Digitalisierung in der Versicherungsbranche? Einmal Buzzword-Bingo, bitte: IT-Sicherheit. Mobile Anwendungen. Omnichannel. Künstliche Intelligenz. Agilität und Transformation. Blockchain und NFT. Wobei: Die tollen Ideen hierzu sind seit dem letzten Platzen der Blase bis zur nächsten Blase eigentlich wieder in der Schublade verschwunden. Was ist also das Gemeinsame an all dem, was mit Digitalisierung in Verbindung gebracht wird?
In diesem Beitrag lädt Sie codecentric ein, gemeinsam einen Schritt zurückzutreten, um hinter die Buzzwords der Digitalisierung zu schauen. Lassen Sie uns Ursachenforschung betreiben und erarbeiten, warum Unternehmen erfolgreiche Digitalisierung unabhängig von technologiegetriebenen Hypes gestalten müssen und es nicht ausreicht, verstaubte Vorgehensmodelle der Softwareentwicklung in neue pseudoagile Gewänder zu kleiden.
Alles bekannt
Wir wollen Sie an dieser Stelle nicht mit den altbekannten Herausforderungen der Digitalisierung in der Versicherungsbranche langweilen. Natürlich hat sich das Kundenverhalten verändert und die Erwartungen unserer Nutzerinnen und Nutzer sind gestiegen. Alles soll schnell, einfach, intuitiv, nahtlos, mobil und omnichannel funktionieren. Es braucht effiziente Prozesse, die Automatisierung von Routineaufgaben, KI-gestützte Lösungen für die Schadenbearbeitung und Risikoeinschätzung und datenbasierte Entscheidungen. Beispielsweise, wenn es darum geht, Aufwand und Verlust gegeneinander abzuwägen, wenn nur noch Rechnungen ab einem bestimmten Betrag geprüft werden sollen.
Die Details sind zwar kompliziert, zum Beispiel bei der Frage, ob ein KI-Modell der neuesten Generation zuverlässig genug für eine Dunkelverarbeitung ist. Dennoch sind diese Themen nicht neu. Wenn die Technologien klar sind, die Methoden durch agile Coaches vermittelt wurden und das Spielfeld der Digitalisierung im Grunde abgesteckt und bespielbar ist, was macht dann das eigentliche Spiel so zäh?
Agilität ist nicht das Problem
Die Entscheidung, sich digitalisieren zu wollen und digitale Produkte mit all den verlockenden Technologien zu entwickeln, die die altbekannten Herausforderungen überwinden („Wir müssen endlich anfangen, uns ernsthaft zu digitalisieren“), ist entgegen der Wahrnehmung in den Unternehmen alles andere als schwer. Die Entscheidung ist der einfachste Teil. Was die Digitalisierung so schwierig macht, ist die Neigung von Organisationen, digitale Produkte mit den Methoden der 80er-Jahre zu entwickeln. Idee, Budget, Spezifikation, Umsetzung, Launch. Das V-Modell sagt Ihnen sicher noch etwas, den Autoren dieses Artikels möglicherweise schon nicht mehr.
Was die Digitalisierung so schwierig macht, ist die Neigung von Organisationen, digitale Produkte mit den Methoden der 80er-Jahre zu entwickeln.
Digitale Produkte werden analog zu klassischen Softwareprojekten gemanagt – nämlich als Projekte. Auch die Garnierung unseres Wasserfallansatzes mit agiler Methodik (zur Effizienzsteigerung) führt eben auch nur zu agilem Projektmanagement, meist mit festem Release-Plan, nur jetzt zerstückelt in zweiwöchentliche Reportings, Sprints genannt, und gespickt mit Retrospektiven, in denen alle ihre Sorgen
loswerden können. Mit echter Business-Agilität hat das wenig zu tun. Wenn aber Agilität in dieser Form unsere Kernprobleme gar nicht löst, bleibt die Frage, wo das Missverständnis liegt. Unsere Erfahrungen in Kundenprojekten führen uns zu der Hypothese, dass der Zweck von Agilität, nämlich die Nutzerinnen und Nutzerzentrierung, völlig außer Acht gelassen wird und in den erwähnten wasserfallartigen Planungen untergeht.
Die Frage ist also: Wozu reduzieren wir unseren Planungshorizont auf einen zweiwöchigen Sprint, wenn wir das Auslieferungsartefakt dann nicht nutzen, um es tatsächlich an Kunden und Kundinnen auszuliefern, um anhand des Feedbacks unseren Plan anzupassen?
Wie eine moderne digitale Produktentwicklung vorhandene Probleme entschärfen oder lösen kann, lesen Sie im 2. Teil Moderne digitale Produktentwicklung als Lösung unserer Serie. Und welche Stadien ein Unternehmen durchläuft und inwieweit davon die Rolle externer Partner betroffen ist, lesen Sie im 3. Beitrag der Reihe Enablement wird wichtiger als Umsetzungskompetenz.
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