Resturlaub bei Jobwechsel

Die Anzahl der Berufstätigen, die über einen Jobwechsel nachdenken, ist in den letzten Jahren gestiegen. Laut einer Forsa-Studie vom Januar 2022 ist jeder Vierte offen für einen neuen Job oder hat bereits konkrete Schritte in die Wege geleitet. Wer seine Stelle dann tatsächlich kündigt, steht vor vielen rechtlichen Fragen.

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Resturlaube bei JobwechselResturlaube bei JobwechselERGO Group

Was passiert zum Beispiel mit dem Resturlaub, wenn Arbeitnehmer den Arbeitgeber wechseln? Antworten hat Michaela Rassat, Juristin der ERGO Rechtsschutz Leistungs-GmbH.

Urlaubsanspruch: Zeitpunkt der Kündigung entscheidend

Gründe für einen Jobwechsel gibt es viele: Verbesserung des Gehalts oder der Work-Life-Balance, Interesse an einem anderen Aufgabengebiet oder Unzufriedenheit mit Führungskräften sind nur einige davon. Fällt die Kündigung nicht gerade auf den Jahreswechsel, haben viele ihren Jahresurlaub noch nicht vollständig genommen. Was passiert also mit den restlichen Tagen? „Auf wie viele Urlaubstage Arbeitnehmer noch Anspruch haben, hängt vom Zeitpunkt der Kündigung ab“, erklärt Michaela Rassat.

§ 5 Bundesurlaubsgesetz legt fest, dass bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni Mitarbeitern pro Beschäftigungsmonat anteilig der Jahresurlaub in Höhe von einem Zwölftel zusteht. Das bedeutet konkret: „Wer beispielsweise im laufenden Jahr drei Monate beschäftigt war, hat Anspruch auf drei Zwölftel seines Jahresurlaubs“, so die ERGO Juristin.

Endet das Arbeitsverhältnis hingegen erst in der zweiten Jahreshälfte, steht Beschäftigten bei ihrem alten Arbeitgeber der vollständige gesetzliche Jahresurlaub zu. Voraussetzung in beiden Fällen: Das Arbeitsverhältnis bestand mindestens sechs Monate. Denn erst nach Ablauf dieser sogenannten Wartezeit entsteht der volle Urlaubsanspruch.

Urlaub ausbezahlen lassen?

Wer noch Anspruch auf Urlaubstage von seinem bisherigen Arbeitgeber hat, aber nicht die Möglichkeit, die verbleibenden Tage auch zu nehmen, kann sich den Resturlaub ausbezahlen lassen. Wie hoch die sogenannte Urlaubsabgeltung ausfällt, hängt vom durchschnittlichen Bruttolohn der letzten 13 Wochen ab. Dieser wird durch die Zahl der Arbeitstage in diesem Zeitraum geteilt und dann mit den Urlaubstagen multipliziert. Für Arbeitnehmer wichtig zu wissen:

Wer beim alten Arbeitgeber schon den vollen Jahresurlaub genommen oder dafür Urlaubsabgeltung erhalten hat, hat beim neuen Arbeitgeber in dem Jahr keinen Anspruch mehr auf freie Tage“, erläutert die ERGO Juristin. Aber auch hier gibt es Ausnahmen: „Sind im neuen Arbeitsvertrag mehr Urlaubstage vereinbart als beim alten Arbeitgeber oder wurde eine andere Regelung getroffen, kann der Arbeitnehmer unter Umständen trotzdem noch Urlaub nehmen.

Übrigens: Der neue Arbeitgeber muss erst dann Urlaub gewähren, wenn ihm ein Nachweis darüber vorliegt, wie viel Urlaub der Arbeitnehmer in diesem Jahr schon beim früheren Arbeitgeber genommen hat oder sich hat abgelten lassen. Der frühere Arbeitgeber ist daher verpflichtet, eine sogenannte Urlaubsbescheinigung zu erstellen. Wer beim neuen Arbeitgeber Urlaub beantragt, obwohl sein Jahresurlaub schon beim alten Betrieb vollständig aufgebraucht war, riskiert eine Kündigung.

Urlaub mitnehmen?

Beschäftigte, die sich ihren Urlaub nicht ausbezahlen lassen wollen, können die Tage auch auf das neue Arbeitsverhältnis übertragen lassen. „Um sogenannte Doppelansprüche zu vermeiden, benötigen sie dann ebenfalls eine Bescheinigung von ihrem alten Arbeitgeber über die bereits genommenen Urlaubstage“, so Rassat. Um dieses Dokument sollten sich Arbeitnehmer also rechtzeitig kümmern. Die ERGO Juristin weist außerdem darauf hin, dass bei einem Jobwechsel zum Jahresende übrige Urlaubstage nicht zum neuen Arbeitgeber mitgenommen werden können.

Urlaub bereits genommen?

Eine Frage bleibt noch offen: Was passiert, wenn Arbeitnehmer ihren gesamten Jahresurlaub bereits genommen haben und dann die Arbeitsstelle im ersten Halbjahr wechseln? „Das Problem ist: In diesem Fall haben sie mehr Urlaub genommen, als ihnen eigentlich zusteht“, erklärt die Rechtsschutzexpertin von ERGO. Laut § 5 Abs. 3 des Bundesurlaubsgesetzes müssen Angestellte das Urlaubsentgelt, also das während des Urlaubs weitergezahlte Gehalt, dann nicht zurückzahlen – so lange sie sich die Urlaubstage nicht arglistig erschlichen haben. Die Beweislast hierfür liegt beim Arbeitgeber. Eine andere Rechtslage kann je nach Arbeitsvertrag für bereits gezahltes Urlaubsgeld gelten: Dieses kann der alte Chef unter Umständen anteilig zurückfordern.

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