In Deutschland entstehen immer noch Häuser in hochwassergefährdeten Zonen, zeigt eine Auswertung der Versicherer. Ihr Anteil an allen neuen Wohngebäuden ist seit 2000 sogar leicht gestiegen.
In Überschwemmungsgebieten wird nach wie vor zu viel neu gebaut. In Deutschland sind seit dem Jahr 2000 rund 2,7 Millionen neue Wohngebäude entstanden – über 32.000 davon in Überschwemmungsgebieten. Pro Jahr kamen also etwa 1.000 bis 2.400 neue Wohngebäude in den Risikogebieten hinzu.
Das geht aus Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hervor. Datenbasis ist das Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo). Damit können Versicherer für jedes Gebäude die Hochwassergefährdung abschätzen. Insgesamt liegen in Deutschland rund 338.000 Wohngebäude in hochgefährdeten Überschwemmungsgebieten. GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen erklärt:
Wir sind der Meinung, dass in Überschwemmungsgebieten grundsätzlich nicht neu gebaut werden sollte.
Tatsächlich sei aber der prozentuale Anteil neuer Wohngebäude in Überschwemmungsgebieten in den vergangenen 23 Jahren gestiegen, berichtet Asmussen. Vor diesem Hintergrund plädiert der GDV für eine Anpassung des Bau- und Planungsrechts. Denn nur durch klimaangepasstes Bauen können, nach Auffassung des GDV, die volkwirtschaftlichen Schäden der Zukunft durch Klimaänderungen und Extremwetterereignisse verringert werden.
Aus Sicht der Versicherer berücksichtigen die geltenden Bauvorschriften in Deutschland die Auswirkungen des Klimawandels und seine Folgen bislang nicht. Daher fordert der Verband, dass das Schutzziel „Klimaangepasstes Bauen“ in die Baugesetzgebung aufgenommen wird. Bestehende Gebäude sollten zudem durch präventive Maßnahmen gegen Überschwemmung und Starkregen geschützt werden, so der GDV in seinem Positionspapier.
Mit Prävention Schäden vorbeugen
„Prävention und Klimafolgenanpassung sind der Dreh- und Angelpunkt, damit Schäden durch Naturkatastrophen und damit Versicherungsprämien finanziell nicht aus dem Ruder laufen“, sagt Asmussen. Die Versicherungswirtschaft setzt sich daher für ein Gesamtkonzept aus Prävention, Klimafolgenanpassung und Versicherung ein.
Es sieht vor, alle Wohngebäude rundum gegen Naturgefahren zu versichern. Dafür würden bereits geschlossene Gebäudeversicherungen von einem Stichtag an automatisch auf Elementarschutz umgestellt, sofern Kunden nicht widersprechen. Dafür braucht es eine gesetzliche Grundlage. Neue Verträge schließen den Schutz ohnehin ein.
Risiken von Naturgefahren erkennen
Neben einer Elementarschadenversicherung sind Aufklärung und Prävention wichtige Bausteine zur Vermeidung von Schäden. Der GDV stellt daher mit dem Naturgefahren-Check eine Onlineplattform zur Verfügung, mit der nach Postleitzahlengebieten überprüft werden kann, welche Schäden Unwetter in der Vergangenheit verursacht haben.
Details zur Gefährdung durch Flusshochwasser liefert darüber hinaus der Hochwasser-Check. Auch bei ihrem Wohngebäudeversicherer können Hausbesitzer jederzeit erfragen, wie hoch das Überschwemmungsrisiko ihres Gebäudes ist.
Unabhängig vom Versicherungsschutz rät der GDV potenziellen Bauherren, den Überschwemmungsschutz gleich mitzudenken und notwendige Schutzmaßnahmen einzuplanen. „Wasser braucht Raum. Beim Bauen sollte deshalb eine geringfügige Überflutung des Grundstückes mit eingeplant werden und es sollten Flächen erhalten bleiben, auf denen Wasser versickern kann“, sagt Asmussen. Auch bereits bestehende Gebäude können nachgerüstet werden, etwa durch Aufkantungen vor Kellertreppen oder den Einbau wasserdichter Fenster.
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