Zunehmende Abkehr von traditionellen Banken

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Eine neue Generation von Privatanleger*innen in Deutschland wendet sich zunehmend von traditionellen Finanzinstituten ab und nutzt stattdessen Online-Plattformen und Apps für die Verwaltung ihrer Anlagen. Das ist das Ergebnis des aktuellen „Retail-Investor-Report“ der sozialen Investmentplattform eToro.

Der „Retail-Investor-Report“ von eToro ist eine repräsentative, globale Umfrage unter 8.500 Privatanleger*innen in 12 Ländern. Sie beschäftigt sich mit für Investitionsentscheidungen relevanten Themen. Laut des Reports nutzen 49 Prozent der Befragten in Deutschland Online-Investmentplattformen und -Apps, um ihre Anlagen zu verwalten, verglichen mit 44 Prozent im vierten Quartal 2021. In der Umfrage gaben 64 Prozent der 18- bis 34-Jährigen und 53 Prozent der 35- bis 44-Jährigen an, über eine Online-Plattform zu investieren. Die Mehrheit der 45- bis 54-Jährigen (67 Prozent) nutzt jedoch nach wie vor ihre Bank, um Geld anzulegen. 

Deutsche sind immer noch sehr risikoscheu

Nur fünf Prozent der Befragten vertrauen ihr Geld einem Robo-Advisor an und 21 Prozent nutzen einen unabhängigen Finanzberater. Dennis Austinat, Head of DACH bei eToro, sagt, dass in den vergangenen zwei Jahren man einen signifikanten Paradigmenwechsel in der Vermögensverwaltung feststellen konnte. Die Customer Journey bei der Geldanlage bewege sich weg von der Institution und hin zum Individuum.

Ein Börsen-Crash und die daraus resultierende Hyperinflation und Wirtschaftskrise während der Weimarer Republik in den 1920er-Jahren gelte als einer der Schlüsselfaktoren, die zum Zweiten Weltkrieg führten. Dementsprechend gebe es einen historischen Präzedenzfall für viele ältere Deutsche, sowohl bei Investitionen im Allgemeinen als auch bei Investitionen in neue Arten von Vermögenswerten im Besonderen vorsichtig zu sein, so der Experte. Diese risikoaverse Haltung werde durch das allgemein niedrige Niveau der finanziellen Bildung in der Bevölkerung noch verstärkt.

Provisionsfreier Handel mit Kryptowährungen

Ein Blick auf die Daten aus dem Vereinigten Königreich und den Vereinigten Staaten zeigt, dass die Mehrheit der Befragten in beiden Ländern (51 Prozent) es vorzieht, über Online-Plattformen zu investieren. Nur 44 Prozent der Brit*innen und 34 Prozent der Amerikaner*innen verwalten ihre Investitionen über ihre Bank. Austinat fügt hinzu, dass aktuell man die umfassendste Diskussion in der Geschichte der Menschheit über den Wert von Geld erlebe.

Bitcoin stehe im Mittelpunkt dieser Debatte, da die Anleger*innen zunehmend die Rolle und den Wert von Papiergeld in Frage stellen, so der Experte. Gleichzeitig lasse sich auch ein Bewusstseinswandel feststellen, der durch die Möglichkeit von provisionsfreiem Aktienhandel ausgelöst worden sei: Eine ganze Generation habe erkannt, dass sie mithilfe neuer Technologien ein Konto für 200 US-Dollar eröffnen und in ihre Lieblingsaktien investieren könne.

Digitale Vermögensverwalter

Robo-Advisor entstanden in den frühen 2010er-Jahren als neue Lösung für Privatanleger*innen, ihre Investitionen und Aktienauswahl automatisiert für die Aktienauswahl zu verwalten. Allerdings nutzen nur fünf Prozent der Befragten in Deutschland einen Robo-Advisor – sie ziehen es offensichtlich vor, mehr Kontrolle über ihre Investitionen und finanzielle Gesamtsituation zu behalten. Die Zahl der Anleger*innen, die Robo-Advisor nutzen, ist in ganz Europa (drei Prozent in Italien, Dänemark und der Tschechischen Republik, vier Prozent im Vereinigten Königreich, Frankreich und Rumänien, sechs Prozent in Spanien und den Niederlanden, sieben Prozent in Polen) und in den Vereinigten Staaten (fünf Prozent) durchweg niedrig.

Austinat sieht den Anfang eines Generationswechsels in Sachen Vermögen. Etablierte Finanzinstitute weltweit erkennen zunehmend die Bedürfnisse und Anforderungen dieses neuen Anlegertyps – von ESG-bewussten Anlagephilosophien bis hin zur Nutzung von Kryptowährungen, um den Trend zum universellen Grundeinkommen voranzutreiben.

Die neue Anlegergeneration verfügt über einen unbegrenzten und ungefilterten Zugang zu Informationen und ist verantwortungsbewusster und aktiver, wenn es um Investitionen geht, so Austinat abschließend.