Das gilt auch, wenn die Anlagen auf verschiedenen Grundstücken stehen. Bei einer Überschreitung der Grenze entfällt sofort die Steuerbefreiung für alle Anlagen. Das ist die sogenannte subjektbezogene Prüfung.
Objekt- und subjektbezogene Prüfung müssen beide hintereinander bestanden werden, damit die Steuerbefreiung für die PV-Anlagen greift. Bei unterjährigen Änderungen an bisher nicht steuerbefreiten PV-Anlagen, die durch die Änderungen nun die Anforderungen für eine Steuerbefreiung erfüllen, greift die Steuerbefreiung sofort.
Photovoltaik-Anlage und Mitunternehmerschaft
1. Beispiel: Ehepaar mit PV-Anlage auf Einfamilienhaus
Eine Ehefrau und ein Ehemann betreiben auf ihrem Einfamilienhaus jeweils eine eigenständige PV-Anlage mit einer Bruttoleistung von je 12 Kilowatt (peak). Dann gilt die Steuerbefreiung sowohl für die Ehefrau als auch für den Ehemann. Und auch wenn beide zusammen auf ihrem Haus eine einzelne Anlage mit einer Bruttoleistung von 24 Kilowatt (peak) gemeinschaftlich betreiben, gilt die Steuerbefreiung für die sogenannte Mitunternehmerschaft der Eheleute. Auch diese Anlage ist also steuerbefreit.
Es ist aber auch folgende Situation denkbar: Die Ehefrau betreibt auf dem Dach des Einfamilienhauses eine PV-Anlage mit einer Bruttoleistung von 20 Kilowatt (peak), der Ehemann auf dem Garagendach des Grundstücks eine Anlage mit 45 Kilowatt (peak). Die Anlage der Ehefrau ist steuerbegünstigt, die Anlage des Ehemanns hingegen nicht.
Bei der Frage, ob die 100 kWp-Obergrenze bei der subjektbezogenen Prüfung überschritten wird, wird sowohl die Person als auch die Mitunternehmerschaft jeweils einzeln betrachtet. Das heißt: Wer eine PV-Anlage betreibt, die nach den oben genannten Regeln steuerbegünstigt ist, und parallel an einer Mitunternehmerschaft beteiligt ist, die auch eine PV-Anlage betreibt, dann ist diese Mitunternehmerschaft nicht anteilig bei der Prüfung der 100 kWp-Grenze zu berücksichtigen, und umgekehrt ebenfalls nicht.
2. Beispiel: Unterschiedliche Beteiligungen an verschiedenen Orten
Eine Frau betreibt auf dem Dach ihres Einfamilienhauses eine PV-Anlage mit einer Bruttoleistung von 30 Kilowatt (peak) und auf dem eigenen Ferienhaus an der Ostsee ebenso. Zudem ist sie zu 50 Prozent an sechs Anlagen mit jeweils 15 Kilowatt (peak) beteiligt, die sie zusammen mit ihrem Bruder auf einem Mietshaus mit sechs Wohnungen in Berlin installiert hat – eine Mitunternehmerschaft. Sie bleibt unter der 100 kWp-Grenze, da die privaten Anlagen an Wohnort und Ostsee nicht mit den Anlagen der Mitunternehmerschaft in Berlin zusammengezählt, sondern jeweils einzeln betrachtet werden.
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