Die Inflation in Deutschland und Europa ist gekommen, um zu bleiben – darin sind sich die Expertinnen und Experten inzwischen einig. Erst gestern korrigierte das ifo Institut seine Inflationsprognose für das gesamte Jahr 2022 auf vier Prozent nach oben. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich auf deutlich steigende Preise einstellen – und ihre Ersparnisse verlieren an Wert.
Ein Beitrag von Dr. Tamaz Georgadze CEO und Finanzexperte, Raisin DS GmbH
Die Inflationsrate in Deutschland war 2021 mit 3,1 Prozent laut Statistischem Bundesamt so hoch wie seit 28 Jahren nicht. Preise für Strom, Gas oder Sprit, aber auch für Konsumgüter sind infolge der Corona-Pandemie und weltweiter Lieferschwierigkeiten zuletzt teilweise drastisch gestiegen. Die Inflation, so scheint es trotz einiger Gegenstimmen, ist gekommen, um zu bleiben. Zugleich sorgen die seit Jahren anhaltenden Null- und Negativzinsen dafür, dass Ersparnisse doppelt an Wert verlieren und belasten so die Bevölkerung. Allerdings steht eine Zinswende in Aussicht: Die US-amerikanische Zentralbank FED hat eine Erhöhung der Leitzinsen für März angekündigt. Sollte die Europäische Zentralbank (EZB) nachziehen, würde sich das auch auf die deutschen Sparerinnen und Sparer auswirken.
Wie geht es der Bevölkerung mit der Inflation? Welche Auswirkungen haben steigende Preise und höhere Kosten auf den Alltag und das Sparverhalten der Deutschen? Das hat die Plattform für Geldanlage WeltSparen in einer repräsentativen Studie untersucht. Über das Umfrage-Tool Civey wurden 2.500 Deutsche dazu befragt, wie sie die Inflation einschätzen, welche Sorgen ihnen die aktuellen Teuerungen bereiten und wie sie damit umgehen.
Angst vor der Inflation: 38,1 Prozent der Deutschen fürchten um ihr Geld
Die stark gestiegene Inflation beschäftigt eine große Mehrheit der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger. Sieben von zehn Deutschen spüren die steigenden Preise in ihrem Alltag. Besonders die Kosten für Energie und Sprit als Grund für den Preisanstieg bereiten 62,6 Prozent der Befragten Sorgen. Mehr als jede und jeder Dritte (38,1 Prozent) fürchtet sich sogar um die eigenen Ersparnisse. Nur einen Bruchteil von 6,1 Prozent der Bevölkerung hierzulande lässt die hohe Inflationsrate indessen kalt.
Finanzielle Sorgen beschäftigen die Hälfte der 30- bis 39-Jährigen
Unter den 30- bis 39-Jährigen sind finanzielle Ängste wesentlich stärker verbreitet als im Bevölkerungsdurchschnitt: Die Hälfte der Personen in dieser Altersgruppe sorgt sich wegen der Inflation um ihr Geld – was mit der Familiengründung und größeren Karriereschritten in diesem Lebensabschnitt zusammenhängen könnte. Überraschenderweise gibt zwischen Frauen und Männern im Hinblick auf finanzielle Ängste aber kaum Unterschiede – jeweils circa 38 Prozent.
Inflationsschutz Aktienmarkt? Davon machen nur wenige Deutsche Gebrauch
Wie reagieren die Deutschen auf den steigenden und vermutlich auch anhaltenden Preisanstieg? Lediglich 8,1 Prozent der Bundesbürgerinnen und -bürger sparen wegen der hohen Inflation extra ihr Geld. Unter den 30- bis 39-Jährigen sind es mit 15,7 Prozent doppelt so viele, die den Gürtel enger schnallen.
Anlagen am Aktienmarkt bieten in Zeiten der Inflation langfristig ein Mittel, um den Wertverlust des Geldes durch Erträge auszugleichen oder zu schlagen. Allerdings verfolgen nur wenige Deutsche diese Strategie: Lediglich 14,2 Prozent steuern mit Aktien oder ETFs (Exchange Traded Funds) gegen die steigende Inflationsrate. Vermutlich scheuen also noch viele die hohen Risiken, die Anlagen an der Börse mit sich bringen.
Aktien statt Sparanlage: Bei Männern und unter Jüngeren beliebter
Dabei sind die Männer und die jüngeren Befragten wesentlich offener für Wertpapier-Investments. Unter den Männern legen immerhin 19,2 Prozent ihr Geld in Aktien und ETFs an, bei den Frauen investiert nur ein Bruchteil von 8,5 Prozent am Kapitalmarkt.
Vor allem Jüngere haben den Aktienmarkt als Inflationsschutz für sich entdeckt: Ganze 37,8 Prozent der 18- bis 29-Jährigen versuchen auf diesem Weg die Inflation abzumildern, unter den 30- bis 39-Jährigen sind es immerhin 16,7 Prozent. Das könnte mit den neuen, digitalen Anbietern von Investmentprodukten zusammenhängen.
Fast vier von zehn Bundesbürger*innen fordern staatliches Eingreifen
Rund vier von zehn Befragten sehen die Regierung in der Verantwortung, etwas gegen die Inflation zu unternehmen. Staatliche Maßnahmen zum Abmindern der Geldentwertung wünschen sich 37,9 Prozent der Männer und 40,8 Prozent der Frauen in Deutschland. Vor allem unter den Älteren ist diese Forderung verbreitet: 40,4 Prozent der 50- bis 64-Jährigen und 41,1 Prozent der Deutschen ab 65 Jahren verlangen ein staatliches Eingreifen in die Geldpolitik – bei den jüngsten Befragten zwischen 18 und 29 Jahren ist bloß jede und jeder Dritte dieser Meinung.
Zweifel an der Zinswende: Sparen lohnt nicht, sagen 68 Prozent der Deutschen
An eine Zinswende glauben die wenigsten Bundesbürgerinnen und Bundesbürger. 68 Prozent sind der Meinung, dass sich sparen auf Tages- oder Festgeldkonten in den nächsten Jahren nicht lohnen wird. Nur 15,2 Prozent der Deutschen sind hingegen optimistisch und rechnen mit einem baldigen Ende von Null- und Negativzinsen. Weitere 16,5 Prozent sind unentschieden.
Befragte ab 65 Jahren sind bei der Zinsentwicklung etwas optimistischer
Was steigende Zinsen auf Ersparnisse betrifft, sind 17,6 Prozent der Männer zuversichtlicher als die Frauen (12,4 Prozent). Größere Unterschiede zeigen sich zwischen den verschiedenen Altersgruppen: Während nur 11,6 Prozent unter den jüngsten Befragten zwischen 18 und 29 Jahren mit einem Zinsanstieg rechnen, sind es bei den Ältesten über 65 Jahren mit 21,4 Prozent fast doppelt so viele. Dabei ist der Anteil derjenigen, die an einer Zinswende zweifeln, in allen Altersgruppen deutlich höher als die Zahl der Optimisten. Dass Sparen sich auch künftig nicht lohnen wird, sagen 88,4 Prozent der jüngsten und 59,3 Prozent der ältesten Befragten.
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