Der letzte Wille: Wenn eine Immobilie Teil des Nachlasses ist, kann das die Hinterbliebenen vor einige Herausforderungen stellen. Denn geerbtes Immobilieneigentum ist mit hohem Aufwand und einigen Kosten verbunden. Generell muss in Deutschland das Erbe – wie jedes Einkommen – versteuert werden. Wann die Erbschaftssteuer fällig wird und wie hoch der Steuersatz ausfällt, hängt allerdings nicht nur von der Höhe des Erbes, sondern auch vom Verwandtschaftsgrad zwischen dem Erblasser und seinen Erben ab.
Was es bei der Erbschaftssteuer alles zu beachten gibt, erklären die Experten der VON POLL IMMOBILIEN.
Erbschaft und Schenkungen seien in Deutschland steuerpflichtig – so sehe es das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) vor, erklärt Tim Wistokat, LL.M., Rechtsanwalt und Head of Legal Department bei VON POLL IMMOBILIEN. Allerdings gebe es auch Ausnahmen, denn die Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer sei nur dann fällig, wenn der geerbte oder geschenkte Betrag beziehungsweise Wert den jeweiligen Freibetrag übersteige. Je nach Verwandtschaftsgrad könne der Freibetrag höher oder geringer ausfallen.
Freibetrag nach Verwandtschaftsgrad
Grundsätzlich gilt: Je enger der Erbe mit dem Erblasser verwandt ist, desto höher fällt der Freibetrag aus. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner profitieren vom höchsten Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro. Den nächst höheren Freibetrag erhalten die Kinder beziehungsweise Stiefkinder des Erblassers – sie können bis 400.000 Euro steuerfrei erben. Das gleiche gilt für die Enkel – sofern die Kinder des Erblassers bereits verstorben sind. Ansonsten steht Enkeln ein Freibetrag in Höhe von 200.000 Euro zu. Ebenfalls berücksichtigt werden Urenkel sowie die Eltern des Erblassers – sie profitieren von einem Freibetrag von 100.000 Euro. Alle übrigen Erben, die nicht beziehungsweise entfernt mit dem Erblasser verwandt sind, können 20.000 Euro steuerfrei erben.
Neben dem Freibetrag werde Ehepartnern, eingetragenen Lebenspartnern und Kindern ein zusätzlicher Versorgungsfreibetrag gewährt – sofern sie auf die finanzielle Unterstützung des Verstorbenen angewiesen gewesen seien. Dabei werden eventuelle Versorgungsbezüge wie etwa Witwenrente, eine Pension oder Waisenrente vom Versorgungsfreibetrag abgezogen, erläutert Rechtsexperte Wistokat. Zu beachten sei, dass der Versorgungsfreibetrag nur im Falle einer Erbschaft berücksichtigt werde, nicht aber bei einer Schenkung.
Steuerklassen bei der Erbschaftssteuer
Wenn das Erbe den jeweiligen Freibetrag überschreitet, muss der restliche Betrag versteuert werden. Dabei ist die Höhe der Erbschaftssteuer abhängig von der Höhe der Erbschaft sowie von der individuellen Steuerklasse. Unterschieden wird zwischen drei Steuerklassen. Wie auch beim Freibetrag profitieren enge Verwandte von günstigeren Steuersätzen.
Für Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder, Stiefkinder und weitere enge Verwandte gilt der geringste Steuersatz in der Steuerklasse eins. In der Steuerklasse zwei bekommen entferntere Verwandte die zweitgünstigsten Steuersätze. Davon profitieren unter anderem Geschwister, Stiefeltern, Schwiegereltern und Schwiegerkinder, aber auch geschiedene Ehegatten. Am höchsten fallen die Steuersätze in Steuerklasse drei aus, diese gilt für alle übrigen Erben, die in keinem Verwandtschaftsverhältnis zum Erblasser stehen.
Erbschaftssteuer bei Immobilien sparen
In Bezug auf Immobilien gibt es bei der Erbschaftssteuer einige Ausnahmen. Unter Einhaltung einiger Bedingungen ist es möglich, die zuvor vom Erblasser selbst bewohnte Immobilie steuerfrei an die Kinder, den Ehepartner beziehungsweise eingetragenen Lebenspartner zu vererben. Dazu muss der Erbe innerhalb von sechs Monaten nach Erhalt der Immobilie selbst einziehen und mindestens zehn Jahre darin wohnen bleiben. Zudem muss er die Immobilie als ständigen Wohnsitz angeben.
Eine solche Immobilienerbschaft müsse nicht versteuert werden – unabhängig vom Wert der Immobilie, weiß Rechtsanwalt Tim Wistokat. Während diese Steuerbefreiung bei Ehepartnern und eingetragenen Lebenspartnern ohne Flächenbegrenzung möglich sei, gelten die gleichen Bedingungen für die Kinder des Erblassers mit einer festgelegten Wohnflächenbegrenzung. Um von der Steuerbefreiung zu profitieren, dürfe die Immobilie maximal 200 Quadratmeter groß sein.
Auch bei vermieteten Immobilien gibt es eine Sonderregelung. Um den zu versteuernden Betrag zu ermitteln, lässt das Finanzamt zunächst den Verkehrswert der Immobilie bestimmen. Von dem ermittelten Immobilienwert werden zehn Prozent Bewertungsabschlag abgezogen – die übrigen 90 Prozent bilden die Besteuerungsgrundlage. Davon wird der jeweilige Freibetrag abgezogen. Sollte der Erbe nur durch den Verkauf der Immobilie in der Lage sein, die Erbschaftssteuer zu begleichen, gewährt das Finanzamt in der Regel eine Zahlungsfrist von zehn Jahren.
Weitere Steuerbefreiungen gibt es in Hinblick auf den vererbten Hausrat. Erben der Steuerklasse eins – also Ehepartner, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Enkel – sind für Hausrat im Wert von bis zu 41.000 Euro von der Steuer befreit. Darüber hinaus sind andere bewegliche Gegenstände bis zu einem Wert von 12.000 Euro steuerfrei. Beide Positionen zählen zu den sachlichen Steuerbefreiungen und werden nicht auf den allgemeinen Freibetrag angerechnet. Angehörige der Steuerklassen zwei und drei können Hausrat und andere bewegliche Gegenstände bis zu einem Gesamtwert von 12.000 Euro steuerfrei erben.
Fazit
In vielen Fällen bestehe das Erbe nicht nur aus Einkünften, sondern auch aus Verbindlichkeiten. Aus diesem Grund sollten Erben die Erbschaft umgehend und umfangreich von Experten prüfen lassen, bevor sie diese annehmen. Jedenfalls wirken sich die Freibeträge häufig steuersparend aus. Besonders die nahe Verwandtschaft profitiere von den Regelungen des Gesetzgebers. Dadurch soll vermieden werden, dass sich Erben durch die Annahme des Nachlasses verschulden, resümiert Tim Wistokat.
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