Der Staat entlastet die Deutschen mit Angeboten wie dem 9-Euro-Ticket. Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) zeigt, dass die Inflationsrate ohne staatlichen Einfluss zwei Prozentpunkte höher wäre. Die Maßnahmen haben allerdings ihren Preis.
In Deutschland regelt üblicherweise der Markt die Preise: Was knapp und nachgefragt ist, ist teurer als Waren und Dienstleistungen, die im Überfluss da sind. Doch es gibt auch Ausnahmen: Der Staat stellt Güter bereit, für die das nicht gilt. Dazu zählen beispielsweise Museen und Bibliotheken, Kitas und Schulen, Bahn und Post, Wasserversorgung und Müllentsorgung, Pflege- und Krankenhausdienstleistungen. Insgesamt machen die staatlichen Güter 12,5 Prozent des Warenkorbs aus, mit dem die Inflation ermittelt wird.
Weil diese Preise sich nicht frei bewegen, dämpfen sie die Inflation – das allgemeine Preisniveau wird also durch den Staat herabgesetzt. Während die Preise, auf die der Staat einen Einfluss hat, zuvor wenig schwankten, wurden sie im Juni so stark gesenkt wie nie zuvor. Nach IW-Auswertungen läge die Inflation ohne solche staatlichen Eingriffe um zwei Prozentpunkte höher. Die Wissenschaftler beziehen sich dabei auf den sogenannten harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI), der zuletzt bei 8,2 Prozent lag.
Mit 9-Euro-Ticket gegen Inflation
Vor allem Entlastungen wie das 9-Euro-Ticket dürften dabei ausschlaggebend sein: Der Personenverkehr hat einen großen Anteil am Warenkorb, mit dem die Inflation berechnet wird. Der deutsche Sondereffekt zeigt sich auch im EU-Vergleich: Nur Malta, Frankreich und Finnland verzeichneten zuletzt geringere Inflationsraten. Der EU-Schnitt lag im Juni bei 9,6 Prozent, Spitzenreiter Estland kommt sogar auf eine Inflation von 22 Prozent.
Preise dürften künftig stark steigen
Die Entlastungen haben allerdings ihren Preis: Maßnahmen wie das 9-Euro-Ticket sorgen nicht nur für einen hohen Verwaltungsaufwand. Die Verkehrsbetriebe und die Bahn gehen davon aus, dass der staatliche Ausgleich ihre Kosten nicht abdeckt. Zusammen mit den steigenden Energiepreisen könnte das dazu führen, dass ab September nicht nur die Ticketpreise steigen, sondern auch die Inflation. „Kurzfristig ist es natürlich erfreulich, dass die Inflation nicht noch stärker steigt“, sagt Studienautorin Melinda Fremerey. „Allerdings sind solche Entlastungen keine langfristigen Lösungen. Um die Inflationseffekte zu dämpfen, sind gezielte Entlastungen und Einmalzahlungen wie die Heizkostenpauschale der richtige Weg.”
Themen:
LESEN SIE AUCH
Zinserhöhung in Großbritannien erscheint unvermeidlich
Israel/Iran-Konflikt: „Märkte unterschätzen geopolitische Risiken“ - Warnung vor Eskalation und Preisauftrieb
Der Angriff Israels auf den Iran hat die Finanzmärkte in eine Fluchtbewegung versetzt. Doch für Mark Dowding von RBC BlueBay Asset Management ist dies nur ein Vorgeschmack: Steigende Ölpreise, anhaltender Handelskonflikt und eine unterschätzte Inflation könnten bald stärker durchschlagen. Was Anleger jetzt beachten sollten…
Nebenkostenabrechnung 2024: Was zählt – und was nicht
Die Abrechnung der Betriebskosten für 2024 fällt für viele Mieter höher aus als erwartet – trotz sinkender Energiepreise. Warum das vergangene Jahr kein fairer Vergleichsmaßstab ist.
EZB senkt Leitzins um 25 Basispunkte – Experten uneins über die Auswirkungen
Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Leitzins erneut gesenkt und setzt damit ihren Zinssenkungskurs fort. Während einige Experten die Maßnahme als erwarteten Schritt bewerten, warnen andere vor möglichen Risiken für Inflation und Kapitalmärkte.
Unsere Themen im Überblick
Themenwelt
Wirtschaft
Management
Recht
Finanzen
Assekuranz
Radar Live als zentrale Pricing-Plattform: ERGO Österreich setzt auf Echtzeit-Tarifierung
Die ERGO Versicherung AG in Österreich hat die Pricing-Plattform Radar Live des Beratungs- und Softwareunternehmens WTW eingeführt. Künftig dient die Lösung als zentrales System für die Prämienkalkulation im Kraftfahrtgeschäft.
Risikomanagement unter Druck: Unternehmen erwarten Engpässe bei Sach- und Cyberdeckungen
Ob Kriege, Handelskonflikte oder Cyberattacken: Die Liste globaler Risiken wird länger – und stellt Unternehmen wie Versicherer vor neue Herausforderungen. Beim diesjährigen Risk Summit von Willis Towers Watson (WTW) diskutierten mehr als 60 Risikoverantwortliche aus mittelständischen und großen Unternehmen über ihre größten Sorgen. Besonders brisant: Die Befragten erwarten 2025 spürbare Kapazitätsengpässe in der Versicherungsbranche.
ERGO fusioniert nordische Gesellschaften zu ERGO Forsikring A/S
Die ERGO Group AG hat ihre Geschäftseinheiten in Dänemark und Norwegen unter dem gemeinsamen Dach der ERGO Forsikring A/S zusammengeführt. Mit dem Zusammenschluss der dänischen Reiseversicherung Europæiske Rejseforsikring A/S und der norwegischen Krankenversicherungsgesellschaft ERGO Forsikring AS verfolgt ERGO das Ziel, die Marktposition in Skandinavien zu stärken.
Privates Kapital für Europa: Versicherer unterstützen Pläne für EU-Label
Die EU will privates Kapital mobilisieren – mit einem neuen Label für Finanzprodukte. Doch was genau steckt dahinter, und warum setzen Versicherer dabei auf die Lebensversicherung?
Die neue Ausgabe kostenlos im Kiosk
Werfen Sie einen Blick in die aktuelle Ausgabe und überzeugen Sie sich selbst vom ExpertenReport. Spannende Titelstories, fundierte Analysen und hochwertige Gestaltung – unser Magazin gibt es auch digital im Kiosk.