Schon zu Lebzeiten sein Hab und Gut verschenken? Diese Frage stellt sich vor allem älteren Mitmenschen mit einem gewissen Vermögen – hauptsächlich um ihren Erben im Falle des eigenen Ablebens hohe Steuerzahlungen zu ersparen. Im Jahr 2023 stehen durch eine Anpassung des Bewertungsgesetzes große Änderungen dazu an, denn obwohl die Umgestaltungen auf den ersten Blick eher unscheinbar wirken, folgen darauf jedoch im Einzelfall deutliche Steuererhöhungen.
Ein Beitrag von Antje Krause (Rechtsanwältin und Partnerin) und Thomas Schmidt (Notar, Rechtsanwalt und Partner) von der internationalen Kanzlei gunnercooke
Denn ob Erbschafts- oder Schenkungssteuern zu zahlen sind, hängt vom Verkehrswert der Immobilie ab: Das Finanzamt ermittelt den Verkehrswert der Immobilie nach dem Bewertungsgesetz, welches nun mit dem Jahressteuergesetz 2022 geändert werden soll.
Gesetzeslage unter der Lupe
Bereits zum 01.01.2022 trat eine Änderung der Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) in Kraft, jetzt gleicht der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2023 das Bewertungsgesetz mit seinen Regelungen der Grundbesitzbewertung an die ImmoWertV an.
Anlass der Änderungen ist die Anpassung der Immobilienbewertung durch das Finanzamt an das heutige Marktniveau. Im Bewertungsverfahren wird der Wert eines Gebäudes mit einer gesetzlich festgelegten pauschalen Gesamtnutzungsdauer verbunden. Hier setzt der Gesetzgeber nun eine deutliche Anhebung des Immobilienwerts an und erhöht die Gesamtnutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre. Dadurch steigt auch die jeweilige Restnutzungsdauer einer Immobilie und ihr Wert.
Der Ertragswert einer Immobilie wird hingegen durch Bewirtschaftungskosten gemindert. Der bisher geltende pauschale Ansatz wird in der neuen Gesetzesfassung verworfen und sieht nun vor, dass sich die Bewirtschaftungskosten aus Verwaltungs- und Instandhaltungskosten sowie dem Mietausfallrisiko zusammensetzen.
Die Bewertung ist zudem nicht mehr konstant, sondern wird jährlich an den Verbraucherpreisindex für Deutschland angepasst. Dadurch wird die Bewertung präziser an der Marktentwicklung ausgerichtet. Im Allgemeinen gehen Experten davon aus, dass die Bewertung von Immobilien und damit einhergehend auch die Belastung mit Schenkungs- oder Erbschaftsteuer ab dem Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes am 01.01.2023 deutlich höher als zuvor ausfallen wird.
Davon betroffen sind alle Immobilienarten wie selbst genutzte Wohnungen und Häuser, vermietete Objekte und auch Betriebsgrundstücke. Sie führt darüber hinaus eventuell zu negativen Auswirkungen auf die Grunderwerbssteuer.
Wann sind Steuern fällig?
Selbst genutzte Familienimmobilien, die unter Ehegatten verschenkt oder von Abkömmlingen in gerader Linie geerbt und danach weiter genutzt werden, sind weiterhin steuerfrei übertragbar und daher von den geplanten Änderungen nicht berührt. Ebenso wirkt es sich kaum auf die betrieblich genutzte Immobilie aus, wenn das Unternehmen von den Erben oder beschenkten Abkömmlingen unter bestimmten Bedingungen fortgeführt wird.
Bisher berücksichtigt das Finanzamt bei Erhebung der Erbschafts- oder Schenkungssteuer Freibeträge von 500.000 Euro bei Ehepartnern oder eingetragenem Lebenspartner. Bei eigenen Kindern sind es 400.000 Euro, bei Enkeln 200.000 Euro. Alle zehn Jahre können sie in dieser Höhe steuerfrei Vermögen übergeben. Alle weiteren haben einen deutlich niedrigeren Freibetrag von 20.000 Euro, dies gilt bisher auch für unverheiratete Partner.
In Bezug auf die Steuer macht es also durchaus einen Unterschied, ob eine Immobilie mit 600.000 oder 700.000 Euro bewertet wird. Zweifeln Erben den angesetzten Marktwert an, kann dieser mit einem kostenpflichtigen Gutachten widerlegt werden. Dabei besteht allerdings immer ein Risiko in Bezug auf die Höhe des Gutachtenwerts und dessen Anerkennung durch das Finanzamt. Daher sollten Immobilienbesitzer überprüfen, ob zur Schenkung anstehende oder angedachte Immobilien noch vor dem Jahresende 2022 abgewickelt werden können, um eine steuerliche Mehrbelastung zu vermeiden.
In der Ruhe liegt die Kraft
Bei all diesen Überlegungen sollten Besitzer von Häusern und Grundstücken allerdings nicht überstürzt handeln. So verlockend es klingen mag, Schenkungen durchzuführen, sollten Eigentumsübertragungen dieser Größenordnungen wohlüberlegt sein.
Allein aus steuerlichen Gründen sollte aber niemand seinen Kindern ein Haus oder eine Wohnung schenken, denn: Die neuen Eigentümer dürfen frei über ihr Vermögen verfügen, ein Zurück gibt es hier nicht mehr. Auch wenn das Verhältnis zu den Kindern heute gut ist, weiß niemand, wie sich dieses in den kommenden Jahren entwickelt.
Grundsätzlich sollten sich Eltern daher ein Wohn- oder ein Nießbrauchsrecht sichern. Diese Rechte mindern den Wert der Immobilie gegenüber dem Finanzamt, sodass bei Schenkungen der Freibetrag nicht überschritten wird beziehungsweise weniger Steuern anfallen. Außerdem mindern diese Rechte die Verfügungsmacht der Beschenkten.
Über die Autoren
Antje Krause und Thomas Schmidt sind Partner bei der Kanzlei gunnercooke mit über 300 Partnern, einer der führenden internationalen Rechtsberatungen mit deutschen Standorten in Berlin, Düsseldorf, München und Hamburg. Die Bildungsmanagerin und Steuerrechtsexpertin Antje Krause bietet gemeinsam mit Thomas Schmidt, Notar und Rechtsanwalt für Immobilienrecht, multidisziplinäre Unternehmensberatung.
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