Fonds sind kein Systemrisiko

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Regulierte Fonds verursachen selbst in Krisenzeiten keine Systemrisiken. Im Gegenteil: Sie haben sich sowohl in den Finanzkrisen 2008 und 2011 als auch während der Corona-bedingten Marktturbulenzen als widerstandsfähig erwiesen und konnten wirtschaftliche Schocks wirksam abfedern.

Vorhandene EU- und nationale Vorschriften sind neben Werkzeugen zur Kontrolle und Steuerung von Risiken ausreichend. So lautet das Ergebnis einer BVI-Analyse, die die Experten dem Finanzstabilitätsrat (FSB) in einem Positionspapier zur Verfügung gestellt haben. Mit der Stellungnahme seien sie einem Aufruf des FSB gefolgt.

In der Analyse haben sie die Widerstandsfähigkeit von Fonds in Krisenzeiten anhand praktischer Beispiele untersucht und bewertet. Demnach gingen in den Krisenphasen der vergangenen Jahrzehnte weder von den als AIFs verwalteten Spezialfonds, die mit knapp zwei Komma zwei Billionen Euro Fondsvermögen rund zwei Drittel des deutschen Fondsmarktes ausmachen, noch von den Publikumsfonds Ansteckungsrisiken für das Finanzsystem aus. Hedgefonds spielen in Europa und Geldmarktfonds im deutschen Markt wegen geringer Marktanteile eine untergeordnete Rolle und sind deshalb nicht Teil der Analyse.  

Spezialfonds stabilisieren den Finanzmarkt

Unsere Analyse widerspricht der verbreiteten Annahme, in Spezialfonds investierte institutionelle Anleger*innen würden in schwierigen Marktphasen zeitgleich große Anteilspakete umschichten und damit bei anderen Anlegergruppen einen „Herdentrieb“ auslösen. Ein Vergleich der monatlichen Nettoinvestitionen unterschiedlicher Spezialfonds-Anleger*innen untereinander sowie mit den Investitionen von Privatanlegern seit dem Jahr 2000 macht deutlich, dass sich die einzelnen Anlegergruppen in ihrem Anlageverhalten kaum gegenseitig beeinflussten. Ein Vergleich mit dem „Financial Stress Index“ des US-Finanzministeriums über den gleichen Zeitraum zeigt zudem, dass auch Marktturbulenzen kaum Einfluss auf die Nettozuflüsse in Spezialfonds hatten.

Der Grund dafür ist offenbar, dass Spezialfonds-Anleger*innen wie Altersvorsorge-Einrichtungen und Versicherungen regelmäßige Beitragseinnahmen haben, die sie langfristig und antizyklisch in den Fonds anlegen. Dadurch erzielten Spezialfonds auch in schwierigen Marktphasen wie 2008 und 2011 stabile Zuflüsse. Versicherungsunternehmen zum Beispiel investieren aufgrund gesetzlicher Vorgaben konservativ und mit geringem Hebel (Leverage), was ebenfalls stabilisierend wirkt.

Publikumsfonds gegen Liquiditätsrisiken gerüstet

Die meisten offenen Publikumsfonds konnten ihre Liquiditätsrisiken bisher auch im Falle täglicher Rückgaben von Fondsanteilen erfolgreich steuern. Bereits im Jahr 2010 haben die Experten das Liquiditätsmanagement verschiedener Arten von Wertpapierfonds wie Aktien-, Renten- oder Mischfonds untersucht, indem sie die Liquiditätsquoten der Fonds mit den Rückgaben von Fondsanteilen auf Basis historischer Daten verglichen haben. In den Jahren 2015/2016 haben sie diesen Ansatz auf offene Immobilienfonds ausgedehnt. Im Ergebnis reichte demnach eine auf Basis historischer Daten ermittelte Liquiditätsquote im Fonds von 20 Prozent aus, um auch umfangreichere Rückgaben von Fondsanteilen abfedern zu können. Sogar nach der Finanzkrise 2008 konnten die Fondsgesellschaften fast alle Anteilrückgaben bedienen, ohne zusätzliche Instrumente für das Liquiditätsmanagement einzusetzen. Inzwischen profitieren deutsche offene Immobilien- und auch Wertpapierfonds darüber hinaus von einem erweiterten Werkzeugkasten zur Liquiditätssteuerung.

Für die weitere politische Diskussion empfehlen die Experten:

  • die Vorgaben zu erwerbbaren Vermögensgegenständen und zum Liquiditätsmanagement flexibel zu halten,
  • das makroprudenzielle Instrumentarium der Aufsichtsbehörden zu operationalisieren,
  • die Instrumente für das Liquiditätsmanagement allen Ländern zur Verfügung zu stellen,
  • ein gemeinsames Verständnis zu schaffen, wie Leverage bei Investmentfonds zu berechnen ist,
  • einen einheitlichen aufsichtsrechtlichen Meldemechanismus einzurichten, der den operativen Aufwand und die Belastung sowohl für die Fondsgesellschaften als auch für die Aufsichtsbehörden verringern würde.