Insurtechs brauchen moderne Technologie: Altsysteme endlich ablösen

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Neue Versicherer, Assekuradeure und Insurtechs drängen auf den Markt, gehen in Konkurrenz mit den Branchengrößen und punkten mit intelligentem Portfolio und innovativen Geschäftsfeldern: In der Versicherungsbranche tut sich einiges. Die Zeiten sind dynamisch und alte Herangehensweisen werden der neuen Generation der Versicherungsnehmer nicht mehr gerecht. Die Anbieter müssen sich hier auf die Erwartungen und Wünsche immer jüngerer Kunden einstellen. Das gelingt nur mit Systemen und Technologien, die skalierbar ist und ein hohes Automationspotenzial ermöglichen.

Ein Beitrag von Matthias Strauch, Vorstandsvorsitzender/CEO INTERVISTA AG

Neue Bedürfnisse, gestiegene Anforderungen: Die Versicherungsnehmer von heute unterscheiden sich stark von den Vorgängergenerationen. Sie bringen eine hohe digitale Affinität mit, wurden geprägt von der Kommunikation auf Social Media und der Performance von digitalen Konzernen wie Amazon. Diese erwarten sie auch von ihren Dienstleistern – etwa prompte Zahlung, sofortige Bestellbestätigung und schnellstmögliche Lieferung. Dazu kommt: Sie lehnen langfristige, vertragliche Bindungen ab, wollen maximale Flexibilität. Das erfordert Versicherungsprodukte, die schnell und unkompliziert abgeschlossen werden können und die keine starren Korsette, sondern eher Lifestyle-Produkte sind. Produkte, die einfach zu verstehen und transparent sind – und bei Bedarf auch folgenfrei zu revidieren.

Damit Versicherungen dem gerecht werden können, brauchen sie die entsprechenden Systeme: Diese müssen reaktionsfähig und interaktiv sein, um das veränderte Kundenverhalten abdecken zu können. Das kann nur ein eventbasiertes Bestandsführungssystem leisten. Es reagiert auf Impulse, die vom Kunden ausgelöst werden – etwa eine Anfrage über ein Formular oder direkt ein Vertragsabschluss via Smartphone. „Roboter“ (RPA) prüfen die Verträge. Da die Plattform darüber eigenständige Entscheidungen treffen kann und immer zur Verfügung steht, sind eine schnelle Reaktion und kurze Bearbeitungszeiten möglich. Bei der Meldung zum Beispiel eines Schadensfalles führt das System den User durch die Eingaben. Das Event wird nach Priorität verarbeitet und entsprechend schnell liegt eine Antwort vor: Wer etwa ein Versicherungsupgrade bucht, hat die Police sekundenschnell im Emailpostfach liegen, Erstattungen können via Foto eingereicht und automatisiert geprüft und überwiesen werden – im Idealfall sogar unter einer Minute Bearbeitungs- und Überweisungszeit.

Ein solches System kann durch seine hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit deswegen auch Impulskäufe rechtssicher abdecken: Der Kunde gibt seine Daten ein und wählt den Wunschtarif aus. Das System validiert die Eingaben sekundenschnell, es erfolgen bei Bedarf neben Plausibilitätschecks auch Risk-Managementprüfungen wie einer Zuordnung zu White- oder Blacklist, Fraud-Pools, Auskunfteien wie Schufa sowie Scoringunternehmen wie die Crefo. Das System gewichtet und trifft die Entscheidung: Fällt sie positiv aus, kann der Vertrag abgeschlossen werden. Zentral für diese automatisierte Bearbeitung ist immer die Validierung der Daten. Der Mehrwert entsteht durch ihre Plausibilisierung – das Ziel muss immer eine geringe Nachbearbeitungsquote und damit eine hohe, vom Prozess generierte Datenqualität sein. Es gibt Systeme, die tatsächlich eine Quote von 99 Prozent Abschlüsse ohne Nachbearbeitung erreichen können.

Automatisierung, eine saubere Prozesssteuerung und Kundeninteraktion: Alte, heterogene Systeme, Insellösungen und die klassische Versicherungsbestandsführung als Dialogsystem mit Stapelverarbeitung können das nicht mehr leisten. Es reicht nicht mehr, Daten nacheinander abzuarbeiten – abhängig vom Sachbearbeiter, von manuellen Eingaben und Prüfungen. Die Altsysteme brauchen zu lange und verursachen einen zu hohen Aufwand. Im Ergebnis muss der Kunde warten – etwa, wenn Wochen vergehen, bis er seine Police vorliegen hat oder bis die Erstattung überwiesen wurde. Versicherer brauchen also nicht nur ein modernes Tool, sondern auch einheitliche Systemlandschaften. Denn ein homogenes System sorgt für mehr Effizienz und senkt die laufenden Kosten. Sinnvoll ist auch eine zentrale Plattform im Vertrieb, auf der alle Abschluss-Strecken und Verträge gebündelt werden. Das erlaubt eine individuelle Konfiguration aller Produkte. Idealerweise ist diese Plattform auf die Bedürfnisse von Versicherungen zugeschnitten. Als Portal stellt sie dann für alle Vertriebskanäle digitale Antragsstrecken für konfigurierbare und vertragsbasierte Produkte zur Verfügung.

Beratung mit Sales-App

Übrigens: Eine persönliche Beratung liegt nach wie vor im Trend. Zeitgemäß muss sie nicht unbedingt vor Ort beim Kunden erfolgen – eine intelligente Lösung stellt dann eine browserbasierte Sales-App dar. Der Berater kann darüber seinen Bildschirm teilen und so Informationen bereitstellen. Der Antrag kann gemeinsam auf der Web-Oberfläche ausfüllt werden: Tarifauswahl und Konditionen werden festgelegt und die Eingaben vom System direkt geprüft. Der Abschluss wird dem Kunden als Bestelloption zur Vertragsunterzeichnung online zur Verfügung gestellt: Er prüft und bestätigt das Angebot bzw. kann es über eine gekoppelte, digitale Abschlussstrecke finalisieren. Eine händische Unterschrift ist bei einem voll elektronischen Verfahren nicht mehr notwendig. Der Vorteil einer Browser gestützten Sales-App: Sie läuft unabhängig von Gerät und Betriebssystem und da personenbezogene Daten zentral im System des Softwareherstellers gespeichert werden, können Daten nicht verloren gehen, während gleichzeitig der Aufwand für die Geräteverwaltung sinkt. Eine Sales-App ist damit Teil einer ganzheitlichen Digitalisierungsstrategie. App und System verbessern den Kundenservice und versetzen Versicherungen in die Lage, ihre Produkte nicht nur schnell zu launchen, sondern auch stets zu optimieren.

Fazit

Die Anforderungen an Kommunikation und Dienstleistung in der Versicherungsbranche steigen – eine Folge der neuen Generation von Versicherungsnehmern, die andere Prioritäten haben. Versicherer brauchen deswegen moderne Systeme für Bestandsführung und Vertrieb, um schnell und flexibel reagieren zu können, den Kunden abzuholen und mit ihm im Austausch zu bleiben. Eine intelligente Lösung ist skalierbar, anpassbar und in der Lage, die hohen rechtlichen Auflagen abbilden zu können.